Serge Quadruppani & Jérôme Floch
Erschienen in Lundi Matin #321 am 10. Januar 2022, wir sehen woanders sind die Diskussionen schon weiter als hier. Und wie so häufig gilt, wir müssen nicht alles teilen, was wir übersetzen, teilen aber gerne die Ideen. Die eine oder andere Grobheit unser Übersetzungsarbeit bitten wir uns nachzusehen. Sunzi Bingfa
Der Ausbruch der Covid-Epidemie mag die Regierungen der Welt vorübergehend verwirrt haben, die subversiven Kräfte hat er jedoch nicht weniger verwirrt. Dass sie nun offen als Trojanisches Pferd für die schlimmsten reaktionären Vorstöße und die Einführung neuartiger Kontrollmechanismen dient, ist nicht überraschend, sondern vielmehr die Benommenheit, aus der wir selbst nicht herausfinden. In diesem Text schlagen Serge Quadruppani, Jérôme Floch und einige andere vor, die bisherigen Ablenkungen, die falschen Freunde und die falschen Gegensätze zu erfassen. Ein bescheidener, aber heilsamer Versuch, Klarheit zu schaffen. (Vorwort Lundi Matin)
Macrons aus rein wahltaktischen Gründen erfolgte Erschaffung eines neuen inneren Feindes in Gestalt des „Ungeimpften“ ist die letzte Etappe einer Manipulation, der wir alle auf die eine oder andere Weise zum Opfer gefallen sind.
Erinnern wir uns daran, dass es derselbe Macron war, der bei der Ankündigung der ersten ‘Eindämmung’ am 12. März 2020 – ein Beweis für die Verwirrung, die damals unter den führenden Politikern der Welt herrschte – erklärte: „Meine lieben Mitbürger, wir müssen morgen die Lehren aus dem Moment ziehen, den wir durchleben, das Entwicklungsmodell hinterfragen, in dem sich unsere Welt seit Jahrzehnten engagiert hat und das seine Fehler offenlegt, die Schwächen unserer Demokratien hinterfragen. Diese Pandemie zeigt bereits jetzt, dass die kostenlose Gesundheitsfürsorge unabhängig von Einkommen, Lebensweg oder Beruf und unser Wohlfahrtsstaat keine Kosten oder Belastungen darstellen, sondern wertvolle Güter und unverzichtbare Trümpfe, wenn das Schicksal zuschlägt. Was diese Pandemie offenbart, ist, dass es Güter und Dienstleistungen gibt, die außerhalb der Gesetze des Marktes gestellt werden müssen. Unsere Ernährung, unseren Schutz, unsere Fähigkeit, unser Lebensumfeld im engsten Kreis selbst zu pflegen, an andere zu delegieren, ist eine Torheit“.
Nachdem dieser kurze Anfall von Klarheit schnell überwunden war, wandte sich die Regierung anschließend dem Kern ihrer Aufgabe zu, nämlich die Wirtschaftsmaschine wieder anzukurbeln. Das ist nicht verwunderlich, denn die Regierenden tun das, wofür sie ans Ruder gesetzt wurden. Vielmehr beeindruckt uns die Zahl der Menschen, die, anstatt gegen das zu kämpfen, was das Virus hervorgebracht hat – den Produktivismus und seine Zoonosen – und das, was seine Eindämmung verhindert hat – das Fehlen einer Präventionsstrategie und die Zerstörung des Krankenhauses -, auf die Regierungspropaganda aufspringen, indem sie die gesamte Verantwortung für die Verlängerung der „Gesundheitskrise“ den Ungeimpften zuschieben, diesen Pelzigen und Räudigen, von denen das ganze Übel ausgeht. Es ist eine unbestreitbare Tatsache: Diejenigen, die heute mehrheitlich die Notaufnahmen füllen, sind nicht geimpft. [1]
In Form von ‘Tribünen’ und ‘Erklärungen’ mit dreifacher Verneinung hört man, dass man nicht davon absehen wird, sie zu reanimieren, aber dass die Frage schließlich gestellt werden sollte. Man ist also dabei, die Abschaffung des Prinzips zu beschwören, für das man in der Welt, wie sie ist, das Krankenhaus immer verteidigen möchte: Pflege für alle, unabhängig davon, ob sich die Kranken vor der Krankheit an die Anweisungen der medizinischen Behörden gehalten haben oder nicht. Und wie jedes Mal, wenn im Namen der Dringlichkeit eine Ausnahme gemacht wird, kann sich ihr Anwendungsbereich bis ins Unendliche ausdehnen. Denn auf diesem Weg würde nichts dagegen sprechen, eines Tages die Frage zu stellen, wie viel Pflege jemand erhalten soll, der sich im Umgang mit seinem biologischen Kapital nicht als tugendhaft genug erwiesen hat: Alkoholiker, Drogensüchtige, Raucher, betrunkene Autofahrer? Diese Drohung mit der Ungleichheit in den Krankenhäusern wird sich zwar in nächster Zeit kaum bewahrheiten, aber sie wird in den Augen der großen Mehrheit der Bürger zumindest die Funktion haben, eine Minderheit zu stigmatisieren, die sich ihrerseits in ihren eigenen Augen in der Rolle der einzigen radikalen Rebellin gegen das System bestärkt fühlen wird. Die Falle ist grob, sie ist gigantisch, sie könnte funktionieren. Ein Grund mehr, sie zu bekämpfen.
Wie die Herde, die von den Jägern und Sammlern bis an den Rand der Klippe getrieben wurde, stehen wir hier und schauen uns gegenseitig an, voller Angst und Wut, und wir finden uns in sehr schlechter Verfassung wieder. Wir sind weit entfernt von der Pracht, die wilde Tiere bis zum Ende bewahren können, wir tragen Jahrhunderte der Domestizierung, der Ausbeutung und der schlechten Neigungen auf unseren Körper eingeprägt, wir sehen, dass der Feind da ist, der Speere und Bögen längst gegen Gummigeschosse und digitale Propaganda eingetauscht hat. Der Feind treibt uns in den Abgrund, wo die Trümmer einer Zivilisation auf uns warten, die bereits tot ist und es nicht weiß. Um nicht darin zu versinken, ist die Versuchung groß, andere in den Abgrund zu stoßen, uns zu bekämpfen und uns gegenseitig zu verschlingen. Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit, die die Herde ergreifen kann: dem Abgrund den Rücken zu kehren und gemeinsam in den feindlichen Haufen zu stürmen.
Zu dieser Umorientierung unserer Affekte möchte der vorliegende Text beitragen.
VERSCHWÖRUNG VON VERSCHWÖRERN UND ANTI-VERSCHWÖRERN
Es ist die Macht, die den Verschwörungswahn hervorbringt, in ihr und ihr gegenüber. Ob es sich nun um eine despotische Macht im chinesischen Stil handelt, die ständig befürchtet, dass im Schatten ein Thronsturz geplant wird, oder um eine in Fraktionen aufgespaltene Macht im amerikanischen Stil, von denen jede die Verschwörungen der anderen fürchtet, die Machthaber in Chinamerika (d.h. auf dem ganzen Planeten) manövrieren ständig, um das abzuwehren, was sie in der Realität oder in ihren Köpfen bedroht. Das Schicksal der Herrschenden ist es, ständig Intrigen zu schmieden und überall Verschwörungen zu sehen. Daher kann man sich vor Verschwörungsvorwürfen von Journalisten, die bereit sind, die Lügengeschichten der Machthaber zu übernehmen, nicht genug hüten. Verschwörungen gab es schon immer, gibt es noch, gibt es mehr denn je. Es ist zum Beispiel offensichtlich, dass auf dem Wahlmarkt die Einführung des Produkts Macron und die von Zemmour vor kurzem das Ergebnis der Berechnungen und Machenschaften verschiedener Wirtschaftsmächte waren, von denen es bei Macron mehr und andere gibt als bei Zemmour (und deshalb wird er am Ende gewinnen).
In der Sphäre, die alle anderen beherrscht, der Wirtschaft (Codename des Kapitalismus), kann man unter tausend anderen möglichen Beispielen folgende nennen: Total, das vor 40 Jahren die Gefahr der globalen Erwärmung durch Bergbauaktivitäten erkannte und all seine beträchtliche Energie darauf verwendete, sie zu leugnen; Coca-Cola, das seit 2010 8 Millionen Euro allein in Frankreich ausgegeben hat, um die mit ihren Getränken verbundenen Risiken vergessen zu machen, oder die Glyphosat-Lobby, die erreicht hat, dass der vorläufige Bericht, auf den sich Europa stützen soll, um die Verwendung dieses Giftes wieder zuzulassen, so gut wie die gesamte wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ausklammert. Man könnte sagen, dass diese Mächte der Agrar- und Lebensmittelindustrie alle im Hintergrund zu ihrem eigenen Vorteil und auf Kosten des öffentlichen Wohls intrigieren: also die Definition einer Verschwörung [2]. Es war wahrscheinlich um die 10er Jahre des 20. Jahrhunderts, als zum ersten Mal in globalem Maßstab ein profitorientiertes Unternehmen der Leugnung gestartet wurde, in diesem Fall rund um die schädlichen Auswirkungen von Blei im Benzin [3]. Obwohl die Auswirkungen bekannt waren, setzten die großen US-amerikanischen Automobilkonzerne auf Intrigen, geheime Absprachen und Druck, auch vor Gericht, um weiterhin verbleites Benzin zu produzieren. Sie sponserten auch Wissenschaftler, finanzierten Kolloquien und Symposien, um zu erklären, dass es doch komplizierter sei als gedacht, dass die Studien widersprüchlich seien und so weiter. Diese groß angelegte Verschwörung zur Organisierung der Leugnung hat ein Modell ins Leben gerufen, das später der Asbest-, Atom-, Tabak- und Pestizidindustrie sehr gute Dienste geleistet hat. Ebenso haben die verdeckten Allianzen mit bestimmten Wissenschaftlern es den Industriellen, deren Interesse es war, lange ermöglicht, die Existenz einer durch menschliche Aktivitäten bedingten globalen Erwärmung zu bestreiten und zu leugnen, obwohl diese von der Mehrheit der Experten nachgewiesen wurde.
