Hier nun der zweite und letzte Teil des Interviews mit einem Gründungsmitglied der Revolutionären Zellen aus dem Jahr 1975. Teil 1 findet Ihr hier. Dieser Text ist Teil der umfangreichen Online Dokumentation zu den Revolutionären Zellen, aus Gründen der Praktikabilität haben wir die ursprünglichen Fußnoten beibehalten. Hiermit setzen wir unsere Reihe zum bewaffneten Antagonismus in der BRD fort. Sunzi Bingfa
Frage:
Noch ein Zitat: Die Klassenherrschaft wird in „normalen“ Zeiten durch das ökonomische Gewaltverhältnis aufrecht gehalten, nicht durch Bullen, durch Militär, durch Justiz. Es gibt bei uns keine unmittelbare Unterdrückung, wie es sie vor Jahrhunderten gegeben hat, sondern ein entpersönlichtes sachliches Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis.
Daraus leitet sich dann der Vorwurf ab, daß durch das Umnieten von Politikern oder höheren Justizbeamten, das In-die-Luft-Sprengen von öffentlichen Gebäuden, überhaupt durch den Angriff auf Institutionen und Personen, kein Beitrag geleistet wird zu den Klassenkämpfen, sondern daß es sich bei den Institutionen um reparable Sachschäden handelt und bei den Personen, daß sie jederzeit austauschbar sind.
Antwort RZ:
Ich verstehe gar nicht, wie das entpersönlichte Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis als Begründung genommen werden kann dafür, daß Bomben und Erschießen von Personen falsch wäre. Aber zu dem letzten muß ich doch was sagen: mit welchen Mitteln und Möglichkeiten man interveniert, hängt ab vom gegenwärtigen Stand der Auseinandersetzung und der Einschätzung, die man davon hat. Natürlich sind Häuser, Autos usw. reparabel, aber mit der Ideologie ist es doch schwerer, die wieder zu reparieren. Natürlich sind Personen ersetzbar, aber die Unruhe ist so einfach nicht wieder aufzuheben. Besetzte Häuser werden auch wieder geräumt, Streiks hören auch wieder auf – ohne Erfolg oft genug – Straßenbahn Aktionen [68] hören auch wieder auf – ohne Erfolg bis auf einige Ausnahmen – wer ein so blödes Argument bringt, sollte lieber im Bett liegen bleiben. Da braucht man dann nichts zu reparieren und die Herrschenden werden auch gar nicht böse auf sie. Wir wollen mit unserem Kampf, der alle Formen des Kampfes in der jeweiligen richtigen Situation umfaßt – von der Sabotage im Betrieb bis zur Enteignung und Entführung – diesen Staat an seinen empfindlichen Stellen treffen und ihn entlarven; wir wollen Machtpositionen erkämpfen und Erfolg haben: alle Angehörigen der herrschenden Klasse sollen in ihren Villen unsicher sein, sie haben lange genug ruhig geschlafen. Sie sollen gezwungen werden, wirklich alles und jedes Objekt mit ihrem Aufgebot von Bullen zu schützen. Wir wollen, daß die Stadtguerilla eine Massenperspektive wird und nicht eine Sache von ein paar Leuten. Alles andere wäre wirklich nur Selbstzweck.
Vorhin habe ich schon gekennzeichnet, daß es sich bei Stadtguerilla nicht um „Politik“ handelt, wie sie nahezu alle anderen Gruppen machen. Stadtguerilla ist nicht: Termine besuchen, Papers schreiben, Einzelaktionen durchführen, theoretische Ak’s einrichten, sondern Guerilla heißt, sich völlig identifizieren mit dieser Art Dasein, heißt völlige Deckungsgleichheit zwischen Leben und Politik.
Frage:
Du hast jetzt an einer ganzen Reihe von Einzelbeispielen zu Vorwürfen der linken oder der bürgerlichen Seite Stellung bezogen und zum Teil kann man auch erkennen, was für ein Verständnis mit Begriffen wie bewaffneter Kampf der Stadtguerilla verbunden ist. Vielleicht kannst du das ganz ausführlich auf eure Gruppe und auf eure Praxis bezogen im Zusammenhang darstellen.
