Wir sind im Dunkeln am Suchen

Jennifer Bennett

“Einige Punkte zu den Corona Papers 1-5 die im Autonomie Magazin veröffentlicht wurden.” – Wir veröffentlichen diesen Beitrag mit Freude, weil hier eine Diskussion untereinander, miteinander stattfindet, etwas was wir schon länger, aber besonders seit dem März vermissen. Der Text erinnert an grundsätzliche Fragestellungen, die einmal vor gar nicht so langer Zeit, besonders vorangetrieben durch eine feministische Linke, selbstverständlich waren. Sunzi Bingfa

Ich schreibe hier nur darüber was mir fehlt in den Papers oder was mir darin falsch scheint. In allen fünf Teilen fehlt mir eine Perspektive auf die biopolitische Dimension dieser Krise, die ja, zumindest offiziell unter dem Begriff Pandemie, auch als Gesundheitskrise zu verstehen sein sollte und an der eine kritische Auseinandersetzung mit der “Frage der Gesundheit” angezeigt wäre.

„Die Linke“ benimmt sich aber eher, als wäre das gar keine Frage, sondern „the science is settled“ und entspricht damit dem Gebaren von Pharmavertretern, die diese Aussage bezogen auf Impfungen machen. Solidarität (fängt mit verstehen an) für Opfer medizinischer Fehl – Behandlungen und- Diagnosen, Fehlanzeige. (Laut WHO verantwortlich für weltweit 2,6 Mio Tote im Jahr)

In der Mitte des letzten Jahrhunderts gab es noch eine durchaus lebendige und geschätzte Medizinkritik, die unter dem Begriff „Iatrogene (vom Arzt erzeugte) Krankheitsbilder“ beleuchtete, dass medizinische Intervention auch tödliches Gift sein kann, aber heute sind das ja nur die betrügerischen und gefährlichen Homöopathen, die über sowas reden und im Autonomie Paper heisst es dann auch, in der Gesundheitsfrage seien alle einig, was Covid 19 angeht.

Das ist jedoch eine falsche Behauptung, denn nur weil medial manchen Gesundheitsexperten nun die Expertise abgesprochen wird oder wurde, heisst es nicht, dass sie diese nicht mehr haben. Einige der Kritiker sind angesehene Fachleute (gewesen) und sogar die WHO nimmt Bezug auf einen dieser Kritiker – der früh auf die womöglich schlimmeren Kollateralschäden der Massnahmen aufmerksam machte – auf die von ihm untersuchte Letalität von Covid19, die laut ihm unter den dramatisierenden Prognosen liege, aber auch komplex ist. (PDF John P. A. Ioannidis Infection fatality rate of COVID-19)

Und plötzlich sind Triagen in aller Munde, dabei war Leben und Sterben immer eine Frage von Privilegien. Sterben kann sogar eine Erlösung sein, aber können das Menschen, die noch nie wirklich mit alten und kranken Menschen zu tun hatten, vielleicht gar nicht verstehen? Soweit ich weiss liegt das Durchschnittsalter der an Covid 19 Verstorbenen über der allgemeinen Lebenserwartung und es muss klar sein, dass es bei der Hervorhebung dessen nicht um „Altenhass“ geht, sondern um Realismus.

Menschen sind schon all die Jahre zuvor, in Wellen an Infektionskrankheiten gestorben, sie tun das nun womöglich auch in einem erheblichen Maß verstärkt, weil das Gesundheitssystem zunehmend durch seine Profitorientierung versagt (wir das in früheren Jahren einfach nicht mitbekommen haben wenn‘s in Krankenhäusern eng wurde), das wurde es aber und wird es schon lange, und Pflegekräfte sind notorisch stark unterbezahlt und es herrscht eine massive Unterbesetzung, nicht erst seit 2020. Die Menschen in den Altersheimen sind häufig darauf angewiesen, dass Angehörige unterstützen, sonst gibt es ein paar Stunden nichts zu trinken, denn zu zweit 20 oder mehr pflegebedürftige Menschen zu versorgen, jeder kann sich denken, wie das aussieht.