DAS ZEITALTER DER GRENZÜBERSCHREITUNGEN
Es gibt also ausgezeichnete Gründe dafür, dass heute die Überzeugung so weit verbreitet ist, dass es Verschwörungen gibt, die darauf abzielen, die Autorität der medizinischen Wissenschaft an sich zu reißen, um sie in den Dienst von Interessen zu stellen, die mit dem Wohlergehen und der Freiheit der meisten Menschen nichts zu tun haben.
Diese Überzeugung ist ein guter Grund, um das Misstrauen gegenüber den wissenschaftlichen Ankündigungen rund um Covid-19 und insbesondere gegenüber dem Impfstoff, seiner Beschaffenheit und seiner Wirksamkeit als vollkommen legitim zu betrachten. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, was weltweit im Namen der wissenschaftlichen Autorität erreicht wurde. Wir möchten noch einmal daran erinnern, was wir hier bereits am 10. Februar 2020, also mehr als einen Monat vor der Ankündigung der ersten ‘Eindämmung’ (im Original doppeldeutig, meint in Frankreich auch das was hier als Lockdown bezeichnet wird, d.Ü.) geschrieben haben, nämlich dass das Beunruhigendste die Entdeckung der „massiven Unterwerfungsfähigkeit“ sei, die die Regierenden durch die Stärkung der wissenschaftlichen Legitimität erwecken könnten. Man wird nicht aufhören, sich darüber zu wundern, wie schnell und einfach sich innerhalb weniger Wochen im Frühjahr 2020 die Hälfte der Weltbevölkerung selbst eingeschlossen hat. Wenn man heute das Verhältnis beurteilen will, das jedermann zu wissenschaftlichen Erkenntnissen haben kann, darf man die Rolle nicht aus den Augen verlieren, die sie wohl oder übel bei der Rechtfertigung einer weltweiten Politik der Angst gespielt haben wird. [4] Diese Art der Governance greift Kontrolltechniken auf, die sich bereits bei der Terrorismusbekämpfung bewährt haben [5], perfektioniert, verschmilzt, erweitert sie räumlich und molekular.
Im Gegensatz zu dem, was man sich Ende März 2020 erhoffen durfte, hat man nicht einmal begonnen, die Lehren daraus zu ziehen, was diese „bis dahin nie gesehene Überschreitung der Schwelle der Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber freiheitsfeindlichen Zwängen“ bedeutete. Dies sollte zunächst in die Kontinuität der zeitlichen Abfolge eingeordnet werden, die sich am Ende des 20. Jahrhunderts mit dem weltweiten Triumph des Ultraliberalismus eröffnet hat und das man als das Zeitalter der Überschreitungen bezeichnen kann.
Während die globale Erwärmung die Schwelle zur Unumkehrbarkeit überschritt, führten Entwaldung und Massentierhaltung in nie dagewesenen Ausmaß zur Überwindung von Barrieren zwischen den Arten mit dem bekannten Ergebnis von Pandemien. Gleichzeitig brachten die immer invasiveren Kontrolltechniken das Verhältnis der Menschen zur Natur in die Governance ein. Die Politik der Angst und der moralischen Panik in Verbindung mit der digitalen Eroberung der Aufmerksamkeit und der Emotionen hat die alten Garantien, die einige Revolutionen dem staatlichen Despotismus auferlegt hatten, durchbrochen und eine Beziehung zum Nicht-Menschlichen fortgeschrieben, die seit Jahrhunderten auf dem Modell der Invasion beruht. So wie die Überschreitungen im Krieg gegen die Natur immer im Namen von Gründen präsentiert wurden, die als hervorragend akzeptiert wurden (Hungrige ernähren, Arbeitsplätze schaffen, den „Energiebedarf“ decken, schneller fahren …), so wurde die Einrichtung von DNA-Dateien im Namen der Verfolgung von Sexualverbrechern, der Ausnahmezustand zur Bekämpfung von Terroristen, in Erwartung der Abschaffung der Verjährungsfrist zur Bestrafung von Pädokriminellen: Jede dieser Überschreitungen wurde durch die Benennung eines absolut und tatsächlich unverteidigbaren Feindes vollzogen. Doch jedes Mal eröffnete sich ein neues Feld der Möglichkeiten für die „unendliche Gerechtigkeit“ und die Übergriffe der Sicherheitsbehörden. Das Beunruhigendste an diesen Überschreitungen ist, dass die große Mehrheit der Menschen sie im Namen der Gründe, die sie im Moment vorbringen, massiv akzeptiert hat.
Die Rolle der Wissenschaft bei der Akzeptanz von Überschreitungen muss umso mehr in Frage gestellt werden, als unter den Erklärungen für den Ursprung der SARS CoV-2 Pandemie die Hypothese eines Laborlecks starke Argumente für sich hat und mittlerweile sogar von vielen Wissenschaftlern unterstützt wird. [6]
So viel Verwirrung in den Köpfen, so viel Uneinigkeit unter (Ex-)Freunden, so viel Traurigkeit und behindernde Affekte, so viel Paranoia – all das, was die gegenwärtige kollektive Stimmung bestimmt, könnte darauf zurückzuführen sein: die Angst vor einem neuen Sprung, das Gefühl, dass wir einen Sprung machen werden oder bereits gemacht haben – aber in welchen Abgrund?
Was auch immer die Wahrheit über die Ursprünge der Pandemie sein mag, die wir vielleicht nie erfahren werden, die Fragen zu diesem Thema haben eine unbestrittene und für die Zukunft bedrohliche Tatsache ans Licht gebracht: In vielen Labors auf der ganzen Welt werden Viren manipuliert, um sie, wenn schon nicht virulenter, so doch zumindest ansteckender zu machen – im Interesse der wissenschaftlichen Forschung und einer größeren Wirksamkeit künftiger Impfstoffe, versteht sich [7]. Bei dieser Gelegenheit stellt sich besonders dringlich die Frage, die man bei Technologien, die drohen, verrückt zu werden, wie der Atomkraft, der Vernetzung von Objekten (und ihrem 5G), der Nanotechnologie … hätte stellen können: Wann werden wir uns dazu entschließen, den Stecker dieser Dr. Frankensteins herauszuziehen?
Wir hätten also allen Grund, auf die Frage zu hören, die Fabrice Lamarck, ein Mitglied der Grothendieck-Gruppe, stellt [8]. In seinem Interview mit La Décroissance über Boten-RNA-Impfstoffe: „Welchen Sprung in der ‚Verzweckung‘ des Menschen – der Mensch wird wie eine lebende Maschine behandelt, die es zu verbessern gilt – haben wir mit diesen Impfstofftechnologien gemacht?“
So viel Verwirrung in den Köpfen, so viel Uneinigkeit unter (Ex-)Freunden, so viel Traurigkeit und behindernde Affekte, so viel Paranoia – all das, was die gegenwärtige kollektive Stimmung bestimmt, könnte darauf zurückzuführen sein: die Angst vor einem neuen Sprung, das Gefühl, dass wir einen Sprung machen werden oder bereits gemacht haben – aber in welchen Abgrund?
DIE WISSENSCHAFT UND WIR
Wir haben jedoch auch allen Grund, dem Wutausbruch eines befreundeten Krankenpflegers zu lauschen, dem ich das Interview mit Lamarck vorlas: „Ich möchte auf keinen Fall in Pathos verfallen, aber das Subjektive ist da, und ich werde es nicht unterdrücken: Wenn du alte Menschen gesehen hast, die einen Namen haben: Marthe, Francis, Suzanne, Mario, Huguette , Gilberte und so viele andere, wunderschöne, die nichts anderes wollten, als ihr Leben ruhig, gelassen und umgeben zu beenden, innerhalb von 24 Stunden gehen, in Leichensäcke verpackt, ohne Vorbereitung, ohne dass ihre Angehörigen sie auch nur ein letztes Mal sehen konnten, wenn du deine Kollegen, die Krankenschwestern und Pflegehelferinnen, gesehen hast, obwohl sie voller Erfahrung sind, und die die richtige professionelle „Distanz“ zum Tod halten können, dir in die Arme fielen und vor Verzweiflung weinten, als du mit ansehen musstest, wie das gesamte Pflegeteam vom Virus getroffen zu Boden ging und die wenigen noch gesunden Pflegerinnen 18 Stunden am Tag im Dienst blieben, als du mit ansehen musstest, wie ein Viertel der betreuten Personen innerhalb einer Woche an den vom Virus zerfressenen Lungen starb und es nur einen Monat dauerte, bis Impfstoffe zur Verfügung standen, … wenn der Typ, der dir von seinem konzeptionellen Olymp aus erklärt: ‘Das ist die Tür zur molekularen Veränderung des Mensche’, dann möchtest du ihm am liebsten zurufen: ‘halt die Klappe, du Arschloch! Du hast keine Ahnung, wovon du redest … !’ Ist das nicht blöd?“
Nein, es ist nicht blöd, und umso mehr, als es mit einer Kritik der Lamarckschen Behauptungen einhergeht, die sich als sehr nützlich erweisen kann, um die Fantasien zu zerstreuen, die mit diesem mRNA-Impfstoff verbunden sind, der häufig im Mittelpunkt der Anti-Vax-Argumente steht. „Das Schreckliche [nach Lamarck] sind also diese Impfstoffe mit modifizierter Boten-RNA, die in einen völlig künstlichen Vektor eingebettet sind“. Das Wort ist gefallen: „künstlich“, sicher im Gegensatz zu „natürlich“. Wir wollen nicht einmal erwähnen, dass sich viele künstliche Produkte als sehr nützlich erwiesen haben und dass viele natürliche Produkte äußerst schädlich sein können. Der Trick hier ist, Angst zu machen: Es ist „künstlich“! Das ist nicht gut!