Antwort RZ:
Vorhin habe ich schon gekennzeichnet, daß es sich bei Stadtguerilla nicht um „Politik“ handelt, wie sie nahezu alle anderen Gruppen machen. Stadtguerilla ist nicht: Termine besuchen, Papers schreiben, Einzelaktionen durchführen, theoretische Ak’s einrichten, sondern Guerilla heißt, sich völlig identifizieren mit dieser Art Dasein, heißt völlige Deckungsgleichheit zwischen Leben und Politik. Das zeigt gleich, welcher Schwachsinn es ist, uns vorzuwerfen, wir würden die Auseinandersetzung auf eine militärische Ebene reduzieren, wir seien nicht emanzipativ, würden nicht versuchen, stückchenweise theoretische und praktische Erfahrungen und Einsichten in Notwendigkeiten in die Tat umzusetzen. Im Gegenteil: wir meinen, daß der umfassende Krieg gegen das System der Herrschaft von Menschen über Menschen gleichzeitig und gleichgewichtig auch den Kampf gegen das kapitalistische System in uns selbst einzuschließen hat. Das eine wäre nichts ohne das andere.
Eine waffenmäßig und militärtaktisch bestens ausgerüstete Stadtguerilla ist zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht diesen beschriebenen umfassenden Kampf aufgenommen hat. Spätestens durch die Spitzel des Bundeskriminalamtes werden sie geschafft. Genauso bringt eine Selbsterfahrungsgruppe, die sich versucht zu verstehen und kennenzulernen, den Kampf für die Befreiung nicht voran, sie bleibt stecken, sie schafft es vielleicht, einen Freiraum für ihre Insider aufzubauen, landet aber im ohnmächtigen, im hilflosen Ghetto, ohne den Herrschenden gefährlich zu werden. Wenn sie nicht integrierbar oder zumindest abkapselbar wäre, wäre ihr Freiraum schnell dahin. Wir versuchen beides – Verschärfung gesellschaftlicher Widersprüche vorantreiben, Guerillakrieg gegen das Herrschaftssystem zu beginnen, gleichzeitig Änderung von uns selbst – und schrittweise Befreiung von all den Mechanismen, die als die richtigen Normen dieser Gesellschaft uns eingepflanzt wurden; konkret heißt das z.B. Verhinderung der Herausbildung hierarchischer Strukturen: Gerade das ist bei illegaler Arbeit schwer, weil aus tausenderlei Gründen sich zum Beispiel Problemlösungen durch Arbeitsteilung immer wieder anbieten, was dann die fatalen Konsequenzen in der Herausbildung von Machern und Fußvolk haben kann. Durch unsere permanenten Bemühungen, uns alle allseitig auszubilden, unsere Diskussionen und Gespräche, durch die Bekämpfung der alten falschen Verhaltensweisen, durch die Vermeidung des Fehlers, wegen angeblich vordringlicher Aufgaben die Probleme zwischen uns, die Probleme in vielen Fragen des Kampfes, hinten an zu stellen, durch all das schaffen wir es tendenziell immer eher, gleichberechtigt, selbstbestimmt, absolut vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und miteinander umzugehen. Dies ist auch bestimmend z.B. bei der Vorbereitung und Durchführung jeder einzelnen Handlung der Stadtguerilla- Zelle. Wir reden über unsere Angst, wir machen keine Aktion als Mutprobe oder auf Befehl eines Kommandierenden. Wir versuchen, die intellektuelle Arroganz zu analysieren, abzubauen. Jede Art von möglicher Instrumentalisierung anderer Menschen durch uns zu verhindern, sie als Individuen, als Subjekte zu begreifen und uns entsprechend zu verhalten. Ein erfolgreicher Kampf – hier ist mal gemeint, die möglichst hohe Wahrscheinlichkeit, nicht so bald verhaftet zu werden, nicht verraten zu werden – ist nur denkbar, wenn die Angehörigen eines autonomen Kerns in irgendeiner Stadt sich hundertprozentig kennen.
Wenn durch gemeinsame Praxis, durch Gespräche, durch eine Existenz, die kein Problem, von der Reproduktionsfrage bis zu Liebesbeziehungen einzelner zu anderen, als individuell zu lösendes begreift, wenn gesichert ist, daß man sich völlig offen zueinander verhalten kann, das verhindert schon mal Dutzende von Fehlern, die man sonst machen kann und verhindert die Einschleusung von Bullen viel eher. Das alles klingt natürlich besser, als es jeweils realisiert ist, das ist klar, aber das will auch niemand behaupten, daß wir das alles so lässig schaffen. Wir müssen dauernd aufpassen, daß wir nicht zurückfallen in die bequemen bürgerlichen Verhaltensmuster. Dieser ganze Beitrag sollte halt nur aufzeigen, wie sehr die entsprechenden Vorwürfe gegen uns Stadtguerilla daneben gehen, daß gerade die unterstellten Verhaltensweisen absolut fernliegen.
