Der Lorenz Klau

 

Ronald Fritzsch und Ralf Reinders

Am gestrigen Donnerstagabend, dem 10.11.2022, ist Ronald ‘Ronny’ Fritzsch in Berlin verstorben. Er war eines der Gründungsmitglieder der Bewegung 2. Juni. Unter anderem wegen der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden  Peter Lorenz 1975 wurde er zu über 13 Jahren Knast verurteilt, die er fast komplett absaß. Der ‘Lorenz-Klau’, die Gefangennahme des CDU-Spitzenkandidaten für die Bürgermeisterwahl in West-Berlin, brachte fünf Gefangenen aus der RAF und der Bewegung 2. Juni die Freiheit. Im Gegenzug für die Freilassung von Peter Lorenz wurden die fünf nach Südjemen ausgeflogen. In Erinnerung an Ronald Fritsch stellen wir ein Interview mit ihm und Ralf Reinders online, das die beiden 1995 der jungen welt gaben. Das Interview findet sich auch im Buch des ID Verlags: “Die Bewegung 2. Juni – Gespräche über Haschrebellen, Lorenzentführung und Knast”, das ebenfalls 1995 erschien. Wir haben das Zeitdokument leicht bearbeitet, damit es besser lesbar ist. Sunzi Bingfa

Frage: Eine Woche nach der Entführung stand im Spiegel: Der Donnerstag letzter Woche sollte für Lorenz ein kurzer Tag werden; erstmals seit Wochen wollte er am Abend früh zuhause sein. Um 8.52 Uhr ließ sich der Spitzenkandidat (der CDU) von seiner Frau Marianne (Die Schwäne sind da, jetzt wird’s Frühling) in Zehlendorf verabschieden, sagte noch bis heute abend- und rollt in seinem schwarzen Dienstmercedes, gesteuert vom Fahrer Werner Sowa, zwischen Grunewald und Einfamilienhäusern davon in einen langen Tag. Gesehen wurde Lorenz erst wieder gut 24 Stunden später auf einem frischen Polaroidfoto, acht mal acht Zentimeter, ohne Brille, vor sich ein Pappschild mit der Aufschrift: ‘Gefangener’. Die, die ihn knipsten und das Bild dpa schickten, hatten ihn am Donnerstag (den 27.2.1975) um 8.55 Uhr gekidnappt, rund 1.500 m entfernt von seiner Villa, nachdem sein Mercedes von einem Viertonner blockiert und von einem Fiat gerammt und Fahrer Sowa mit einem Besenstiel niedergeschlagen worden war. War es so?

Reinders/Fritzsch: Fast. Bis auf den Besenstiel. Der Besen war nur Tarnung. Eigentlich war es ein Eisenrohr, das mit Isolierband umwickelt war. Und was der Spiegel nicht wissen konnte, war, was für Probleme wir hatten. Auf der einen Seite des Quermatenwegs ist Wald, auf der anderen Seite stehen lauter Villen. Und der, der den Fahrer niedergeschlagen hat, hat auf der anderen Seite am Wald gestanden und dort den Wald gefegt. Und weil Peter Lorenz an dem Tag eine Stunde Verspätung hatte, hat der eine Stunde lang den Wald gefegt und das ist niemandem aufgefallen.

Frage: Wie lange hattet ihr Lorenz gefangen gehalten?

R/F: Fünf Tage.

Frage: Was waren eure Forderungen?

R/F: Eine Forderung war, die Demonstranten, die wegen der Holger Meins-Demo (1) noch saßen, freizulassen. Dann sollten sechs Gefangene ausgeflogen werden: Gabi Kröcher-Tiedemann, Rolf Heißler, Rolf Pohle, Ina Siepmann, Verena Becker und Horst Mahler.

Frage: Die Aktion müsst Ihr doch ziemlich gut geplant haben, wann habt Ihr denn mit den Vorbereitungen angefangen?