Der fragliche Vektor ist ein Mikropartikel mit 4 Lipiden (darunter Cholesterin), 4 Salzen (Natrium- und Kaliumchloride, Natrium- und Kaliumdihydrogenphosphate), Zucker (Saccharose) und Wasser … (das ist fast Bio!) Nein, das muss einem Angst machen! Denn sie sagen uns, dass all das „seit Dezember 2020 massiv injiziert wird, ohne dass ausreichende klinische Tests zur Sicherheit und Wirksamkeit durchgeführt wurden“. Das ist natürlich falsch, die Tests der Phasen I, II und III haben stattgefunden, und wenn die Phase III fortgesetzt wird, dann um unerwartete Nebenwirkungen, die Dauer des Schutzes durch die Antikörperproduktion und das induzierte Immungedächtnis zu untersuchen und gegebenenfalls den Impfkalender für Auffrischungsimpfungen zu planen… Bis heute wurden fast 8 Milliarden Dosen Covid-Impfstoffe verabreicht, und fast 55% der Weltbevölkerung haben mindestens eine Dosis erhalten (davon nur 6% in armen Ländern). Noch nie in der Geschichte der Behandlungen und Impfstoffe hat es eine derartige Überwachung durch die Pharmakovigilanz gegeben.
Und vielleicht war es noch nie so wichtig, unser Verhältnis zur Wissenschaft im Allgemeinen und zur medizinischen Wissenschaft im Besonderen zu klären. Die Anti-Vax-Stimmung ist alt, insbesondere in Kreisen, in denen sich die Feinde des Kapitalismus in großer Zahl rekrutieren. Auch auf die Gefahr hin, viele Freunde oder Verbündete zu verärgern, sagen wir es ganz offen: Diese Stimmung beruht zum größten Teil auf unbegründeten Phantasien. Zwei Hauptvorwürfe haben lange Zeit die Ablehnung von Impfungen genährt und sind trotz aller Dementis im Zuge der Covid-Impfung wieder aufgetaucht: ihr Zusammenhang mit Autismus und Unfälle infolge des Aluminiumgehalts. Das erste Gerücht, das zunächst in Lancet veröffentlicht wurde, wurde später widerlegt und es stellte sich heraus, dass es sich bei demjenigen, der es in Umlauf gebracht hatte, um einen Betrüger handelte. Was das zweite Gerücht betrifft, so stimmt es zwar, dass einigen Impfstoffen Aluminium als Booster zugesetzt wurde und dass dieses Metall in einigen Fällen lokale Reaktionen an der Injektionsstelle ausgelöst hat, doch hat es nie zu schweren Unfällen geführt.
Bei vielen unserer Freunde und Verbündeten herrscht ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Wissenschaft im Allgemeinen und der Standard Medizin im Besonderen. Noch einmal: Wir wollen sagen, dass dieses Misstrauen viele legitime Gründe hat. Aber wir brauchen mehr als Honig-Tee, wenn wir ein kritisches Verhältnis zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen unserer Zeit aufbauen wollen – mit anderen Worten: zu der von der kapitalistischen Gesellschaft produzierten Wissenschaft.
Zwei Besonderheiten der Impfstoffe gegen Covid haben die Phantasien besonders beflügelt: die bis dahin tatsächlich noch nie dagewesene Geschwindigkeit, mit der sie entwickelt, zugelassen und auf den Markt gebracht wurden, und die Boten-RNA-Technik. Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg, der uns die industrielle Herstellung von Penicillin und die Atomkraft bescherte, ist eine Tatsache unumstritten: die Fähigkeit des Kapitalismus, die von ihm verursachten Katastrophen zu nutzen, um in Rekordzeit neue Techniken, die vor dem Kataklysmus im Entstehen begriffen waren, zu entwickeln und zur Massenproduktion zu bringen. Die Markteinführung eines Boten-RNA-Impfstoffs ist zwar eine Neuheit, aber diese Technik, an der seit 30 Jahren geforscht wurde, ist keine Innovation aus dem Nichts. Und wie INSERM berichtet: „Die über den Covid-Impfstoff injizierte RNA hat kein Risiko, unser Genom zu verändern oder an unsere Nachkommen weitergegeben zu werden, da sie in das Zytoplasma der Zellen eindringt, nicht aber in den Zellkern. Diese Tatsache wird durch 30 Jahre allgemeinere Laborforschung zu Nukleinsäureimpfstoffen bestätigt, die bestätigen, dass die RNA-Moleküle des Impfstoffs niemals in den Zellkern gelangen. In diesem Zellkern befindet sich jedoch unser genetisches Material. Selbst nach der Injektion des Impfstoffs enthalten die Zellkerne während der Zellteilung weiterhin nur unsere natürliche menschliche DNA. Außerdem ist die Injektion lokal und die Zellen, die die RNA, die für das Spike-Protein kodiert, aufnehmen, sind hauptsächlich Immunzellen: Auf keinen Fall gelangt die RNA zu den Zellen der Fortpflanzungsorgane (den Gonaden). Sie kann daher nicht von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Schließlich ist die injizierte fremde RNA instabil und bleibt daher nicht lange im Körper: Sie produziert gerade genug Spike-Protein, um das Immunsystem darauf zu trainieren, bei einer ‘natürlichen’ Infektion mit dem Virus zu reagieren, und wird dann eliminiert.“
Es gibt eine Pharmaindustrie, die kolossal und übermächtig ist. Sie reißt die Forschung an sich und privatisiert sie [10] und weitet ihren Griff auf die klinische Versorgung immer weiter aus. Was sie jährlich für Lobbying ausgibt, muss dem BIP einer Handvoll ganzer Länder entsprechen. Manchmal genügt es, ein Symptom zu einer Krankheit im DSMIV hinzuzufügen, um die Zielgruppe eines Medikaments um das Zehn- oder Hundertfache zu erhöhen und damit auch die Gewinne.
Wir werden uns jedoch hüten, den Begriff „Big Pharma“ zu übernehmen. Nicht nur, weil man ihn systematisch in Mündern mit sehr schlechtem Atem findet – ist das ein Zufall? – sondern weil es eine vereinfachte Sicht der Dinge vermittelt, mit denen wir es zu tun haben, und daher nicht in der Lage ist, die Komplexität, die Dynamik und die Mechanismen zu verstehen. „Big Pharma” ist im Zeitalter der biopolitischen Regierungen das, was der Mythos der zweihundert Familien im 19. Jahrhiundert war. Es gibt ebenso wenig eine geheime Weltregierung wie “Big Pharma”. Was wir vor uns haben, ist eine Koalition von Interessen, die innerhalb einer von ihnen und für sie organisierten Weltordnung und sozialen Organisation operieren und gedeihen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass das INSERM, wie alle staatlichen Strukturen, nicht vor der allgemeinen Lobbyarbeit der großen Pharmaunternehmen und dem Einfluss einzelner Pharmaunternehmen sicher ist. Aber gerade weil es sich um eine Koalition von Einzelinteressen und nicht um ein monolithisches Gebilde handelt, kann man damit rechnen, dass es innerhalb des Instituts Widersprüche gibt. Kann man sich vorstellen, dass Johnson&Johnson und Astrazeneca, die Konkurrenten ohne ARN, ihren Rivalen eine intensive Lobbykampagne ersparen würden, um die Bevölkerung zu verängstigen und den gesamten Markt zurückzuerobern, wenn es auch nur den geringsten Verdacht auf schädliche Nebenwirkungen bei ARN gäbe? Und wie ist es unter der allmächtigen Herrschaft von „Big Pharma“ und der schon etwas älteren „Neuen Weltordnung“ zu erklären, dass sich die gesundheitlichen, ideologischen und politischen Strategien von den USA bis Frankreich, von Israel bis Brasilien, von Schweden bis China so radikal unterschieden haben?
Die Covid-Krise hat gezeigt, dass Regierende von ihren Bürgern im Namen ihres biologischen Überlebens große Opfer verlangen können. Selbst die Kommunistische Partei Chinas würde trotz ihrer beispiellosen Fähigkeit, ihrer Bevölkerung die Wahrheit aufzuzwingen, nicht riskieren, einen Impfstoff im eigenen Land zu verbreiten, geschweige denn in der übrigen Welt zu verbreiten, wenn sie wüsste, dass er schwere Nebenwirkungen haben könnte.
Die Wahrheit ist gleichzeitig viel einfacher und komplexer. Angesichts der Pandemie, der Tiefe dessen, was sie in Frage stellte, und der Gefahr, die sie plötzlich für die Weltwirtschaft bedeutete, gerieten die Regierenden in Panik. Und genau das, was ihre Lügen Litaneien überdecken sollten, mussten sie, da ihre gesamte Macht auf ihrem Anspruch beruht, zu managen und vorausschauend zu handeln, zumindest anfangs zusammenbasteln. Nicht um Leben zu retten, sondern um ihre Welt der Wirtschaft zu bewahren. Gerade als die Regierungsapparate aller größeren Weltmächte ihre größte Legitimationskrise durchlebten, wollten manche darin eine Verschwörung gegen ihre Allmacht sehen. Der Verschwörungstheoretiker liebt Verschwörungen, er braucht sie, denn sonst müsste er Verantwortung übernehmen, mit der Ohnmacht brechen, die Welt als das betrachten, was sie ist, und sich organisieren.
SOLLTE MAN AN DIE WISSENSCHAFT GLAUBEN ODER DOCH LIEBER AN RENARD BUTÉ?
Kennen Sie Renard Buté? Angesichts der 10.000 bis 12.000 Aufrufe, die seine Videos auf YouTube sammeln, seiner 3300 Abonnenten auf Odysee und 8800 auf Facebook ist diese Figur ein Influencer unter vielen in der Anti-Vax-Sphäre. Sein Video mit dem Titel „Widerstand“ wurde von YouTube gelöscht, bleibt aber auf Odysee zugänglich. Andere Videos von ihm sind weiterhin auf YT verfügbar, darunter eines, das die große Lüge von den 25.000 Toten durch die Impfung aufgreift. In seinen Produktionen marschieren die Anti-Impf-Gurus Perronne, Fouché, Henrion-Caude, Velot und De Lorgeril auf, die immer wieder dieselben Argumente und Lügen, Verdrehungen und verzerrten Informationen wiederholen, manche (Fouché) mit völlig zutreffenden Überlegungen zur biopolitischen Nutzung des Gesundheitspasses – so wie Trumpisten manchmal genau ins Schwarze treffen, wenn sie die Koalition zwischen Big Tech und den Demokraten anprangern – Die Stärke dieser Leute liegt auch darin, dass sie in dem, was sie erzählen, etwas haben, das Wu Ming als „Kern der Wahrheit“ bezeichnet hat.