Und er hat gezeigt, was vorher nicht bekannt war, daß dieser letzte Rest moralischer Substanz, der bei den Adressaten des Hungerstreiks vorhanden sein muß, wenn sie durch ihn zu den gewünschten Handlungen bewegt werden sollen, daß der bei den Regierenden in diesem Land nicht mehr da ist. Daher sind in Zukunft andere, neue, militante Kampfformen im Knast und von außen das notwendige Mittel.
Frage:
Soviel ich weiß, ist von euch bis heute noch keiner im Knast gelandet. Erstens, wie kommt das? Zweitens, was ist, wenn es euch doch mal passiert?
Antwort RZ:
Klar ist der Knast eine Frage, die für uns sehr wichtig ist. Im vorigen habe ich schon geschildert, wie die Verräterfrage sich ganz anders stellt, als man es sich gemeinhin vorstellt. Genauso ist eine große Sicherheit – auch bei der Durchführung gefährlicher Aktionen – nur mit so einer Gruppenstruktur, so einem Verhältnis der Genossinnen und Genossen zueinander denkbar; trotzdem können einzelne von uns von den Bullen gefaßt werden. Die Angst vor dem Gefängnis ist natürlich da, doch sie ist überwindbar und tritt zurück durch das, was wir wollen. Da die völlige Identität von Leben und Kampf – weniger pathetisch kann ich es im Moment nicht sagen – da ist oder tendenziell verwirklicht wird, muß man sich völlig mit allem, was man hat und ist und kann, einsetzen. Nur dann ist jeder Kampf auch gleichzeitig sowas wie ein Schritt zur Selbstbefreiung. Naja und im Knast ist der Kampf nicht zu Ende, im Gegenteil, zahllose Einsitzende haben uns schon immer bewiesen, daß auch dort die Sache weitergeht, ob wir an Max Hölz [69] denken, an Sante Notarnicola [70] oder an die politischen Gefangenen heute in der BRD oder die Tupamaros. Der Hungerstreik der RAF Gefangenen hat sein Ziel nicht erreicht, nämlich die Aufhebung all der Vernichtungsmaßnahmen, der Isolationsfolter. Er hat aber auch deutlich gemacht, daß du selbst isoliert im Knast solidarisch weiterkämpfen kannst mit dem letzten Mittel, was einem völlig Wehrlosen bleibt. Und er hat gezeigt, was vorher nicht bekannt war, daß dieser letzte Rest moralischer Substanz, der bei den Adressaten des Hungerstreiks vorhanden sein muß, wenn sie durch ihn zu den gewünschten Handlungen bewegt werden sollen, daß der bei den Regierenden in diesem Land nicht mehr da ist. Daher sind in Zukunft andere, neue, militante Kampfformen im Knast und von außen das notwendige Mittel. Diese Einsichten und Erfahrungen zu machen und zu vermitteln, zeigt vor allem die Ermordung des Genossen Holger; daß die Herrschenden so weit gehen würden, hier und heute, haben die meisten nicht erwartet. Noch eine solche Fehleinschätzung wird uns nicht passieren, einen solchen Mord wie an Holger werden wir nicht mehr zulassen und alles tun, um das Realität werden zu lassen, was Genose Marighella mal sinngemäß gesagt hat: „Für die Guerilla gibt es keine undurchdringlichen Gefängnismauern.“
Dieses Bewußtsein untereinander, daß der Knast nicht Endstation, totes Gleis ist, daß wir auch dann mit allen draußen Kämpfenden im Zusammenhang stehen und auch die Befreiung aus dem Knast für alle draußen eine vorrangige Aufgabe ist, dies alles läßt es zu, daß wir cool und überlegt an den Gedanken herangehen, was mache ich, wenn ich mal einfahre.
Frage:
Wie erklärst du dir eigentlich, daß die bürgerliche Presse bisher gegen euch so gut wie gar nicht hetzt und die Linke wiederum euch so gut wie gar nicht zur Kenntnis nimmt?