R/F:  Eigentlich hatten wir vor, erstmal viel Geld zu besorgen, weil wir ziemlich blank waren. Die Banküberfälle, die wir vorher gemacht hatten, haben zwar Geld gebracht. Das hat aber immer nur für ein paar Monate gereicht, weil wir zusätzlich legale Sachen finanziert haben wie Zeitschriften oder Radiosender. Also haben wir gedacht, das Problem lösen wir grundsätzlich, indem wir uns irgendeinen Geldsack in Berlin schnappen. Damit wollten wir gleichzeitig die ganze Gruppe für die spätere Befreiungsaktion einüben.

Wir haben uns über ein paar Berliner Geldsäcke informiert. Schließlich haben wir jemanden gefunden. Wir gaben ihm den Decknamen Sergeant. In Anlehnung an die LP der Beatles Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band-, denn der hieß eigentlich Pepper. Der Pepper war Mitbesitzer des Europacenters. Nach allem, was wir an Informationen hatten, dürfte der so um die sechs Millionen schwer gewesen sein, das heißt, der hätte so eine Summe flüssig machen können. Der hatte überall in Berliner Bausachen seine Finger drin.

Für so eine Aktion brauchten wir einen grossen Keller oder zwei Wohnungen übereinander. Der Entführte sollte bei uns gute Haftbedingungen haben. Wir wollten nicht die Geschichten, wie sie aus Mafiasachen bekannt sind, daß die Entführten dann in engen Kisten sitzen mußten und nachher schwere körperliche Schäden hatten. Schließlich haben wir dann einen Laden in der Schenkendorfstraße 7 gefunden.

Als wir den entdeckt haben, waren wir zum ersten Mal alle einer Meinung: Den wollen wir mieten, trotz des CDU-Büros gegenüber und der Friesenwache um die Ecke.

Dann haben wir allmählich weitere Vorbereitungen für Peppers Entführung getroffen. Wir wollten, dass die Bullen nicht auf uns kommen, sondern an normale Kriminelle denken. Sie sollten nicht vorzeitig wissen, dass wir zu so einer Aktion in der Lage sind. Deswegen mussten wir die dazu notwendigen Autos anders als sonst besorgen (2).

Du konntest damals bei jeder Post in Berlin warten: Die Autofahrer stiegen aus und ließen den Motor laufen. Wir haben uns eine Post ausgesucht, in deren Nähe wir auch Garagen hatten. Wir wussten, dass die Autofahrer ungefähr dreißig Meter bis zum ersten Briefkasten laufen müssen. Dann kam auch einer, ist ausgestiegen, hat den Motor laufen lassen, und wir haben uns den Wagen geschnappt. So hatten wir schon mal den Wagen, ohne eine konkrete Spur zu hinterlassen.

Für die Geldübergabe sollte der Wagen zu einer Taxe umgebaut werden, mit herunterklappbarem Rücksitz zum Kofferraum. Einer von uns, so war geplant, sollte die Taxe fahren, in der ein zweiter hinten im Kofferraum liegen würde, um den Geldkoffer gegen einen identischen auszutauschen. So wäre für die Bullen, die hinterher fahren, zwar sichtbar, dass der Typ mit der Taxe rumfährt, aber nicht, dass dort gleichzeitig die Geldübergabe stattfindet.

Außerdem haben wir angefangen, den Keller auszubauen. Alles, was wir an Zeugs brauchten, haben wir auf Baustellen zusammengeklaut. Wir wollten die Aktion Pepper so Anfang bis Mitte Dezember 1974 durchführen. Doch die Entwicklung des Hungerstreiks von Gefangenen aus der RAF und anderer verhinderte dies. Der Hungerstreik begann am 13. September 1974 und ging bis zum 5.2.75. Die Forderung des Hungerstreiks war, dass die Gefangenen in den Normalvollzug kommen, das heißt die Gleichstellung mit allen anderen Gefangenen.

Der Hungerstreik war zunächst nicht das Problem, weil wir dachten, der wird wie die ersten zwei höchstens so drei, vier Wochen dauern. Aber das haben wir total unterschätzt. Zu der Zeit liefen aus der ganzen legalen Ecke viele Aktivitäten zum Hungerstreik. An vielen legalen und weniger legalen Unterstützungsaktionen haben wir uns beteiligt, so dass nicht mehr viel Zeit blieb, um größere Aktionen vorzubereiten. Mit dem Tod von Holger Meins am 9.11.74 und der Erschießung des Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann am darauffolgenden Tag war erstmal kein Spielraum mehr für die Entführung von Pepper. Die Aktion gegen Drenkmann war eine direkte Reaktion der Bewegung 2. Juni auf Holgers Tod.

