Zugesandter Beitrag
Vor einiger Zeit ist im Autonomen Blättchen #45 der Artikel „Achtung Sperrgebiet“ veröffentlicht worden. Dieser beschäftigt sich mit der Ausgangssperre letzten Winter und den damit verbundenen Demos in Hannover.
Zurecht wurde sich darüber beschwert, dass es vielleicht ein Dutzend Menschen gab die in Hannover Aktionen gegen die Ausgangssperre auf die Beine gestellt haben. So wichtig es war, dass es diese Demos gab, umso erschreckender war die (bei den meisten) nicht vorhandene Beteiligung an diesen. Auch wenn wir Autor*innen die Kritik und den Frust darüber teilen, so wollten wir, mit dem Fazit des Textes, dass viele gute Freund*innen eben nur Freund*innen sind und keine Menschen die mit uns für die gleichen Dinge kämpfen, nicht ganz mitgehen. Wir hatten noch ein wenig Hoffnung. Hoffnung, dass eben diese Menschen erkennen wie (nett gesagt) naiv sie sich gegenüber der Pandemie-Politik verhalten haben.
Doch dann kam der Sommer. Der Sommer in dem eigentlich alles etwas besser werden sollte. Unsere Zentren wurden nach und nach immer weiter geöffnet. Es gab wieder öffentliche Kneipen, KüFa’s, Vorträge und vieles mehr.
Nun könnte mensch vielleicht denken, dass diese Orte genutzt wurden um sich auszutauschen, neue Perspektiven zu entwickeln und die eigene (teilweise nicht vorhandene) Praxis zu reflektieren. Dies war allerdings keineswegs der Fall. Stattdessen wurde sich darüber ausgekotzt wie hart der Winter in der schicken Studi-WG im Szenestadtteil doch war. Wie gemein es war, dass die Leute ihren „linken Lifestyle“ nicht einfach so ausleben konnten. Auf die Idee, dass sie dagegen was hätten tun können kamen aber nur die allerwenigsten. Eine Einsicht, dass die meisten sich während der Ausgangssperre wie bürgerliche und unsolidarische Ottos verhalten haben gab es fast nie.
Es wurde einfach weitergemacht als wäre nichts passiert. Es wird sich fleißig in die Kontaktlisten eingetragen und wehe es gab mal einen Menschen die/der sich kritisch dazu äußerte. Es wurde weiter entspannt in „sicheren Räumlichkeiten” getrunken, während Jugendliche fast jedes Wochenende Stress mit den Bullen hatten weil sie keinen Zugang zu solchen Räumen haben und daher im Park getrunken und Musik gehört hatten.
Dabei ist es auffällig dass die meisten Menschen die weitermachen als wäre alles normal, meistens erfahrene Genoss*innen und Gefährt*innen sind, die fest in der Szene verankert sind. Eben jene sind es auch, die in Hannover die jüngere Generation oft alleine lassen, sie nahezu ignorieren.
Zum Beispiel war vor einiger Zeit war das Kornhoffest. Eigentlich ein netter Termin, alle Menschen kommen zusammen, trinken etwas, hören Musik, tanzen und sind einfach mal wieder unter vielen verschiedenen Menschen. Leider hatte sich die AfD überlegt, einen Tag nach dem Hoffest, Mittags eine Kundgebung in der Hannoveraner Innenstadt abzuhalten. Nach einigem hin und her gab es eine kleine Sponti die versuchte in Richtung der Kundgebung zukommen. Zu dem Treffpunkt dafür kamen allerdings maximal 40 Leute. Von diesen 40 Leuten war ein Großteil sehr jung und daher eher unerfahren. Dies kann auch als Grund gesehen werden warum die Sponti ihr Ziel nicht erreichte und sie von den Bullen zerschlagen wurde. Es kam zu Jagdszenen bei den mindestens eine Person schwerer und viele leichter verletzt wurden.
Nun war die Frage was ist eigentlich mit den Menschen die seit Jahren in der Szene sind, die immer auf Antifa machen und auf “Möchtegern-konspirativ?” (das konspirativ trifft wohl kaum auf deren Struktur zu, sondern eher das es gefühlt verweigert wird mit neuen und jüngeren Menschen auch nur zu reden) Diese Leute waren wohl beim Fußball – Linden 07 hatte an dem Tag ein Heimspiel bei dem mindestens 50 Linke waren, Auf Instagram wurde von der Fanszene stolz verkündet, dass es „nicht schöneres als das Gefühl [gibt] nach einem Jahr wieder im Block stehen zu können“. Auf diesem Weg: Danke für nichts ihr … – andere wollten lieber ihren Kater bei einen schönen 3 Euro (Fairtrade) Kaffee in Szenestadtteil überstehen. So führte es mal wieder dazu, dass einige wenige versuchten der ganzen Scheiße etwas entgegenzusetzen, sie dafür mit Repression und körperlicher Gewalt überzogen wurden, während ein Großteil sich einen netten Sonntag machte.
Wir könnten hier noch einige Beispiele nennen bei denen es genauso oder ähnlich gelaufen ist. Wir wollen diese nicht weiter aufzählen, da dieser für alle Beteiligten mehr als offensichtlich sind und wir zurück zum eigentlichen Punkt kommen wollen.
Auch wir würden jetzt nicht mehr widersprechen bei der Aussage „ Wir kämpfen nicht mehr für die gleiche Sache“. Oft genug haben uns diese Menschen mehr als deutlich gezeigt, dass es ihnen scheinbar nicht um ein besseres Leben für alle geht. Sie ganz konkret auf uns scheißen und uns immer wieder alleine lassen. Sie gehen lieber ihrem Lifestyle nach, gehen zum Fußball, hängen entspannt im Szenekiez oder machen sonst was. Solidarisch mit uns sind sie offensichtlich nicht.
Es ist an der Zeit mit diesen Strukturen zu brechen. Ihnen klar zu machen, dass sie sich immer wieder unsolidarisch verhalten und sie keineswegs an einer radikalen Veränderung interessiert sind. (zumindest nicht wenn dies bedeutet selber Dinge zu tun auf die mensch vielleicht keine Lust hat) Ein großer Teil dieser Szene kann uns nichts mehr bieten. Sie bietet weder konkreten Support, noch Rückendeckung oder irgendetwas anderes. Wir haben keine Hoffnung mehr, dass wir zusammen mit diesen Menschen kämpfen können.
Das „Post Covid Riot Manifest“, welches in der Sunzi Bingfa #27 veröffentlicht wurde endet mit „Ja, wir bekommen einfach keine Luft mehr. Entweder brennt ein Polizeirevier nach dem anderen nieder, bis die Sache zu unseren Gunsten zu kippen beginnt oder wir lehnen uns zurück, so wir in privilegierter Stellung leben, und genießen das Ende der Welt bei ein paar kühlen Drinks. Dazwischen gibt es nichts mehr.“
Bei den meisten Menschen wissen wir nun was sie tun. Sie genießen ihre Privilegien, ihren Drink und das wars.
Wir werden auch weiterhin Probieren gegen diese Zustände zu kämpfen, nur wissen wir jetzt, dass viele vermeintliche Freund*innen dabei keine Verbündeten sind. Wir werden weiter nach Verbündeten suchen und sind nach unseren Erfahrungen guter Dinge, dass es diese bei der jungen Generation einige davon gibt. Ein großer Teil der (Hannoveraner) Szene gehört aber sehr sicher nicht dazu.
Einige Leute aus Hannover