Wir nehmen nun auf einmal dieses Sterben in den Heimen wahr, weil wir den Fokus darauf und offensichtlich nur darauf richten. (Dieser Bericht zeigt klar das Ausmaß des Unterschieds von Influenza zu Covid19.)

Unser eingeengter Fokus auf Viren bedeutet für die Zukunft auch, dass – anstatt auf weltweite Gerechtigkeit mit Fokus auf nährstoffreiche und ausreichende Ernährung und sauberes Wasser; giftstoffarme Umgebung; ein nicht ausgebeutetes, stressfreies, selbstbestimmtes Leben führen können; Bewegungsfreiheit auf der Welt für alle; etc. – nun auf den Schutz vor Viren geachtet wird.

Also ja, Covid 19 ist heftiger als die Grippe, aber zum Beispiel für Kinder weniger gefährlich als die Lungenentzündung durch Influenza. Unser eingeengter Fokus auf Viren bedeutet für die Zukunft auch, dass – anstatt auf weltweite Gerechtigkeit mit Fokus auf nährstoffreiche und ausreichende Ernährung und sauberes Wasser; giftstoffarme Umgebung; ein nicht ausgebeutetes, stressfreies, selbstbestimmtes Leben führen können; Bewegungsfreiheit auf der Welt für alle; etc. – nun auf den Schutz vor Viren geachtet wird.

Man muss sich dazu z.B. die diversen Pläne und Agenden für Immunitäts Ausweise und Schnelltests, welche erst die Bewegungsfreiheit (für nun noch weniger Menschen) wieder ermöglichen sollen, anschauen. Zudem sind auch Masken/Schutzausrüstung nicht grade “biologisch”, neuerdings millionenfach produziert, das Müllproblem scheint aber nicht relevant für irgendjemanden zu sein.

Ich verstehe nicht, warum „die Linke“ bisher taub für solche Aspekte der Diskussion ist. Ich will damit nicht die Tatsache des Auftretens „schlimmerer“ Viren in Abrede stellen, und ja vielleicht müssen wir auch der Verhinderung der Influenza mehr Priorität geben, aber meiner Ansicht nach geht es beim Leben um die Qualität für viele und nicht primär um die Länge für wenige. Und ich ganz persönlich, rechne schon seit ich fünf Jahre alt bin, seit ich den ersten toten Menschen gesehen habe, jederzeit mit dem Tod. Es gibt keine Garantie für ein langes Leben, also was soll der Stress?

Wenn man es wagt, sich die Zahlen und Kontexte wirklich anzusehen, weiss man, dass die Chance an Covid 19 zu sterben gering ist (wer erfasst die Zahlen der durch die Folgen der Lockdowns Verstorbenen zum Beispiel aus dem informellen Sektor im globalen Süden?) und auch den Identitätspolitisch benannten “Risikogruppen” oder den Hinterbliebenen, wäre besser geholfen, wenn ihnen nicht so viel Angst gemacht würde.

Ich lese von angsterfüllten Gesichtern auf der Intensivstation und kein vertrauter Mensch oder Angehöriger darf da sein, um die Angst zu mildern. Das bedeutet Stress und Stress – haben wir‘s vergessen oder glauben wir‘s vor lauter Pharma Versprechungen nicht mehr – ist weder für die Gesundheit, noch für die Genesung förderlich. Aber die psychische Dimension des Ganzen scheint ja ebenfalls nicht existent, zumindest wird kaum darauf eingegangen, sondern so getan, ganz im nekrophilen Sinn der Zerstückelung in Einzelteile, als wären Psyche und Körper voneinander unabhängige Angelegenheiten.

Zudem soll endlich gefragt werden, warum es so viele Vorerkrankungen und Zivilisationskrankheiten gibt und darüber weiss man auch einiges (Stichwort Glyphosat, Ernährung, Umweltgifte etc.), man weiss hingegen wenig über die Mutation von Viren und kaum wirklich etwas über virale Ansteckung, auch wenn so getan wird, als ob mich sofort die Viren anspringen, wenn ich ein anderes menschliches Wesen auch nur streife, wie sonst lässt sich die Maskenpflicht auf offener Straße begründen? So wird auch das Thema Propaganda in den Autonomie Papers überhaupt nicht tangiert, was ich einfach verkürzt finde.