Eigentlich war die Pepper-Aktion für die Weihnachtszeit geplant, um die Weihnachtsstimmung auszunutzen. Durch die Fahndung nach der Drenkmann-Erschießung ist uns klar geworden, dass wir uns zur Absicherung der Lorenz-Entführung noch anders vorbereiten müssen, und dass wir beide Aktionen auch zeitlich nicht mehr schaffen würden. Der Termin für Lorenz stand schon wegen der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 2. März 1975 fest. Also ließen wir Peppers Entführung ausfallen, was allerdings starke finanzielle Probleme mit sich brachte.

Frage: Was war die Absicht der Lorenz-Entführung?

R/F: Gefangene rauszukriegen und das Stimmungstief, das damals herrschte, zu heben. Der Hungerstreik mit dem Tod von Holger hat damals ziemlich reingehauen. Es gab zwar eine große Mobilisierung, aber psychisch waren viele ganz schön down. Wir wollten auch zeigen, dass es möglich ist, der scheinbaren Allmacht des Staates etwas entgegenzusetzen. Für uns war das später im Knast einer der Hauptdiskussionspunkte, ob die Lorenz-Entführung nicht ein Fehler war, weil wir hinterher den Eindruck hatten, daß ab diesem Zeitpunkt alle nur noch daraufhin arbeiteten, Gefangene rauszuholen, daß die Gefangenen mit einem Mal total im Mittelpunkt standen und ansonsten politisch nichts mehr weiterging.

Wir wollten, daß es ein Erfolg wird. Wir hätten die Geschichte nicht gemacht, ohne zu glauben, daß wir auch eine realistische Chance auf einen Austausch hatten. Anders als bei der späteren Botschaftsbesetzung in Stockholm im April 1975, wo das RAF-Kommando Holger Meins 26 Gefangene auf der Liste hatte, sind wir davon ausgegangen, daß der Staat sich niemals darauf einlassen würde, so viele rauszulassen. Wir haben angenommen, daß eine Freilassung von mehr als sechs oder sieben Gefangenen nicht durchsetzbar wäre. Das wurde uns sogar hinterher vorgeworfen: Wir seien kompromißlerisch, weil wir nicht das Unmögliche gefordert hatten. Es gab eine lange Diskussion darum, wen wir auf die Liste setzen. Die Grundüberlegung war: Wir wollten von allen Fraktionen möglichst jemanden drauf haben. Dabei hatten wir auch an Ulrike Meinhof gedacht. In Stammheim saßen neben Ulrike auch Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin. Wir hatten uns schon vorher überlegt, daß sie nicht alle vier rauslassen würden. Aber dann hatten wir das Problem, daß die Stammheimer Gefangenen gesagt haben, sie wollen bestimmen, wer auf die Liste kommt.

Frage: Ihr habt in Stammheim angefragt?

R/F: Ja, aber wir mussten natürlich sehr undeutlich bleiben. Also verstanden hatten sie’s schon. Als Antwort kam: Wir wissen von einem Dutzend Befreiungsaktionen, aber der Berliner Sumpf ist mit Sicherheit nicht dabei.

Und zwei, drei Wochen später haben sie es dann nochmal diskutiert und meinten, wir sollten ihnen in den Knast schreiben und erzählen, was wir vorhaben. Da haben wir uns natürlich an den Kopf gefasst. Und von mehreren RAF-Frauen, aber auch von Ina Siepmann, die von uns war und die damals alle in der Berliner Frauenhaftanstalt Lehrter Straße saßen, kam dann: Alle oder keine.

