Silvester 2025/2026: Es war einmal 2020… [Part 2]

Wat Tyler

Noch ein paar Tagen, dann ist es soweit, am 1. Januar jährt sich das denkwürdige Silvester 2020/2021 zum fünften Mal. Es scheint als ob es schon so lange her ist, unser Alltag hat sich seither total geändert. Aber zurück zum Jahr 2020, was ist damals passiert?

Im ersten Teil habe ich bereits viel über die stümperhafte Politik der Bundes- und Landesregierungen geschrieben, es ging hin und her. Die einzige konsequente Linie war, dass die großen Konzerne mit allen Mitteln geschützt wurden. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 startete am 2. November der sogenannte Lockdown-Light. Aber die Infektionszahlen gingen nicht runter. Das war natürlich nicht verwunderlich, denn wie ich schon in Teil 1 berichtete, wurden die Menschen immer noch in Bussen und Bahnen eingepfercht. Die Schulen waren weiterhin geöffnet und die Menschen mussten trotzdem zur Arbeit gehen. Die verantwortlichen Politiker gerieten unter Druck. So begann am 16. Dezember ein „Hard-Lockdown“. Eigentlich war es nicht wirklich ein harter Lockdown, die Leute mussten noch zur Arbeit gehen und die meiste Zeit hatten die Schulen Weihnachtsferien. Das Ende des Hard-Lockdowns war für den 10. Januar geplant. Es war also wieder ein Feierabend Lockdown. Nur ein bisschen härter als der, der am 02. November angefangen hatte.

Politiker wie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) begannen wieder mit ihren Schuldzuweisungen an die Bevölkerung. Er müsse nun „autoritäre Maßnahmen“ durchsetzen, weil sich viele Menschen nicht an die staatlichen Corona-Regeln halten würden. Er und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verhängten Ausgangssperren für die Bevölkerung. In Städten wie Nürnberg fehlte es an Betten auf Intensivstationen, sodass Söder erklärte, man müsse alles tun, um die Zahl der Infektionen zu senken. Wichtig zu erinnern ist, dass viele der staatlichen Corona-Maßnahmen von Politikern mit Argumenten wie „weil wir dafür sorgen müssen, dass es genügend Kapazitäten in den Krankenhäusern gibt“ begründet wurden. Worüber niemand sprach, war die Tatsache, dass die Rationalisierungsprozesse in den Krankenhäusern weitergingen.

Am 31. Oktober wurde ein Krankenhaus in Nürnberg geschlossen, nur 6 Wochen vor den Engpässen auf den Intensivstationen in derselben Stadt. Das Krankenhaus in Nürnberg war nicht das einzige, das im Jahr 2020 aus Kostengründen geschlossen wurde. Selbst die Linken sprachen nicht viel über die Tatsache, dass Menschen in ihren Häusern eingesperrt wurden, während gleichzeitig Krankenhäuser geschlossen wurden. Während also Politiker wie Kretschmer, Lauterbach und viele andere auf die Bevölkerung schimpften, ging die Politik der Privatisierung und Rationalisierung (lies: Kürzungen) der Gesundheitsversorgung weiter. Das Ergebnis waren reduzierte Krankenhauskapazitäten. Im Gesundheitswesen ging es längst ums Geldverdienen, nicht um die Gesundheit.

Der Prozess, einen Impfstoff gegen das Corona-Virus zu finden, war hastig, aber natürlich war genug Zeit, den neuen Impfstoff zu patentieren. Das ganze Gerede der Politiker über Solidarität waren nur Lippenbekenntnisse, aber auch das war natürlich nicht verwunderlich. Der Norden saugte den Trikont immer schon aus und es gab nie einen Grund zu denken, dass es „unseren“ Politikern mit der Solidarität ernst war. Der Norden würde die Kontrolle über den Impfstoff behalten und wollte damit viel Geld verdienen. Wenn ein sogenannter „Dritte-Welt“-Staat sich so verhalten würde, wie es dem Norden gefällt, würden sie natürlich auch etwas von dem Impfstoff abbekommen. So setzte sich der rote Faden auch bei der Impfstoff Frage fort. Wie immer ging es nur um Kontrolle und Geldverdienen. Um die tödliche kapitalistische Maschinerie am Laufen zu halten. Und wieder schwiegen die Linken.

Im Dezember verschob die Linke eine Demonstration gegen die kapitalistische Krise, die Corona begleitete. Aus „Wer hat, der gibt“, wurde „Wer hat, der kann auch verschieben“. Interessanterweise hat End Notes, ein Kollektiv aus Großbritannien, im Dezember einen Text über die „Non-Bewegungen“ veröffentlicht. In „Vorwärts Barbaren“ schrieb End Notes:

„Die Non-Bewegungen sind, wie wir immer wieder betonen, der subjektive Ausdruck einer allgemeineren Unordnung, die ihre Wurzeln in der kapitalistischen Stagnation hat.