Im ersten Teil der Autonomie Paper wird die fehlende Hegemonie der Linken beklagt. Die Linke hätte aber schon die Möglichkeit ihre Hegemonie auszubauen, das sehen wir derzeit sehr gut, gerade weil die Mehrheit der Linken sich für “die Maßnahmen” ausspricht, erfahren sie diese grosse Akzeptanz, denn zum Glück immer noch kaum jemand will auf der Seite der Rechten stehen.

Dennoch kenne ich einige, die einfach still sind, nicht zu den Querdenker Demos gehen, aber gleichzeitig auch kein Forum für ihren Unmut in Form von linker Organisierung gegen die autoritäre Staatlichkeit und den kurzsichtigen Umgang mit der Krise haben. Was die in den Papers erwähnte Angst um den Produktivkraft Verlust wegen der Toten durch Covid19 angeht, denke ich das ist falsch, denn es drohen wegen Automatisierung sowieso Job Verluste in grossem Masstab, zudem wissen wir inzwischen, dass nur sehr wenige junge Menschen an Covid 19 versterben. Long-Covid ist nochmal eine andere Sache, aber das betrifft soweit ich darüber informiert bin eine eher geringe Zahl der Menschen, die sich mit Corona infiziert haben.

Es gäbe viele Bereiche die man aufgreifen könnte als Kritik am reduktionistischen Umgang mit der verkündeten Pandemie, und ich gehe davon aus, dass die Milliarden für die Impfstoffentwicklung, gesundheitsförderlicher in der Pflege investiert wären. Warum brauchen wir eine Impfung gegen Covid 19, eine Krankheit, die in ihrer Gefährlichkeit tatsächlich kontrovers diskutiert wird? Ich verstehe das immer noch nicht. Und ich verstehe auch nicht, warum kein Linker das skandalös finden soll, wenn Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, im Prinzip zur Zurücknahme einer Aussage gezwungen wird? Ich bin nicht so ein Chef, aber selbst ich muss mir durch mein offensives mich kritisch zu Wort melden, schon Sorgen wegen Verachtung und Ausschluss machen.

Ich fände es wichtig den verengten Fokus auf Virus und Pandemie zu verlassen, aber ich weiss nicht ob das möglich sein wird, denn so wie in den Autonomie Papers über sogenannte Hobby Virologen geschrieben wird, schaut es eher nicht danach aus.

Eine weitere Sache, die genannten Politiker fahren nicht die Weltwirtschaft an die Wand. Im Gegenteil, genau die Weltwirtschaft profitiert, sprich die multinationalen Konzerne und Tech Konzerne, daran ändert sich nichts. In Berlin tauscht sich gerade die Kultur- durch die Tech Branche aus. Auch das ein Thema, dem sich „die Linke“ annehmen könnte, oder Stichwort Schattenbanken, undemokratische Gremien und Prozesse, Strukturen wie Black Rock, oder auch Stiftungen wie die Rockefeller Foundation, die immerhin im frühen 20. Jahrhundert Mengeles Eugenik Programm förderte (Quelle 1, Quelle 2, Quelle 3) und die nun stolzer Kickstarter von ID 2020 ist.

Diese Allianz spricht vom Menschenrecht auf digitale Identität. Die Partner für dieses Endeavour sind die genannten Gavi Impfallianz (Deutschland finanziert diese seit 2000 mit), Accenture, Microsoft, Rockefeller Foundation und Ideo Org (ein Non-profit Design Studio). Seit Anfang der Krise stört mich, dass von linker Seite die Infragestellung der Partner in unseren unendlichen und nebulösen PPPs (Public-private-Partnership), welche der deutsche Staat in unserem Namen eingeht, nicht stattfindet.