Die Überlegung von uns, die Diskussion mit den RAF Gefangenen abzubrechen und keinen von ihnen auf die Liste zu nehmen, geschah natürlich auch in Kenntnis dessen, dass die RAF selbst eine Befreiungsaktion vorbereitete. Wilfried Böse (3) von den Revolutionären Zellen (RZ) war damals in Berlin und versuchte seinerseits, eine kombinierte Operation von 2. Juni, RAF und RZ anzuleiern. Wir wussten nicht, dass es sich um Stockholm handeln würde. Das lief alles kurz vor der Lorenz-Aktion.

Die Aktion war schon weitgehend vorbereitet, und die wollten dazu zwei bis drei Leute von uns, die sich daran beteiligen sollten. Das haben wir abgelehnt. Erstens wegen der Herangehensweise und zweitens wegen der Aktionsform. Sie wollten eine Aktion in der Luft und eine am Boden machen. Das hieß: Flugzeugentführung und Botschaftsbesetzung. Und da haben wir gesagt, das machen wir grundsätzlich nicht!

Frage: Warum wolltet ihr das nicht?

R/F: Flugzeugentführungen gab es damals vor allem von palästinensischen Gruppen. Wir hatten darüber diskutiert und meinten, dass die damit auf ihre besondere Situation aufmerksam machen wollen und wir uns damals nicht anmassen wollten, deren Aktionen zu beurteilen. Wir aber haben aus unserem Selbstverständnis heraus Geiselnahmen von unbeteiligten Dritten abgelehnt und für konterrevolutionär gehalten. Wir greifen nicht die Leute an, die wir agitieren wollen. Und bei einer Botschaftsbesetzung, das kam noch hinzu, weiß der Feind auch noch, wo du bist, kann dich einkreisen und läßt dich nicht mehr gehen.

Frage: Zurück zu eurer Aktion.

R/F: Am Anfang hatten wir überlegt, nur Gefangene zu befreien, die in Berlin einsaßen. Wir wußten nicht, welche Stelle im Staatsapparat es sein wird, die die Entscheidung letztendlich fällt. Später stellte sich heraus, daß es beim Großen Krisenstab in Bonn zwei Linien gab. Das war die Strauß/Kohl-Linie, die zum Austausch bereit war, und die Schmidt/Wehner-Linie, die gesagt hat: Machen wir nicht, harte Linie.

Darauf hat dann der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Schütz, gesagt, falls sich die Bundesregierung quer stellt, bietet er eine lokale Lösung in Berlin an, weil er die Geschäftsbedingungen mit uns aufrechterhalten will. Damit hat er sich beim Großen Krisenstab in Bonn dann durchgesetzt.

Frage: Was waren das für verschiedene Fraktionen, aus denen die Gefangenen kamen?

R/F: Bevor wir uns Bewegung 2. Juni genannt haben, hatten wir Aktionen unter verschiedenen Namen gemacht. Wir zum Beispiel hatten uns vorher Tupamaros Westberlin genannt. Die GenossInnen in München nannten sich Tupamaros München und die im Ruhrgebiet Rote Ruhrarmee. Rolf Heißler kam von den Tupamaros München und hat sich im Knast politisch der RAF angenähert. Aber das Wesentliche, weshalb er auf die Liste mit drauf sollte, war, dass er zu der Zeit der isolierteste Gefangene in der BRD war. Die Bayern haben den total isoliert. Er hatte acht Jahre wegen Banküberfalls. Rolf Pohle war auch von den Tupamaros München. Er hatte wegen Waffenbeschaffung und anderer Kleinigkeiten wie fälschliches Führen eines akademischen Grades sechs Jahre Haft. Horst Mahler war Mitbegründer der RAF. Er war zu 12 Jahren wegen Mitgliedschaft in der RAF und Beteiligung an Banküberfällen verurteilt worden. Er orientierte sich mittlerweile an der maoistischen KPD/AO. Gabi Kröcher-Tiedemann kam von denen, die die Rote Ruhrarmee gemacht haben. Sie war wegen einer Schießerei mit den Bullen zu acht Jahren Knast verurteilt worden. Verena Becker und Ina Siepmann waren von uns. Ina war zu 13 Jahren wegen Banküberfall und Verena zu 7 Jahren wegen eines Bombenanschlags verurteilt.