Panik dient immer der Macht und den falschen Propheten. In dieser Hinsicht ist das, was wir in den letzten zwei Jahren bis hin zu den sogenannten revolutionären Kräften erlebt haben, erschütternd. Als Reaktion auf die allgemeine und legitime Unsicherheit, die verwirrenden Bedingungen und die neue Situation, also auf eine offene Situation, haben sich tonnenweise verkniffene und überspielte Gewissheiten angesammelt. Alle Polarisierungen der bereits ausgebluteten politischen Milieus wurden in einer noch karikaturistischeren und autistischeren Version ihrer selbst wieder mobilisiert. Man sah Linke, die eine Impfpflicht für Impfverweigerer forderten, Verächter der Biopolitik, die den Direktor einer Universitätsklinik mit Zähnen und Klauen unterstützten, Humanisten, die Anti-Pass-Demonstranten als Untermenschen beschimpften, und Philosophen, die für ihre Weitsicht bekannt waren, die Suppe der erstbesten Scharlatane auslöffeln. Auf die allgemeine Unsicherheit reagierten einige mit einer Politik des Ausweichens. Als sie der ersten Platane ausweichen wollten, fuhren sie in die gegenüberliegende Mauer.
In dem Video „La Résistance“, dessen Titel ohne Scham mit Bildern aus dem Zweiten Weltkrieg, dem Chansons des Partisans zu Beginn und Bella Ciao am Ende illustriert wird, marschieren die oben genannten Anti-Vax-Gurus auf. Renard Buté nennt den Feind im typischen QAnon-Vokabular: Es ist der „tiefe Staat“ und die „Geheimgesellschaften“, er sagt uns, dass der Impfstoff tötet, dass ein Völkermord im Gange ist und dass wir uns mit allen möglichen Mitteln dagegen wehren müssen. Das Video scheint die verschiedenen Anti-Ax-Kapellen von Réinfocovid bis CNTf (eine wahnwitzige Organisation, die Islamophobie, die Forderung nach einem garantierten Einkommen und Permakultur vermischt und für die Rückführung der französischen Truppen eintritt, um … die Grenzen gegen die „Migrationskrise“ und die Vorstädte zu bewachen) vereinen zu wollen, und nach einem Aufruf zur Verbrüderung mit der Armee und der Polizei (ein Lieblingsthema des CNTf) mündet es in einen weiteren Aufruf … zur Gründung einer neuen Bank, die sich in den Händen des Volkes befinden soll. All dies vermischt sich mit Themen, die in den Augen radikaler Gegner des Kapitalismus relevant erscheinen mögen: Autonomie als Lebensprojekt, die Art und Weise, sich zu organisieren und weniger kontrollierbare Demonstrationen abzuhalten, direkte Demokratie … alles Themen und Forderungen, die aus befreundeten Mündern oder sogar aus unseren Mündern kommen könnten. Dass diese Art von Salmigondis ziemlich viele Leute trifft, die Verbündete sein könnten, und dass enge Freunde eventuell Nachsicht mit dieser Art von verrücktem Fuchs haben könnten, scheint uns ein Zeichen für das Ausmaß der Erschütterung zu sein, die die Covid-Krise in den Gehirnen ausgelöst hat.
Panik dient immer der Macht und den falschen Propheten. In dieser Hinsicht ist das, was wir in den letzten zwei Jahren bis hin zu den sogenannten revolutionären Kräften erlebt haben, erschütternd. Als Reaktion auf die allgemeine und legitime Unsicherheit, die verwirrenden Bedingungen und die neue Situation, also auf eine offene Situation, haben sich tonnenweise verkniffene und überspielte Gewissheiten angesammelt. Alle Polarisierungen der bereits ausgebluteten politischen Milieus wurden in einer noch karikaturistischeren und autistischeren Version ihrer selbst wieder mobilisiert. Man sah Linke, die eine Impfpflicht für Impfverweigerer forderten, Verächter der Biopolitik, die den Direktor einer Universitätsklinik mit Zähnen und Klauen unterstützten, Humanisten, die Anti-Pass-Demonstranten als Untermenschen beschimpften, und Philosophen, die für ihre Weitsicht bekannt waren, die Suppe der erstbesten Scharlatane auslöffeln. Auf die allgemeine Unsicherheit reagierten einige mit einer Politik des Ausweichens. Als sie der ersten Platane ausweichen wollten, fuhren sie in die gegenüberliegende Mauer.
DIE ANGST, DIE ANGST, DIE ANGST…
Unter den Grabenkämpfen, die in den letzten Monaten in den sozialen Netzwerken stattfanden, drehten sich diejenigen, die sicherlich die meisten Zeigefingerverrenkungen verursacht haben, um die Demonstrationen gegen den Gesundheitspass und/oder Impfungen. Handelt es sich um einen spontanen und populären Ausbruch aufrichtiger Bürger, die diese Maßnahme der sozialen Kontrolle ablehnen (alle hatten die Gelbwesten im Kopf), oder hatten wir es mit protofaschistischen, antisemitischen, homophoben und illuminierten Verschwörungstheoretikern zu tun (alle hatten die ‘Demo für alle’ im Kopf)? Wie immer, wenn sie sich von den Ereignissen überfordert fühlt, was häufig vorkommt, hat sich „die Linke“ vor allem darauf konzentriert, gute und schlechte Punkte zu verteilen. Kästchen, schnell und um jeden Preis, damit man den Pöbel hineinsteckt und die moralische Bequemlichkeit, mit der man den Leichnam schon so lange einbalsamiert, schnell wiedererlangen kann.
Die einen sahen Horden von Mini-Bolsonaros, die eine gefakte persönliche Freiheit einforderten, die darin besteht, an alles und jedes zu glauben und sich einen Dreck um die Leichenberge in den Krankenhäusern zu scheren. Die anderen sahen darin einen gesunden Widerwillen gegen biopolitische Kontrolle und abwegige Gesundheitsrationalität, die in erster Linie für die fragliche Epidemie verantwortlich waren. Seltsamerweise schien sich niemand vorzustellen, dass diese Demonstrationen all das zugleich sein und je nach Zeitpunkt und vor allem je nach Stadt, in der sie stattfanden, sehr heterogene Tendenzen enthalten konnten.
Zugegeben, sobald man diese „Bewegung“ als komplex, widersprüchlich” und „schmutzig“ bezeichnet hatte, wurde nicht mehr viel darüber gesagt. Einige Leser reagierten sehr heftig auf die Veröffentlichung eines Artikels auf Lundi Matin über Louis Fouché, einen Arzt und Intensivmediziner aus Marseille, der Didier Raoult, einen Kolibristen und die Hauptfigur der Reinfo-Covid-Bewegung, die in Anti-Ax-Kreisen sehr beliebt ist, unterstützt. Der fragliche Artikel, der einen etwas ermüdenden denunziatorischen Ton anschlug, zählte jedoch lediglich die sehr zahlreichen Verbindungen des fraglichen Fouché mit allen möglichen Figuren der französischen extremen Rechten auf. Indem er seine „naive“ und daher sympathische Ablehnung der Biopolitik auf die alten Trennlinien der klassischen Politik zurückführte, machte sich Lundi Matin zum Komplizen der biopolitischen Gouvernementalität und der Gesundheitsdiktatur…
In diesem Punkt zeichnet sich eine echte Meinungsverschiedenheit ab. Nicht prinzipiell, im Namen eines abstrakten und ideologischen Antifaschismus, der nicht in der Lage ist, wahrzunehmen, was die Menschen bewegt; wir erinnern uns noch gut an all jene, die wochenlang schrien, dass die Gelbwesten rechtsextrem seien, bevor sie diskret ihren Hut herunterschluckten. Die Meinungsverschiedenheit bezieht sich auf die ethische Textur dessen, was diese Bewegung zusammenhält.
In unserer sehr hegelianischen Tradition der Ultralinken neigt man dazu, davon auszugehen, dass alles Negative von Natur aus gut ist. Als ob durch die Magie der Geschichte die Infragestellung der Ordnung der Dinge automatisch und mechanisch die menschliche Gemeinschaft hervorbringen würde, die zu einem höheren Regime der Freiheit bereit ist.
Wenn man sich jedoch mit dem Nebel der Impfgegner beschäftigt, d. h. mit den Influencern und Sprechern, die in den sozialen Netzwerken die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die Äußerungen und Versammlungen organisieren und aggregieren, stellt man fest, dass die überwältigende Mehrheit seit vielen Jahren in der dümmsten und ranzigsten extremen Rechten gebadet hat. Pensionierte Militärs, wöchentliche Gäste bei Radio Courtoisie, Lobbyisten gegen feministische Gewalt (ja, ja…) – man muss nur eine Stunde damit verbringen, diese selbsternannten Sprecher zu „googlen“, um eine ziemlich genaue Vorstellung davon zu bekommen, in welchen Kreisen sie sich tummeln. Sicherlich könnte man großmütig sein und versuchen, sich vorzustellen, dass die Covid-Epidemie solche Abschaum in großzügige revolutionäre Genossen verwandelt hat, aber wie kann man sich erklären, dass die einzigen Resonanzkörper, die ihre alternativen Theorien über das Virus und die Epidemie finden, Egalité et Réconciliation, Sud Radio, France Soir, Florian Phillipot, und so weiter und so weiter sind? Wenn man sich über formale Aussagen einigen kann, stößt man sehr schnell auf einen grundlegenden, d. h. ethischen Punkt: die Art und Weise, wie man von einer Situation betroffen ist, und die Art und Weise, wie man sich in ihr bewegt. In diesem Fall ist das, was all diese Anti-Macron-„Rebellen“ so kompatibel mit dem faschistischen Mief macht, der paranoide Affekt der Angst, den sie mit sich herumtragen und verbreiten und der – wenig überraschend – mit einer langen antisemitischen, fremdenfeindlichen usw. Tradition absolut in Einklang steht.