Es ist die schiere Quantität der Proteste und Unruhen – ihre zunehmende Normalität -, die unsere Ära von z. B. den Jahren der Antiglobalisierung unterscheidet. Deshalb sagen wir, dass unsere Ära durch die Produktion von Revolutionären im globalen Maßstab gekennzeichnet ist. Männer und Frauen aus dem gesamten Spektrum der politischen Ideologie und der verschiedenen Identitätsschichten konfrontieren die herrschende Ordnung mit ihrer Abneigung, Angst und Zorn und verteidigen zunehmend ihr Recht, sich den unerträglichen Kosten des kapitalistischen Lebens zu ‘entziehen’. Sie sind Revolutionäre ohne Revolution, aber in ihrer Konfrontation mit der kapitalistischen Reproduktion wie auch in ihrem Hunger nach Gemeinschaft drücken die Non-Bewegungen einen potenziellen Konflikt mit der Logik des Kapitals als solcher aus.“

In Frankreich kamen 2018 die Gilets Jaunes auf. Eine Bewegung, die große Teile der deutschen Linken nie verstanden haben. Die Gilets Jaunes sind nur ein Teil der sogenannten Non-Bewegungen. Die deutsche Linke hat sich selbst überflüssig gemacht, weil sie eine sich verändernde Welt nicht verstanden hat und ihre reformistische Schmusekurs ihnen den Rest gegeben hat.

Das Corona-Virus hat nicht nur viele Menschen direkt getötet. Viele Menschen in den Vororten, darunter viele sogenannte „450-Euro-Jobber“ hatten Existenzprobleme. Ernste Existenzprobleme. Und es ist bekannt, dass die Armen eine geringere Lebenserwartung haben. Das ist nichts Neues. Sie brauchten keine Linke, die Demonstrationen verschiebt, weil der Staat ein Demonstrationsverbot verhängt. Diese Art von linkem Gehorsam hat deutlich gemacht, dass diese Initiativen nicht in der Lage sind, große Kämpfe zu gewinnen. Abgesehen von kleineren antagonistischen Splittern war die deutsche Linke nicht bereit, die autoritären staatlichen Maßnahmen zu bekämpfen, obwohl es ziemlich klar war, dass diese Maßnahmen dazu da waren, das Kapital und die Legitimität des Staates selbst zu schützen.

Denn wer braucht schon einen Staat, wenn klar wird, dass er die Bevölkerung in seinen Grenzen einfach nicht schützen kann, auch nicht, wenn er es will. Wenn die Menschen einen eigenen Umgang mit dem Virus entwickeln würden, wäre ihr erster Gedanke nicht, in überfüllten Bussen zur Arbeit zu fahren. Sie wüssten, dass ein voller Bus oder Zug das Risiko einer Ansteckung erhöhen würde. Das Risiko für den Staat war, dass die Menschen anfangen könnten zu erkennen, dass ihre Abhängigkeit von der Lohnarbeit im kapitalistischen System tatsächlich ihr Leben in Gefahr bringt. Der Staat versuchte also, Handlungsfähigkeit zu zeigen, indem er drakonische staatliche Maßnahmen durchgesetzt hat, nachdem er Angst verbreitet und verschiedene Gruppen in der Gesellschaft gegeneinander ausgespielt hatte: Die Corona-Partygänger und andere.

So kam es, wie es kommen musste. Nach Krawallen in Stuttgart und Frankfurt im Sommer 2020 begann in der Silvesternacht die erste große Non-Bewegung in der BRD. Die Bullen versuchten, das Versammlungsverbot durchzusetzen, die Leute durften das neue Jahr nicht feiern. Allein in Berlin gab es mehr als 50 Orte, an denen sich die Menschen nicht aufhalten durften. Die meisten dieser Orte befanden sich in proletarischen Vierteln, und es kam, wie es kommen musste: Eine Revolte brach aus, und die Leute jagten die Bullen aus ihren Stadtteilen. Die antagonistischen Splitter brachten ihr Wissen über Polizeitaktiken und Ausschreitungen auf Augenhöhe ein. Die traditionellen Linken und Rechten wurden Geschichte, weil sie nicht in der Lage waren, die Situation zu verstehen und den Lauf der Geschichte zu ändern. Die Kapitalisten hingegen hatten die Situation sehr wohl verstanden. Sie hatten bereits begonnen, sich auf diese Konfrontation vorzubereiten, nachdem sie die Welle der Revolten von sogenannten Non-Bewegungen auf der ganzen Welt seit 2011 beobachtet hatten. Schon in den Jahren vor Corona hatte der deutsche Staat neue und verschärfte Polizeigesetze installiert, auch die on- und offline Überwachung wuchs von Jahr zu Jahr. Man wusste, was kommen würde und dass spätestens bei der Eskalation der Klimakatastrophe die Menschen aufbegehren würden. Sie wussten nicht genau, wann das passieren würde, aber sie wussten, dass es unvermeidlich war.

Dieser Neujahrstag war der Anfang, und was folgte, war ein langer, harter und erbitterter Kampf. Zum Glück ist der Kapitalismus und seine Ausbeutung allen Lebens auf dem Planeten nun überwunden. Heute können wir uns nicht vorstellen, dass so viele Menschen den staatlichen Befehlen folgten, um das Kapital und den Staat selbst zu schützen. Patriarchat, autoritäre- und kapitalistische Herrschaft sind nun Relikte der Vergangenheit.

Das neue Jahr steht vor der Tür, und 2026 wird ein weiteres großartiges Jahr sein, das wir in Freiheit genießen werden.