Wieviele es sein sollten, hatten wir uns vorher genau überlegt. Mehr als fünf oder sechs freizubekommen, hielten wir für unrealistisch. Es sollten auch nicht sechs sein, die alle lebenslänglich haben. Das wäre ebenfalls schwierig geworden.

Frage: Hattet ihr nicht noch andere Leute vom 2. Juni gefragt, ob sie raus wollten?

R/F: Wir hatten noch bei Peter Paul Zahl angefragt. Er hatte gerade vier Jahre gekriegt und sagte, er wolle nicht, weil sich das nicht lohnt. Später hat er dann im Revisionsverfahren 15 Jahre bekommen. Der hat echt Pech gehabt.

Wir haben auch über Sigurd Debus (4) diskutiert. Aber der einzige von uns, der ihn kannte, hat fürchterlich über den geschimpft, er wäre ein Stalinist und würde ohne Rücksicht auf andere seine Sachen durchziehen, was dann nach der Befreiung, dort unten ein Risiko für uns hätte sein können. Im Nachhinein haben wir es als Fehler erkannt, uns in Bezug auf Debus nur auf die Meinung eines Einzelnen verlassen zu haben.

Frage: Haben die Gefangenen, die dann ausgeflogen wurden, vorher signalisiert, dass sie damit einverstanden sind?

R/F: Wir sind nicht an alle rangekommen.

Frage: Wer von euch hat entschieden, wer auf die Liste kommt?

R/F: Das wurde mit allen an der Aktion unmittelbar Beteiligten gemeinsam diskutiert. Die endgültige Entscheidung, wer auf die Liste kommt, fiel erst, als Lorenz im Keller war und die Forderungen getippt wurden.

Frage: Wieviele haben das denn entschieden?

R/F: Naja, so ca. sechs bis fünfzehn Leute.

Frage: Erzählt doch mal über die Planung.

R/F: Dass wir Lorenz nehmen, war eigentlich von Anfang an klar. Nach Umfragen sah es so aus, dass Lorenz als Spitzenkandidat der CDU die Wahl gewinnen würde. Es gab die Überlegung, dass die regierende SPD den mutmaßlichen Wahlsieger nicht einfach über die Klinge springen lassen kann. Wir hatten aber auch mal kurz über Lummer diskutiert.

Frage: Das wäre auch reizvoll gewesen.

R/F: Es gibt aber Leute, die kannste einfach nicht wieder rauslassen. Außerdem wollten wir ja einen Erfolg. Der Lorenz galt bei vielen Leuten in der CDU als zu liberal. Lummer dagegen hatte zu der Zeit seine Freunde von der NPD dafür bezahlt, damit sie Juso-Parolen auf die CDU-Plakate malen. Lummers Glück war, dass er kein Spitzenkandidat war. Es wäre für ihn wohl ziemlich peinlich gewesen, wenn wir den bloß in einen Schuhkarton gepackt hätten, weil der ist ja nicht so groß. Dafür wäre er wesentlich leichter gewesen.

Frage: Wann ging’s denn nun eigentlich richtig los?R/F: Konkret wurde es dann zu Weihnachten 1974. Da haben sich alle, die an der Aktion teilnehmen sollten, zu einem Weihnachtsmeeting getroffen. Zuerst wurde ein Fisch gebraten und eine Gans in die Röhre geschoben. Dann haben wir uns hingesetzt und nochmal das Buch Wir, die Tupamaros (5) gelesen, besonders diese eine Entführungsgeschichte. Das war so eine lustige Geschichte, daß bei dem Typen damals das Betäubungsmittel nicht angeschlagen hat, weil der Alkoholiker war. Die hatten den da vollgepumpt und der hörte nicht auf, immer mehr und mehr zu quatschen, der war richtig high. Nachdem wir Lorenz hatten, wussten wir, was die damit meinten.