Antwort RZ:
Ach ja, das haben wir auch immer wieder bedauert. Wenn das anders wäre mit der Presse, hätte die Linke von uns bestimmt schon mehr Kenntnis genommen. Aber sei’s drum, unsere gesamten Aktionsplanungen hatten und haben ein Prinzip gemeinsam: nämlich das der Sicherheit. Mit Sicherheit ist erstens gemeint, daß die Presse und die Herrschenden so wenig wie möglich die Möglichkeit erhalten, unsere Aktionen gegen uns zu wenden, d.h. die Aktionen müssen klar, durchsichtig und eindeutig sein: Widerstand gegen die Schweine. Zweitens die größtmögliche Sicherheit für die Genossen, die die Aktion ausführen und drittens, daß es bereits breite Kampagnen um diesen oder jenen Konflikt gegeben hat, d.h. von den Genossinnen und Genossen und Teilen des Volkes aufgegriffen ist. Das ist unsere Einschätzung, in welcher Situation wir uns befinden. Wir meinen – und das ist keine großartige programmatische Erklärung, sondern nur kurz skizziert – daß es richtig ist, revolutionäre Gelegenheiten wahrzunehmen. Voraussetzung ist: zu wissen, was revolutionäre Gelegenheiten sind, unsere Einschätzung davon, die sich herleitet aus Diskussionen mit Leuten, sind unsere eigenen Erfahrungen in der politischen Massenarbeit und die damit verbundene Untersuchung im jeweiligen Bereich. Voraussetzung, um revolutionäre Gelegenheiten wahrzunehmen ist auch, gewisse Kenntnisse zu besitzen, die sich auf den Umstand einer Aktion und die konkrete Ausführung beziehen. Weiterhin Material zu haben, Material ausprobiert zu haben, um es richtig einsetzen zu können. Und diese Voraussetzung stelle sich bitte niemand so einfach vor. 90% unserer Arbeit sieht und hört man nicht. Das sind nicht Sachen, die sich schnell nach Feierabend machen lassen und niemand sollte auf die Idee kommen, das als kleines technisches Problem zu diffamieren, weil ja die Hauptseite der Politik die Massen sind, das Diskutieren ist, das Nachdenken. Jedes technische Problem, das Mittel, das man einsetzt, ist genauso wichtig und politisch wie ein Agitationsbeitrag auf einem Teach- in.
Es gibt aber auch einen Teil unserer Politik, den, soweit wir die Diskussion geführt haben, viele Genossen nicht verstehen und nicht akzeptieren und den auch die Massen nicht verstehen und der sie vorläufig auch nicht interessieren wird. Wir halten ihn dennoch für richtig. Dieser Teil des Kampfes bezieht sich auf den Internationalismus, wo es primär um die Solidarität mit den Genossen ausländischer Guerillabewegungen geht und die Solidarität mit den kämpfenden Völkern anderer Länder.
Jetzt zu der Frage, warum uns die Linke öffentlich kaum zur Kenntnis nimmt. Genau weiß ich das auch nicht, aber vielleicht sagt sie irgendwo mal selber was dazu. Eine wesentliche Rolle spielt sicherlich, daß wir bisher keine großartigen Pamphlete rausgegeben haben, lediglich Erklärungen zu unseren Aktionen (dies Interview ist ja auch nur ein unvollständiges Anreißen vieler Fragen und Probleme). Das andere ist, daß die bürgerliche Presse und das Fernsehen noch nie so richtig gegen uns gehetzt hat; sie haben auch Probleme gegen Bomben bei ITT etwas zu sagen (die Jusos [71] ja auch), wo sie selber „empörend finden“, was in Chile gelaufen ist.
Wir haben auch nicht die Publizität in den Medien von Verhaftungen oder Namensnennung im Zusammenhang mit der RZ. Und wenn sie gegen uns gehetzt haben, wie z.B. bei antiisraelischen Aktionen, dann so, daß sie die Revolutionäre Zelle als nicht existent erklärt haben. Wir sind wohl zu anonym für die Herrschenden, da ist die gezielte Hetze schwieriger. So schlecht ist das ja auch nicht. Aber offensichtlich ist es so, daß die Linke doch sehr stark – nicht natürlich, was ihre Kampagnen betrifft – von diesen bürgerlichen Organen abhängig ist. Das zeigt sich auch sehr häufig daran, daß die Interpretationen, die die bürgerliche Presse zu ausländischen Guerilla Aktionen in der BRD bringt, fast wörtlich von der Linken übernommen werden und immer auch ein bißchen geglaubt wird, was die bürgerliche Presse schreibt, obwohl jeder Linke genau weiß, wissen müßte, wessen Instrument das ist. Da muß man allerdings einen Unterschied machen zwischen der Sponti Linken und beispielsweise der ML. Die ML hat nie – wohl weil sie sich viel mehr mit dem antiimperialistischen Kampf auseinandergesetzt, Propaganda und Solidaritätskomitees gebildet hat, und seien die Bewegungen im Ausland auch viel schwächer, z.B. der MIR in Chile – Vorbehalte und Ängste gehabt, die es ihr verunmöglicht hätten, in ihren Organen über Interventionen durch die Guerilla zu berichten. Die Sponti Linke hat sich fast immer ausschließlich auf starke Bewegungen gestützt. Also das, was der Linken eigentlich lieb sein müßte, daß unsere Aktionen so angelegt sind, daß nur ein Mindestmaß an Hetze möglich ist, wird absolut nicht registriert. Das geht so weit, daß auch die linken Organe unsere Erklärungen in der Regel nicht abgedruckt haben. Wir finden das beschissen und müssen uns von daher auch überlegen, daß wir den Fehler gemacht haben, auf diese linken Organe mit der Verbreitung der Propaganda, und damit auch Auseinandersetzung mit unseren Aktionen, gebaut zu haben. Das heißt, wir müssen in Zukunft auch verstärkt unsere Kraft auf die Verbreitung selber legen. An alle irgendwo in Verbreitungsapparaten sitzenden Genossen möchte ich hier appellieren, den Diskussionsprozess, die Auseinandersetzung mit uns nicht durch Boykott und Unterdrückung abzuwürgen.