Und hier ist ein enormer qualitativer Unterschied zur Gelbwesten-Bewegung festzustellen. Diese gingen von einer erprobten und geteilten Wahrheit aus: ihrer materiellen Realität, die als Demütigung erlebt wurde. Indem sie sich in den sozialen Netzwerken und später auf der Straße zusammenfanden, konnten sie dieses Gefühl der Scham in Stärke und Mut umwandeln. Das Herzstück der Anti-Vax-Bewegung ist ein ganz anderer emotionaler Ursprung, nämlich die Angst, die sich über Monate hinweg verbreitet hat. Die Angst, sich anzustecken, die Angst, krank zu werden, die Angst, nichts mehr zu verstehen; dass sich diese Angst vor dem Virus in Angst vor der Welt und dann vor dem Impfstoff verwandelt, ist letztlich nicht überraschend [11].
Aber wir müssen diesen besonderen Affekt und die Art und Weise, wie sie Körper und Geist dirigiert, ernst nehmen. Man orientiert sich nicht an der Angst, man flieht vor einer entgegengesetzten und vermeintlichen Gefahr, auch auf die Gefahr hin, dem nächsten Scharlatan oder selbsternannten Retter in die Arme zu fallen. Man braucht sich nur die drei wichtigsten alternativen Vorschläge anzusehen, die die Anti-Ax-Galaxie vereinen: Didier Raoult und Hydroxychloroquin, Louis Fouché und die Stärkung des Immunsystems, Ivermectin und der angebliche Skandal um seine präventive Wirksamkeit. Die Gemeinsamkeit dieser drei Varianten und der Grund für die Begeisterung, die sie hervorrufen, ist, dass sie versprechen, dem Virus zu entkommen oder davon zu heilen. Alle sagen genau das Gleiche: „Wenn ihr an mich glaubt, werdet ihr nicht krank, ich werde euch heilen, ihr werdet überleben.“ Wort für Wort das biopolitische Wort der Regierung, in seinem Moll.
Die Gesundheitspolitik der Regierung und ihre Opposition entspringen denselben inneren Triebfedern und rufen genau dieselben Legitimationslogiken auf den Plan. Es ist kein Zufall, dass – Francis Lalanne beiseite gelassen – die wichtigsten Figuren der Anti-Vax-Bewegung Wissenschaftler sind oder sich als Experten ausgeben. Provax und Anti-Vax, Verschwörungstheoretiker und Antikomplotisten – diese Kopplungen bilden ein System und suspendieren die doch entscheidende Frage nach einem gemeinsamen und kommunistischen Verhältnis zur Gesundheit, nach einem Ausweg aus der Biopolitik.
Weil die Macht noch nie so technokratisch, bleich und unmenschlich war, haben manche Menschen ein offenes Ohr für die ersten Scharlatane, die ihnen das Lied vom „Lebendigen“ vorsingen. Aber die Spirale ist bösartig und wenn man einmal auf einen Schwindel hereingefallen ist, nur weil er vorgibt, sich gegen die Regierung zu stellen, hat man keine andere Wahl mehr, als sich darin zu verfangen und daran zu glauben. In einer Diskussion an einem Lundi Matin Abend (regelmäßige öffentliche Diskussionsrunden der Zeitung, d.Ü.) machte jemand aus dem Publikum ein paar unfeine Witze über Anti-Vaxler, die an Steinen lecken, um sich von Krebs zu heilen, was offenbar einige Empfindlichkeiten hervorrief. Das Problem in diesem Fall ist, dass der Witz nur in seiner sicherlich missbräuchlichen Verallgemeinerung karikaturistisch war. Es ist nicht weniger wahr, dass Olivier Soulier, Mitbegründer von Réinfocovid, versichert, Autismus und Multiple Sklerose mit Meditationskursen und Homöopathie zu heilen, und dass dasselbe Netzwerk unglücklichen reuigen Impfgegnern Heilmittel auf Kohlebasis zur „Ent-Impfung“ anbietet.
Ein anderer Name, ein anderer Star: Jean-Dominique Michel, der als einer der größten Gesundheitsexperten der Welt bezeichnet wird und sich ab April 2020 mit zwei Videos auf YouTube ins Rampenlicht katapultiert, in denen er die Bedeutung und Schwere der Epidemie relativiert, Raoult und sein Elixier unterstützt und die kommende Gesundheitsdiktatur anprangert. Er ist Neurocoach, der Neurowisdom 101-Sitzungen verkauft, und Ehrenmitglied der Zeitschrift Inexploré, die versichert, Krebs zu heilen, indem man reines Wasser aus einer der 2000 wundersamen Quellen trinkt, in denen die Geister der Toten regelmäßig auftauchen, um die Krankheit abzuwehren. Inzwischen wurde bekannt, dass er keinen der angeblichen Abschlüsse besitzt und bis dahin im Schweizer Fernsehen durch seine Expertise in Sachen Fußball und Panini-Sammelkarten aufgefallen war. Seine „Expertisen“ wurden von Millionen von Menschen, darunter auch Freunden, geteilt und er ist nun im unabhängigen wissenschaftlichen Rat tätig, dem Rückgrat von Réinfocovid, der ersten Informationsquelle der Anti-Vax-Bewegung. Diese Beispiele könnten lustig und kitschig klingen, wenn sie isoliert wären, aber das sind sie nicht.
Es geht hier nicht darum, schlechte Punkte zu verteilen, sondern zu akzeptieren, dass Affekte nicht neutral sind. Angst ist nicht kommunistisch, sie weckt das Misstrauen aller gegenüber allen und bereitet die Reaktion vor. Das ist übrigens der Punkt, von dem wir ausgehen müssen, von dem, was uns verbindet, statt von dem, was uns erstarren lässt.
Historisch gesehen bestand die Strenge, Korrektheit und politische Aufrichtigkeit unserer Partei – und das, was ihr Fortbestehen ausmacht – darin, dass sie sich immer geweigert hat, sich mit Lügnern und Manipulatoren jeglicher Couleur einzulassen, dass sie an einer bestimmten Vorstellung von Wahrheit festgehalten hat, gegen alle entlarvenden Lügen und gegen alle entlarvenden Lügen. Dass das Chaos der Zeit uns verwirrt, ist eine Sache, dass es rechtfertigt, dass wir jegliche Orientierung verlieren und uns kopfüber in Bündnisse der Umstände stürzen, eine andere. Es gibt keinen Grund, gegenüber der Macht nachgiebiger zu sein als gegenüber ihren falschen Kritikern.
WAS SOLLEN WIR MIT DER WISSENSCHAFT MACHEN?
Wir, die wir weder den Gesundheitsdespotismus einer Regierung wollen, die die Beschränkungen unserer Freiheiten im Verteidigungsrat verordnet (d. h. genau in der Form des Antiterror-Notstands), noch die digital gedopten Wahnvorstellungen der Anti-Vax-Aktivisten, müssen uns die Frage stellen: Was sollen wir mit der Wissenschaft und insbesondere mit der medizinischen Wissenschaft machen? Um diese Frage zu beantworten, wird man sicherlich nicht auf die Kritik an der Technowissenschaft verzichten können, wie sie sich seit den 1970er Jahren mit Ellul, Charbonneau, Castoriadis, Illich… entwickelt hat.
Es gibt zwar durchaus wissenschaftliches Wissen, aber es gibt nicht „die Wissenschaft“ als rationale, objektive und homogene Argumentationsweise. Die Wissenschaft und darüber hinaus der fortgeschrittene Kapitalismus sind Teil einer bestimmten Vorstellung von der Welt und dem Leben. Durch die Instrumentalisierung der Wissenschaft gestalten die technisch-produktiven Kräfte unseren Alltag in Echtzeit neu.
Wir werden nicht so schnell vergessen, dass es gerade die Vermessung der Welt, ihre spezifisch wissenschaftliche Kompartimentierung, ihre Objektivierung jedes einzelnen Elements der Welt war, die uns schließlich zu Dingen gemacht hat, die zur Verwaltung bereitstehen. Denn genau an dieser Stelle stecken wir fest: Erfindungsreichtum, Forschung, Pflege, Experimente – all diese Merkmale der lebendigen Welt – wurden von der Welt der Wirtschaft kolonisiert, überrollt, neu konfiguriert und kalibriert. Für alles, was nicht in dieses Raster passt, für alle Versuche, eine andere Beziehung zur Welt herzustellen, hat man eine „Alternative“ gelassen: Kirschstängel gegen Krebs, Meditation, um die Arbeitskollegen zu ertragen, fluoreszierende UFOs, um weiterhin die Sterne zu betrachten. Es gibt einen ganzen Markt, lukrativ und emotional, der bereit ist, diejenigen aufzunehmen, die die Entzauberung der Welt ausbluten lässt.
Die Dominanz einer zunehmend autonomen technischen Entwicklung innerhalb der Wissenschaften, die technische Hybris, technokratische Arroganz und kurzfristige Rentabilität vereint, hat vielleicht ihre spektakulärste Illustration seit der Atombombe in einem Labor in Wuhan gefunden – ein amerikanisch-chinesisches Joint Venture, zu dem Frankreich einen kleinen Beitrag geleistet hat. Wir wissen, dass die wissenschaftliche Beziehung zur Welt nicht von ihren Produktionsbedingungen – den kapitalistischen, um es kurz zu machen – zu trennen ist. Wir wissen, dass andere Wege der Erkenntnis möglich sind, die das Imaginäre stärker ins Spiel bringen [12].
Aber nur weil „die Wissenschaft“ sich in ständiger Spannung zur Macht entwickelt und die technische und produktive Herrschaft nährt, heißt das nicht, dass dies ihre Fähigkeit zur Verifikation auslöscht. Sie ist nur einer von vielen Zugängen zur Wirklichkeit.