Am nächsten Tag haben wir mit lauter kleinen Spielzeugautos den Plan durchgespielt. Das war die konstante Gruppe. Zu der Zeit schmiedeten wir die groben Umrisse des Ablaufs und legten teilweise die Personen für die Aktion fest. Beinahe hätte sich die Gruppe dann gespalten. Das lag an zwei Leuten, die ziemlich viel Scheiße bauten und sehr eigenwillig waren. Einer hatte wieder mal irgendwas nicht gemacht, wozu er fest eingeteilt war. Der andere war mit der Knarre ins Jugendzentrum gegangen und hat dort den Breiten gemacht.

Frage: Und wie ging das dann weiter?

R/F: Naja, die beiden haben dann, ähm, Selbstkritik geübt. Wir hatten aber auch ein objektives Problem: Wir hatten nur noch acht Wochen Zeit. Es gab zwar genügend andere Leute, die wir hätten ansprechen können, aber die beiden waren ja nun schon in die Vorbereitungen eingeweiht und hatten Aufgaben übernommen.

Im Januar räumten wir dann alle Wohnungen auf, weil wir damit rechneten, dass die Fahndung heftig würde. Viele Sachen haben wir versteckt, zum Beispiel die ganzen Waffen, die wir gerade nicht brauchten, haben wir verbuddelt. Später war es dann ziemlich schwierig, die wiederzufinden, weil Bäume wachsen ja mit der Zeit. Später im Knast haben wir mal so eine Anfrage gekriegt, wo wir was verbuddelt haben. Das erklär mal, wenn das irgendwo im Wald ist. Wir hatten früher selbst schon mal nach einem solchen alten Depot gesucht, das unser Schweizer Kollege, der Säuberli (6), angelegt hatte. Da haben wir gebuddelt und waren so tief, daß wir schon aufgeben wollten. Aber wir sagten uns, das ist ein Schweizer, lasst uns weiter buddeln. Und tatsächlich, wir dachten schon, jetzt kommt das Grundwasser, da kam das Zeug endlich zum Vorschein. Der war halt sehr ordentlich, der Säuberli. Nach Weihnachten haben wir die Wege von Lorenz ausgecheckt. Es war nicht einfach, in der Gegend, wo der wohnte, nicht aufzufallen. Der Ablauf war jeden Tag der gleiche: Sein Fahrer kam an und wartete kurz vor der Tür. Dann kam Lorenz heraus und setzte sich auf den Beifahrersitz. Das lief immer ab wie ein Uhrwerk. Nur ausgerechnet an dem Tag seiner Entführung hatte er eine Stunde Verspätung. Wir haben den immer bloß aus der Distanz gesehen. Wir hatten geschätzt, daß der so 180 bis 182 Zentimeter groß ist und etwa 80 Kilo wiegt. Das mußten wir ja wissen, um den in die Kiste zu kriegen. Und als wir den dann endlich hatten, war das wirklich ein Problem. Der war so riesengroß und sauschwer, so dass die Kiste nicht zuging, obwohl er ja sehr hilfsbereit war. Da konnten wir echt nicht meckern, er war ein guter Gefangener.

Es gab viele technische Probleme zu lösen: Wie können wir den Wagen stoppen, wie kriegen wir den Fahrer raus oder wie bringen wir Lorenz im Wagen dann zur Ruhe. Wir hatten auch ein medizinisches Problem wegen des Betäubungsmittels. Keiner von uns hatte davon eine Ahnung. Nach längerem medizinischem Studium und Beratung durch, äh, Fachleute sind wir auf Haloperidol (7) gekommen, weil das die natürlichen Reflexe erhalten soll, damit er nicht an seiner Zunge erstickt.

Zum Stoppen haben wir einen kleinen LKW genommen, den wir mit einer falschen Pappe gemietet hatten. Dann gab es ein psychologisches Problem: Wie kriegt man eigentlich den Fahrer raus? Der LKW fährt aus einer Seitenstraße heraus und zwingt den Wagen zum Anhalten. Dann fährt ihm eine Frau hinten drauf. Die tut ganz erschreckt, schöne lange blonde Perücke und wie die Typen so sind, steigt der mit Sicherheit aus. Und das hat so voll hingehauen. Das Gesicht von dem, als der ausgestiegen ist, in dieser großmännischen Haltung, hat sich die Beule angeguckt, so in dem Sinne, na, was haben Sie denn da gemacht. Und Boing, hat er eins drüber gehabt.