Noch ein Moment ist sicherlich, daß die Sponti Linke bisher unsicher war, was für eine Politik wir machen und sie uns in ihr Schema – sie Massenfreunde, wir Massenfeinde – reingepresst, obwohl an unseren Aktionen das eigentlich sichtbar sein müßte, daß dieses Schema nicht paßt.
Wir erheben aber den Anspruch, sowohl verbal als auch praktisch, daß die Linke sich mit uns auseinandersetzt, daß sie endlich mal anfängt, ihr Einflippen auf MIR und die Roten Brigaden in der Weise umzusetzen, daß sie sich fragt, wie hier bei uns – das ist nämlich viel wichtiger – der Kampf aussehen könnte. Und nicht nur in Schwärmen über die Klassenkämpfe in Italien ausbricht. Diesen Anspruch zu realisieren heißt, daß wir verpflichtet sind, immer wieder die Linke mit der Frage des bewaffneten Kampfes zu konfrontieren.
Frage:
Aus den Vorstellungen, die du bisher bei den einzelnen Antworten entwickelt hast, kommt ja schon sehr viel raus, was unterschiedliche Positionen zu anderen Guerillagruppen kennzeichnet. Vielleicht kannst du abschließend zusammenfassen, was euch von anderen Stadtguerilla Gruppen in der BRD unterscheidet.
Antwort RZ:
Also, wir haben nicht den Anspruch, eine Partei oder eine Rote Armee zu werden. Wir sind da ganz vorsichtig, wir sind keine Bewegung, sondern nur ein Teil davon. Was wir wollen, ist Gegenmacht in kleinen Kernen zu organisieren, die autonom in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen arbeiten, kämpfen, intervenieren, schützen, ein Teil von der politischen Massenarbeit sind. Und irgendwann mal, wenn wir ganz viele Kerne sind, ist die Stoßrichtung für die Stadtguerilla als Massenperspektive geschaffen. Das dauert, aber da haben wir uns auch auf einen langwierigen Kampf eingestellt. Wie das zu machen ist? Ja, erstmal nur so, wie wir es bisher gemacht haben, mit all den vorhandenen Widersprüchlichkeiten, momentan sind wir noch ganz stark bezogen auf die politische Massenarbeit, das kann und wird sich nur in der Weise ändern, wie die objektiven und ökonomischen Lebensbedingungen sich verschärfen, wo die Klassenwidersprüche sich zuspitzen, die Kämpfe zunehmen und natürlich, wie wir richtig liegen mit unserer Politik, d.h. wesentlich an diesen Kämpfen beteiligt zu sein, sie voranzutreiben.
Wir erheben nicht den Anspruch, eine vollständige revolutionäre Theorie und Strategie zu haben, wir haben Schwierigkeiten, natürlich, aber es gibt Teile dieser Strategie, die sich bereits praktisch als richtig erwiesen haben. Wir erheben aber den Anspruch, sowohl verbal als auch praktisch, daß die Linke sich mit uns auseinandersetzt, daß sie endlich mal anfängt, ihr Einflippen auf MIR und die Roten Brigaden in der Weise umzusetzen, daß sie sich fragt, wie hier bei uns – das ist nämlich viel wichtiger – der Kampf aussehen könnte. Und nicht nur in Schwärmen über die Klassenkämpfe in Italien ausbricht. Diesen Anspruch zu realisieren heißt, daß wir verpflichtet sind, immer wieder die Linke mit der Frage des bewaffneten Kampfes zu konfrontieren.