Genauso wie man gegen Atomkraft sein kann, sich bewusst ist, dass die Elektrizität in Frankreich zu 74% aus Atomkraft besteht, und trotzdem Strom nutzt, kann man sich der Verzerrungen bewusst sein, die das medizinische Wissen beeinflussen [13] und der Ansicht sein, dass es nicht unwürdig ist, bei Krebs nicht wie Illich zu sterben, sondern sich, wie es bei einem der Unterzeichner der Fall war, mit Hilfe eines High-Tech-Roboters operieren zu lassen. Bis wir eine andere Gesellschaft aufbauen, die möglichst vielen Menschen eine echte Kontrolle über die Produktion von Wissen gibt, sind wir dazu verurteilt, unser kritisches Verhältnis zum instituierten Wissen zu pflegen und zu gestalten. Dabei können wir uns von einigen Ideen leiten lassen, die sich in emanzipatorischen Kämpfen bewährt haben. Zum Beispiel diese: Überall, wo es instituierte Mächte gibt, gibt es Verschwörungen, Verschwörungen haben noch nie Geschichte gemacht, und sie erklären nie das Wesentliche dessen, was in einer Epoche gespielt wird.
DIE WIRKLICH GROSSE VERSCHWÖRUNG
Ja, Verschwörungsfreund, du hast Recht: Von der Ankündigung der Covid-Epidemie bis zu ihrer Ankunft in Frankreich im Frühjahr 2020 und dann während der gesamten Zeit ihres Managements gab es tatsächlich eine große Verschwörung. Nur dass es nicht die ist, die du dir ausdenkst, und dass sie in Wirklichkeit nichts Neues war: Die große Verschwörung fand öffentlich vor unseren Augen statt, seit, sagen wir, fünf Jahrhunderten. Wir machen uns hier die Definition zu eigen, die Jacques Fradin in seinem ausgezeichneten Artikel so beschrieben hat:
“Die Virusepidemie (von 2020) ist die Folge der wirtschaftlichen Überschwemmung, Kolonisierung, Raubbau, Extraktion, Ausbeutung, Konsum, Erleichterungen, Bequemlichkeit. Nun ist diese Überschwemmung das Ergebnis einer „Verschwörung“, der Verschwörung der Ökonomen, von der Sekte bis zur Kirche, von den räuberischen extraktivistischen Unternehmen bis zu den Finanzen der contrôle général, einer Verschwörung zur Einführung des „wirtschaftlichen Totalitarismus“, einer Verschwörung, um den erregten und wackeligen Kapitalismus „zur Idee“ zu bringen, einer Verschwörung, um einen erratischen und katastrophalen Pfad, den des Kolonialkapitalismus der kahlgeschlagenen Erde, reflexiv (und spirituell) zu gestalten. Verschwörung, um aus dem Kapitalismus der Vandalen die Wirtschaft im Dienste der Menschheit zu machen. Die invasive Epidemie wird also durch eine Verschwörung ‘verursacht’, durch einen ‘Hauch’, den der Ökonomisierung, die Wirtschaft muss entwickelt werden, durch die Förderung der ‘Idee des Kapitalismus’, der Spiritualisierung einer historischen Bewegung, die sich ihrer selbst nicht bewusst ist und die ohne diese Spiritualisierung ein einfacher Piratenhafen geblieben wäre.”
Die Regierung hat gut gelogen, über die Masken, über die Risiken, über die zu ergreifenden Maßnahmen und ihre zahllosen Ausnahmen. Sie hat manövriert, im Geheimen beraten, abwegige Gesundheitsmaßnahmen durchgesetzt und eine Kriegspolitik gegen die eigene Bevölkerung betrieben. Nur dass sie das alles zum eigenen Wohl tat. Das Wohl der Regierenden und der Regierten. Was die Virusepidemie ans Licht gebracht hat, ist nicht die Existenz einer oder mehrerer Verschwörungen, sondern die Verschwörung des Kapitalismus, der Wirtschaft. Der gemeinsame und religiöse Atem einer Weltordnung, die keine andere Logik als die ihre duldet, keine Existenz, die von ihrem Glauben abweicht. Sicherlich gab es unterschiedliche Strategien, Macrons Keynesianismus, Bolsonaros Libertarismus, Chinas totalitäre Kontrolle. Aber überall ging es darum, auf denselben Imperativ zu reagieren: Wie kann man den Menschenbestand bewahren oder erhalten? Wie kann man sicherstellen, dass er gefügig bleibt und seine Produktivität bewahrt wird?
Die Linke und die zahlreichen Verschwörungstheorien konnten noch so sehr ihre Partituren spielen und sich hysterisieren (wobei die männliche Hysterie die schlimmste ist, da sind wir uns einig), indem sie eine Lüge oder einen Widerspruch anprangerten – die Regierung, die für die einen nie genug tat, tat für die anderen immer zu viel -, man muss feststellen, dass ihre Politik im Wesentlichen von einer blendenden Kohärenz geprägt war. Jede Entscheidung, die oberflächlich betrachtet widersprüchlich erscheinen mochte, jedes mehr oder weniger verlogene Wort war Teil ein und derselben Logik, die sich in zwei Befehlen zusammenfassen lässt: dass die Körper am Arbeitsplatz bleiben oder für die Wiederaufnahme der Arbeit zur Verfügung stehen, dass die Unsicherheit nicht in eine Glaubenskrise an die Wirtschaftsordnung mündet. Je nach Zeitpunkt und Ziel musste man beruhigen und Angst machen, schützen und dem Risiko aussetzen. Mehr als je zuvor fiel die Macht mit der Wirtschaft zusammen, sie passte sich den Orten, Körpern und Köpfen an, nutzte Gelegenheiten und verstand es, sich schnell und fließend neu zu organisieren.
Dass bestimmte Teile des Kapitalismus die Krise ausgenutzt haben, um ihren Einfluss zu festigen oder zu beschleunigen, ist offensichtlich. Die Dominanz der GAFAM und die damit einhergehende Neugestaltung unseres Lebens werden sogar in den Nachrichten von France 2 thematisiert. Wenn die Besonderheit des Verschwörungstheoretikers darin besteht, dass es ihm nie gelungen ist, auch nur zufällig eine Verschwörung aufzudecken, dann stellt er sich eine lächerliche und veraltete Form der Macht vor. Es ist übrigens weniger ein falscher Glaube als eine Methode, die zum Scheitern verurteilt ist. Das Besondere an der heutigen Macht ist, dass sie sich so weit ausgedehnt, vertieft und verstreut hat, dass sie nicht unerreichbar erscheint – sie klebt uns am Hintern -, sondern schwer fassbar. Der neurotische Versuch, die bösartigen Absichten bösartiger Subjekte aufzuspüren, ist nur eine Bestätigung unserer Ohnmacht, eine andere Realität hervorzubringen als die, die uns umklammert und in der wir ersticken. Die Flut steigt und man bemüht sich hartnäckig, eine bestimmte Welle anzuprangern.
Alle Mächte verschwören sich, das ist ihr Markenzeichen. Aber wenn man zum Regieren lügen, verbergen und bestimmte geheime Manöver bis zum Ende durchziehen muss, dann muss man von den Regierten genau das Gegenteil verlangen: Transparenz, offene Gesichter, erklärte Interessen, kalkuliertes und berechenbares Verhalten. Macron entscheidet über Gesundheitsmaßnahmen in der geschlossenen Sitzung seines Verteidigungsrates, während wir unseren Impfpass und unsere Identität überprüfen lassen müssen, um einen Kaffee trinken zu gehen.
Der Anti-Complotist begeht grundsätzlich denselben Fehler. Er spürt den falschen Schritt des Verschwörungstheoretikers auf, seinen Fehler, seine Lüge. Er versucht zu beweisen, was an dessen Argumentation psychologisch falsch ist. Für beide gilt: „Man tut es nicht“. Für beide ist das Gefühl der Ohnmacht angesichts des Zusammenbruchs der Welt ein billiger Trost: „Ich weiß etwas, was du nicht weißt“. Der Verschwörungstheoretiker denunziert den schlechten Herrscher, der Anti Komplotist den schlechten Beherrschten.
Alle Mächte verschwören sich, das ist ihr Markenzeichen. Aber wenn man zum Regieren lügen, verbergen und bestimmte geheime Manöver bis zum Ende durchziehen muss, dann muss man von den Regierten genau das Gegenteil verlangen: Transparenz, offene Gesichter, erklärte Interessen, kalkuliertes und berechenbares Verhalten. Macron entscheidet über Gesundheitsmaßnahmen in der geschlossenen Sitzung seines Verteidigungsrates, während wir unseren Impfpass und unsere Identität überprüfen lassen müssen, um einen Kaffee trinken zu gehen.
Die politischen und intellektuellen Eliten hassen den Verschwörungstheoretiker nicht deshalb so sehr, weil er die Gesundheit seiner Mitbürger durch Fehlinformationen oder Egoismus gefährden würde, sondern weil er nicht mehr an die demokratische Fiktion glaubt. Das ist übrigens der Grund, warum uns der Verschwörungstheoretiker berührt: Er will denjenigen, die ihn regieren, nicht mehr glauben, er kann es nicht einmal mehr, selbst wenn er alles andere glauben würde. Seine Gedanken werden mysteriös, seine Netzwerke undurchsichtig, er ist nicht mehr der homo oeconomicus, der seine Affekte, Ideen und Handlungen einzig und allein mit dem Ziel verwaltet, seinen Wert und damit seine Gewinne auf dem großen Markt des sozialen Lebens zu maximieren. Daher gibt es nur noch zwei Möglichkeiten für diejenigen, die unvernünftig sind: sie mit Gewalt und Zwang auf den rechten Weg zu bringen oder sie als abschreckende Figur zu benutzen, um andere besser regieren zu können. Macron ist sich selbst treu geblieben und hat sich für das „en-même temps“ entschieden.
GENAU AN DIESER STELLE HABEN WIR BEGONNEN, DAS SPIEL ZU VERLIEREN
Der Feind, letztendlich, sind niemals Menschen und ihre Machenschaften, denn alle, Regierende und Regierte, sind in sozialen Beziehungen gefangen, die sie, je nach ihrem Platz in der Hierarchie der Herrschaft, nutzen, denen aber letztendlich alle dienen. Der ultimative Feind ist ein gesellschaftliches Verhältnis, die Ausbeutung: Ausbeutung des Menschen durch den Menschen – oder vielmehr der Menschen, insbesondere der menschlichen, durch andere Menschen, und die Ausbeutung des Nicht-Menschlichen (der „Natur“) durch die Menschen.