Viele ganz einfache Menschen stellen aber diese Fragen und es ist bedenklich, wenn diese, wie es scheint, fast absichtlich durch fehlende Bereitschaft einer Auseinandersetzung zu diesen Themen, den breit schattierten rechten Strömungen in die Arme getrieben werden. Ist es wirklich verwerflich, auf einen historischen Fakt hinzuweisen und die Frage zu stellen, inwiefern diese Rockefeller Foundation ihre düstere Vergangenheit aufgearbeitet hat oder sie einfach mit Sachzwängen begründet hat? Was kann alles Sachzwang sein für die Förderung menschenfeindlichen Verhaltens? Was ist vom globalen Einfluss einer solchen Foundation zu halten? Oder wird Eugenik vielleicht doch wieder salonfähig, einfach ohne als Solche benannt zu werden?

Immunisierung, Infiziert Sein, Abgesondert werden, etc, mensch denke an die aktuelle Entwicklung in der Gentechnik, und soweit ich weiss kann man auch den Impfstoff der mrna Technologie dazu zählen.

Und es ist schon eigentlich absurd wenn jetzt die FDP vordergründig die soziale Frage stellt indem sie auf Armut und Kollateralschäden hinweist, wobei sie sich um den unter Druck geratenen unternehmerischen Mittelstand sorgt, dessen Pleiten natürlich auch Folgen für die Angestellte hat. Ebenso die WHO, die wegen der Armutsfolgen von Lockdowns abrät, aber „die Linken“ wollen “mehr Lockdown”, am liebsten Arbeitsniederlegung, keine Schule mehr, und auch keine Orte der Gemeinschaft?

Im Übrigen fühlt es sich komisch an, fast nur noch Trauben ohne Kerne zu essen. Das Künstliche erzeugt nichts von alleine, alles muss hergestellt werden. Genmanipulation soll nun endlich verstärkt angewendet werden dürfen und „die Linken“ rufen nach künstlich hergestelltem Fleisch, um dann womöglich 10 Jahre später individuelle Tierhaltung zu verbieten, weil das unethisch ist, und das gleich auf der ganzen Welt. Und überhaupt ist der Mensch künftig “Eines von Vielem”, woran ich nichts auszusetzen habe, meine Beobachtung aber zeigt, dass es sich anbahnt, dass dieses “Eines von Vielem sein”, nicht von den vielen selbst initiiert oder dessen Ausformung von ihnen selbst bestimmt werden wird.

Diese globale Uniformierung wünsche ich mir endlich im Diskurs und solange all dies in linken Diskussionen nicht auftaucht und immer nur die gleichen Schablonen repetiert werden, sehe ich, um es hart zu sagen, keinen Ausweg, denn es wird den tatsächlichen Realitäten und auch dem worüber Menschen sich Gedanken machen, nicht gerecht.

Und nun wirklich großflächige Impfung gegen Viren? Im Bereich der Bakterien hat uns dieses Verhalten resistente Keime gebracht. Aber klar über Viren wissen wir so wenig, und schließlich haben wir Polio besiegt, also sind Viren etwas, was man ausrotten kann! Wenn ich diese Rhetorik höre, bleibt mir nichts als mich zu erinnern, aus welcher Art Mindset Seuchenmanagment kommt, dazu wäre auch eine Auseinandersetzung mit Kolonialmedizin hilfreich.

Als Teenager Schweizerin in den 90ern wurde ich unter anderem durch die Proteste gegen das world economic forum politisiert, dem folgte die sogenannte „Antiglobalisierungsbewegung“. Das Feld der Globalisierungskritik füllen derzeit die Rechten offenbar mit Erfolg. „Die Linke“ arbeitet in beschränktem Mass an einer Globalisierung von unten (was aber schwer ist: Stichwort ambivalentes Konstrukt der NGOs), setzt dem aber kaum eine eigene Analyse entgegen, oder stellt im schlimmsten Fall, die, die Globalisierungskritik betreiben, in die Verschwörer Ecke, oder diffamiert jemanden, er habe die Seiten gewechselt.

Ich würde diesbezüglich jederzeit und wärmstens, Mephisto von Klaus Mann empfehlen.