Seit mindestens 40 Jahren, so wurde oft festgestellt, bieten die verschiedenen Formen von „Krisen“, mit denen wir konfrontiert sind, den Regierungen Gelegenheiten für Neu Konfigurationen und Raffinessen. Der Kapitalismus versteht es in seiner Plastizität perfekt, sich anzupassen und die verschiedenen systemischen Anomalien zu verdauen, unabhängig davon, ob er sie verursacht oder zunächst erleidet. Es ist kein Zufall, dass ihre derzeit fortschrittlichsten und raffiniertesten Formen das Management und die Kybernetik sind (die natürlich ihre früheren Formen der brutalen Aneignung, der kolonialen Zerstörung und der 50 Schattierungen der Ausbeutung nicht ausschließen). Das Neue an dieser „Covid-Krise“ war jedoch nicht nur ihr globales Ausmaß, ihre schnelle Ausbreitung und das Ausmaß des Risikos, das plötzlich Milliarden von Menschen betraf. Was wir zugegebenermaßen mit ansehen mussten, war, dass der gesamte globale Regierungsapparat zur gleichen Zeit ins Wanken geriet. Nicht wegen seiner momentanen Schwierigkeiten, die Situation zu bewältigen, sondern wegen der Tiefe der Wahrheit, die das Sars-Cov2 enthielt: Die gesamte Organisation des Kapitalismus, der Wirtschaft und des Regierungssystems, auf der unsere Existenz und unser Überleben beruhen, ist auf der Ebene der Spezies Selbstmord. Jeder erinnert sich an Emmanuel Macrons erste Ansprache und seine zahlreichen Kriegserklärungen an einen unsichtbaren Feind. Der Grund, warum man sich nicht so sehr darüber lustig gemacht hat, ist, dass wir alle verstanden haben, dass dieser Krieg nur gegen uns selbst geführt werden kann. In der gleichen Erklärung, die vergessen wurde, musste der Staatschef selbst zugeben, dass dieses winzige Virus unsere gesamte westliche und kapitalistische Lebens- und Produktionsweise in Frage stellte.
Genau hier liegt also das eigentliche Ereignis dieser Syndemie. Nicht in den Kontrollmechanismen, die ausgebaut und perfektioniert wurden, nicht in der gesundheitlichen und disziplinarischen Bevormundung von Milliarden von Menschen – all das sind Kontinuitäten und Neugründungen -, sondern in dieser erschütternden, absetzenden und ersten Wahrheit: Die Welt, d. h. diese Welt, muss demontiert werden.
Als die Regierung ihre Panik und ihre Unfähigkeit, ihre grundlegende und spirituelle Funktion, nämlich vorausschauend zu handeln, so mühsam kaschierte, hörte man einige Linke und sogar Anarchisten gackern: Wenn das alles passiert, dann haben sie es so gewollt oder beschlossen. Es ist eine grausame Ironie, dass der Staat selbst dann, wenn er sich in einer schwierigen Lage befindet und nur mit größter Mühe regieren kann, auf seine treuen Verächter zählen kann, die in ihm seine Allmacht erkennen und sich als raffiniert empfinden.
Wenn die Welt der Wirtschaft hält und dominiert, dann deshalb, weil ihre komplexe Organisation und Apparatur mit einem fast metaphysischen Glauben an ihre Positivität gepaart ist. Es ist nicht nur die Infrastruktur, die ins Wanken geraten ist, sondern auch der Glaube, der zerbröckelt ist.
Genau an diesem Punkt begannen wir, das Spiel zu verlieren. Während der Virus das offensichtliche Versagen unserer Zivilisation in ihren Grundfesten offenbarte, ließen wir uns auf die Ebene des Managements zurückziehen, ob gut oder schlecht, weniger schlimm oder katastrophal. In dem Moment, in dem unsere Vorstellung vom Leben in die Enge getrieben wurde und neu überdacht und erfunden werden musste, kritisierten wir die Politiker. Als die Regierung ihre Panik und ihre Unfähigkeit, ihre grundlegende und spirituelle Funktion, nämlich vorausschauend zu handeln, so mühsam kaschierte, hörte man einige Linke und sogar Anarchisten gackern: Wenn das alles passiert, dann haben sie es so gewollt oder beschlossen. Es ist eine grausame Ironie, dass der Staat selbst dann, wenn er sich in einer schwierigen Lage befindet und nur mit größter Mühe regieren kann, auf seine treuen Verächter zählen kann, die in ihm seine Allmacht erkennen und sich als raffiniert empfinden.
Das erste Ziel einer jeden Regierung in Krisenzeiten ist es, Machtkämpfe, Opportunismus und Stümperei als methodische, kontrollierte und rationale Planung erscheinen zu lassen. Dabei findet sie keinen besseren Verbündeten als ihre verschwörerische Kritik, die immer da ist, um ihre omnipotenten Manöver zu erahnen und ihre volle Macht vorwegzunehmen. In diesem Sinne braucht der Regierende den Verschwörungstheoretiker, er schmeichelt ihm.
Aus einer destituierenden Perspektive, d. h. aus der Sicht derjenigen, die keine andere Rettung sehen als das Ende der Welt der Wirtschaft, ihrer tödlichen Religion und ihrer zerstörerischen Infrastruktur, erinnert die Solidarität, die zwischen Regierung und Verschwörungstheorie geknüpft wurde, an die historische Rolle der Linken: Ablenkung und Sicherung. Anstatt von der aufsehenerregenden Wahrheit auszugehen, die dieser mikroskopisch kleine Virus enthüllte, haben wir uns auf einen Kommentar zur Verwaltung beschränkt. Der Staat hat sich nur gehalten, weil wir nicht die Mittel gefunden haben, um nicht mehr an ihn zu glauben.
Die Anti-Vax-Galaxie und ihre Nähe zu den Faschos sind deshalb so wichtig, weil sie ein Klotz am Bein ist, der verhindert, dass die Bewegung gegen den Gesundheitsdespotismus in Gang kommt. Denn diese hätte zweifellos ein viel höheres Niveau erreichen können, und zwar über die Grenzen hinweg, indem sie zum Beispiel die Bereitstellung der Techniken zur Herstellung des Impfstoffs gefordert hätte [14].
Das Patent ist eine Fiktion. Es enthält die RNA-Sequenz, die nach der Sequenzierung des Impfstoffs durch Amateure nach zwei Tagen veröffentlicht wurde. Um ihn herzustellen, kommt es auf die Technik an. Wie man den kurzen Strang einkapselt. Und das ist im Patent nicht vermerkt. Wenn die Hauptsorge der Regierenden unsere Gesundheit gewesen wäre, hätten sie dafür gesorgt, dass das Angebot an Impfstoffen auf jeden Fall überall gleich ist, denn wie die aufeinanderfolgenden Wellen zeigen, wird, solange der arme Süden davon ausgeschlossen ist, niemals ein ausreichender Schutz gegen SARS CoV-2 auf der einzig wirklich wirksamen Ebene erreicht werden: der Ebene des Planeten. Der Kampf gegen die private Aneignung der Gesundheitspolitik und für ihre kollektive Übernahme durch die Basis wäre – das Paradoxon ist nur scheinbar – die einzige konsequente Art gewesen, unsere Solidarität mit den 80% der Russen zu bekunden, die lieber falsche Gesundheitspässe benutzen, als dem Staat Putin zu vertrauen, und noch mehr mit der großartigen Bewegung in Guadeloupe, die erneut zum Angriff auf die Pwofitasyon ansetzt.
Der Affekt der Angst dominiert und zwingt seine Worte und seine Zeit auf, es ist das Schlachtfeld, das es zu verlassen gilt. Wir müssen von einer bestimmten Idee des Lebens ausgehen, von dem, was es an Irreduziblen enthält, und uns von dort aus verschwören, um gemeinsam Luft zu schnappen. Die Hindernisse aus dem Weg räumen, die Gespenster wegfegen. Francis Lalanne, Emmanuel Macron, Didier Raoult, Olivier Véran, es beenden; und ausgehend von unseren Erfahrungen und denen Tausender Ärzte und Pflegekräfte [15].
Es geht darum, dass wir lernen, für uns selbst zu sorgen. Von dort aus und nur dort werden wir in Zeiten einer Pandemie den Atem und die Kraft finden, zum Angriff überzugehen, um dieser krankmachenden Gesellschaft ein Ende zu bereiten. Wie können wir eine Offensive aufbauen, die falsche Gegensätze und falsche Dilemmas überwindet? Dies könnte Gegenstand eines zukünftigen Textes sein.
Fußnoten
[1] Es wird geschätzt, dass 9% der französischen Bevölkerung ab 20 Jahren nicht geimpft sind. Wenn der Impfstoff nicht funktionieren würde, dürften die Ungeimpften statistisch gesehen nicht mehr als 9% der Todesfälle ausmachen. Derzeit machen sie jedoch 38% der Todesfälle, 41% der konventionellen Krankenhauseinweisungen und 52% auf den Intensivstationen aus. In der Woche vom 13. bis 19. Dezember wurden von 1 Million Geimpften durchschnittlich 1,5 Personen pro Tag auf die Intensivstation eingeliefert. Von 1 Million Ungeimpften wurden 26 Personen auf die Intensivstation eingeliefert. (Info zusammengefasst von PKD).
[3] Vgl. Jamie Lincoln Kitman, L’Histoire secrète du plomb, Allia, 2005.
[4] Ein Freund weist zu Recht darauf hin, dass in Frankreich die Stellungnahme des ‚wissenschaftlichen Rates‘ von der Regierung nur bis Juni 2020 berücksichtigt wurde. Danach war es der Verteidigungsrat, der heimlich bei Gesundheitsentscheidungen schlichtete und dabei die wissenschaftlichen Empfehlungen nach Belieben instrumentalisierte. Die industriefeindlichen Ideologien, die darauf bestehen, dass politische Macht und „Szientismus“ perfekt zusammenfallen, verstellen sich den Blick auf eine viel komplexere Beziehung. Im konkreten Fall wurde die Wissenschaft aus den Entscheidungsgremien verdrängt, weil sie sich regelmäßig gegen die staatliche Gesundheitspolitik stellte.
[5] vgl. S. Q., La politique de la peur, Le Seuil/Coll. Non Conforme, 2011.
[6] Vgl. auch: „Coronavirus: Forscher auf der Spur eines Laborunfalls“, L’Obs (online), 13-14 April 2021, sowie in Le Monde (20. Mai 2021, online) „Origine du SARS CoV-2: un an et demi après, plus de questions que de réponses“ (Ursprung von SARS CoV-2: eineinhalb Jahre später, mehr Fragen als Antworten).
[7] Im schlimmsten Fall gibt es nie ein Ende, da man fast vergessen könnte, dass sich die Militär Labore auf den bakteriologischen Krieg vorbereiten. Mit erschreckenden Modellen, insbesondere mit extrem virulenten Pockenstämmen…
[8] Über die Figur von Grothendiek, einem der größten Mathematiker des 20. Jahrhunderts, der die wissenschaftliche Karriere aufgab, um sich einer radikalen Ökologie zu widmen, lesen Sie mit Gewinn: https://sniadecki.wordpress.com/2012/05/20/grothendieck-recherche/?utm_source=pocket_mylist.
[9] Dieser Text wurde zeitgleich mit der Co-Übersetzung von Wu Mings Buch La Q di Qomplotto, (erscheint 2022 bei Lux Editeur) geschrieben, aus dem ich nicht widerstehen kann, eine lange Passage zu zitieren, die dokumentiert, was in diesem Absatz behauptet wird: „Die beliebteste und langlebigste medizinische Verschwörungsfantasie war die über Impfstoffe als Ursache für Autismus. Sie stammte aus den 1990er Jahren und hatte sich seither in einem Mündungsgebiet von Varianten und Nebengeschichten ausgebreitet.
Die Idee eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem MPR-Impfstoff (gegen Masern, Mumps und Röteln) und der Zunahme von Autismus war durch die Veröffentlichung einer Studie im Februar 1998 in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet bekannt geworden. Hauptautor der Studie war Andrew Wakefield, Gastroenterologe, Leber-Galle-Chirurg und Professor am University College London (UCL). Wakefiel und sein Team schlugen einen Zusammenhang zwischen Impfungen und einem angeblichen Darmsyndrom vor, das Wakefiel später als „autistische Enterokolitis“ bezeichnete. In den folgenden Jahren wurde die Studie nicht nur als fehlerhaft, sondern auch als betrügerisch eingestuft: falsche Auswahl der Patienten, absichtlich verzerrte Ergebnisse und Interessenkonflikte im Vorfeld.
Wakefield hatte 435.000 Pfund von einem Anwalt für Zivilrecht, Richard Barr, erhalten. Barr bereitete eine Klage gegen die Hersteller des MPR-Impfstoffs vor und benötigte wissenschaftliche Belege für seinen Fall, weshalb er Wakefield die Namen einiger Kinder seiner Klienten zur Untersuchung gab. Der Gastroenterologe hatte niemanden, nicht einmal sein eigenes Team, über Barrs Rolle und die Transaktion informiert. Auch die Redaktion von Lancet war im Unklaren gelassen worden.
Ein weiterer Fall wurde aufgedeckt: 1997 hatte Wakefield ein Patent für einen Masernimpfstoff angemeldet, der mit dem Impfstoff konkurrierte, den seine Studie „inkriminiert“ hatte. Nach dieser Reihe von Enthüllungen hatten sich zehn der elf Mitautoren öffentlich von der Studie distanziert. Am 2. Februar zog The Lancet die Studie offiziell zurück und löschte sie aus dem Online-Archiv. Kurz darauf wurde Wakefield aus der britischen Ärztekammer ausgeschlossen. All dies hatte seine erste Karriere beendet und den Startschuss für seine zweite gegeben. Der ehemalige Arzt hatte sich zum „wissenschaftlichen Helden“ umgeschult, der den Mächten der Pharmaindustrie zum Opfer fiel, indem er sich an die Spitze dessen setzte, was mittlerweile zu einer internationalen Bewegung geworden war. […] Das in den Impfstoffen enthaltene Aluminiumhydroxid hatte eine adjuvante Funktion, es diente der Stärkung der Immunabwehr. Die Studien bestätigten seine Sicherheit, aber die Anti-Ax-Bewegung brachte dies mit anderen Forschungsergebnissen in Verbindung, in denen eine abnormale Menge an Aluminium im Gehirngewebe von autistischen Personen festgestellt wurde. Wenn man – rein hypothetisch – annimmt, dass Aluminium etwas damit zu tun hat, war das Metall überall zu finden: in der Luft, im Wasser, in Lebensmitteln, in der Muttermilch, oft in Mengen, die um verschiedene Größenordnungen höher waren als die im Impfstoff gefundenen. Allein durch das Leben in der Stadt konnte ein Kind pro Jahr ein bis zehn Milligramm Aluminium einatmen, also das Zehnfache der Menge, die in den meisten Impfstoffen auf einmal enthalten ist. Dies wurde durch Studien zum Restaluminium in Kinderkörpern bestätigt, die zeigten, dass ungeimpfte oder weniger geimpfte Kinder größere Mengen Aluminium aufweisen konnten, während geimpfte Kinder geringere Mengen aufwiesen. Es gab keine Proportionalität zwischen den beiden Zuständen. Abgesehen vom Autismus war das unbestreitbare Problem, das Thema, das es anzugehen galt, eine zunehmend pathogene Umwelt. Warum also sollte man sich auf Impfungen fixieren?”
[10] Ein befreundeter Forscher liefert uns einige Klarstellungen. Die Pharmaindustrie hat die Grundlagenforschung nicht in der Hand, sie beansprucht das Anwendungsmonopol für sich, indem sie notfalls Start-ups aufkauft. Die mRNA-Technik beispielsweise ist aus der unabhängigen öffentlichen Grundlagenforschung hervorgegangen; es sind ihre Ergebnisse, die dann privatisiert und über die Kanäle der Industrie wieder mobilisiert werden.
[11] Man wäre versucht hinzuzufügen, dass das Ausmaß, das Zemmours Äußerungen angenommen haben – der gesunde nationale Körper wird durch das Gift des Fremden verseucht -, auf denselben Zustand der vorherigen Betäubung zurückzuführen ist, aber das wäre ein anderer Text.
[12] Vgl. Charles Stépanoff, Voyager dans l’invisible. Techniques chamaniques de l’imagination, Paris, La Découverte, 2019.
[13] Konstituiert auch, wie alle Wissenschaften, manchmal unter Verwendung von manipulierten Ergebnissen und logischen Kraftakten. Zu den Bedingungen, unter denen wissenschaftliches Wissen produziert wird, siehe: Paul Feyerabend, Contre la méthode, Esquisse d’une théorie anarchiste de la connaissance (Gegen die Methode, Skizze einer anarchistischen Wissenstheorie), Le Seuil, 1979. Sowie: Willia J. Broad, Nicholas Wade, La Souris truquée, enquête sur la fraude scientifique, Points Seuil, 1994. In diesem Zusammenhang schreibt mir einer meiner „wissenschaftlichen Berater“, Fredéric, über den auf Lundi Matin veröffentlichten Text von Monchoachi: „Er hat mich sofort an Aimé Césaire und seinen wunderbaren Text „Cahier d’un retour au pays natal“ denken lassen, der eine andere Art des Zugangs zum Wissen als den westlichen wissenschaftlichen Ansatz vorschlägt mit ‚Ceux qui n’ont n’inventé ni la poudre ni la boussole. Diejenigen, die weder den Dampf noch die Elektrizität zähmen konnten…‘ Doch indem er das intuitive Vorgehen und das subjektive Verständnis der Dinge propagiert, ist er gar nicht so weit von der tatsächlichen Natur der großen Entdeckungen entfernt, die nie das Ergebnis hypothetisch-deduktiver Forschungen, sondern epistemologischer Sprünge waren; genialer Intuitionen, die mit den wissenschaftlichen Gewissheiten des Augenblicks völlig gebrochen haben. Man spricht in diesem Zusammenhang sogar von ‘Revolutionen’ (Kopernikanische Revolution, Quantenrevolution…) und ihre Urheber werden wie Galileo Galilei auf den Index gesetzt. Darwin wurde von seinen Zeitgenossen nicht besser behandelt und Einstein gelang es nicht sofort, von der Berechtigung der allgemeinen oder speziellen Relativitätstheorie zu überzeugen. Übrigens war in dem Bereich, in dem ich mich etwas besser auskenne, keine große therapeutische Innovation das Ergebnis einer konstruierten Theorie, sondern eher das Ergebnis zufälliger Entdeckungen. Das würde Feyerabend Recht geben, der die anarchistische Erkenntnistheorie vertrat. Man findet nichts, wenn man immer wieder die gleiche Furche pflügt. Es bleibt zu verstehen, wie man etwas entdeckt, das nicht existiert, indem man sich seiner Gemeinschaft widersetzt und trotz Verfolgung hartnäckig bleibt; ’.. und doch dreht sie sich!’”. Anmerkung des Verfassers der Fußnote: Aber nein, weder Raoult noch einer der Anti Vax-Gurus ist Galileo Galilei.
[14] Ein Freund erklärt uns, dass die Forderung nach Aufhebung der Patente wenig Sinn macht. Diese enthalten die RNA-Sequenz, die veröffentlicht wurde, nachdem der Impfstoff von Amateuren nach zwei Tagen sequenziert worden war. Was geheim bleibt und nicht im Patent verankert ist, ist die Herstellungstechnik, wie man die mRNA einkapselt.
[15] Wir danken an dieser Stelle unseren befreundeten Pflegekräften, die uns ihre langjährige Vertrautheit mit den hier diskutierten Fragen vermittelt haben, Jean-Marc F., Caroline M., Frédéric R. sowie Professor Logos für seine Expertise.