Uns ist beinahe eine Panne passiert. Der Wagen, der hinten drauffahren sollte, hatte Funk und sollte dem im Laster, der weiter vorne war, Bescheid sagen, wenn Lorenz kommt. Und dann kam ein schwarzer Mercedes. Es kam aber kein Funkbefehl und der im Lastwagen dachte, da ist irgendwas mit dem Funk schiefgelaufen und ist dann losgefahren. In dem Wagen saß aber der Amtsgerichtspräsident, der spätere Polizeipräsident Scherz. Der sagte im Nachhinein, es wäre ihm schon komisch vorgekommen, dass da so ein Laster vor- und dann wieder zurückgefahren sei. Da hätten wir beinahe den Falschen mitgenommen.

Nachdem der Fahrer von Lorenz eins auf die Mütze gekriegt hatte, sind vier von uns in den Wagen von Lorenz gestiegen. Zwei hinten, einer ans Lenkrad und einer dem Lorenz vorne auf dem Schoß. Wir sind dann zur Tiefgarage gefahren. Zur Deckung ist noch ein zweiter Wagen hinterhergefahren. Zum Umsteigen haben wir eine ganz hervorragende Tiefgarage in der Kantstraße genommen. Bloß der, der dort wartete, musste eine Stunde länger warten und wusste überhaupt nicht, was passiert ist, weil er keinen Funk hatte.

Frage: Wie hat denn der Lorenz reagiert?

R/F: Erstmal hat er um Hilfe gerufen, gestrampelt und dabei die Frontscheibe herausgetreten. Der hatte verdammt lange Beine. Das ging alles ziemlich schnell. Dann hat er eins auf die Nase gekriegt, und ihm ist gesagt worden, dass er an Drenkmann denken soll und Ruhe geben soll. Und er hat gesagt, ist in Ordnung, ist in Ordnung, er macht das schon. Dann hat ihm einer das Hosenbein aufgeschnitten und ihm die Spritze gegeben. Lorenz saß auf dem Beifahrersitz, einer auf ihm drauf und von hinten hat ihm einer was um den Kopf gewickelt, ein Handtuch. Damit sah der noch größer aus. Und Handschellen hat er auch noch angehabt.

Frage: Ihr seid also mit einem Typ, der ein Handtuch um den Kopf hat, dem einer auf dem Schoß sitzt, zu fünft und ohne Windschutzscheibe losgefahren?

R/F: Ja, mit 160 über die Avus. Da hat sich auch noch später ein Zeuge gemeldet, der uns auf der Avus entgegenkommen ist. Der ist selber 120 gefahren und will genau den erkannt haben, der aufm Fahrersitz saß und daß der einen roten Schlips anhatte. Wir mußten auf der Autobahnabfahrt halten, da beim Funkturm. Unser Anblick hat keinen gestört. Da haben Autos neben uns gestanden, Fußgänger haben mal eben reingeguckt, aber sonst nichts. In der Tiefgarage war alles ruhig. Nur der Deckungswagen hatte ein Problem. Er ist uns kaum hinterhergekommen. Obwohl er nagelneu geklaut war, war die Kupplung im Arsch.

Frage: War Lorenz da schon betäubt?

R/F: Das hat noch nicht gewirkt. In der Tiefgarage ist er dann in den Kofferraum des anderen Autos gekommen. Wir hatten eine Fahrtroute ausgewählt, wo wir bis Kreuzberg auf keiner Hauptstraße gefahren sind. Wir dachten, die würden die Kreuzungen auf den Hauptstraßen dicht machen, sobald es Alarm gibt. Das war eine Fahrt …

Frage: Der Spiegel schrieb damals: “Minuten nach der Entführung löste die Polizei die größte Fahndungsaktion in der Geschichte Westberlins aus, 5 Hubschrauber, 200 Streifenwagen, 10 000 Fahnder, 100 000 Mark Belohnung, noch einmal 50 000 vom rechten Bund Freies Deutschland. Habt ihr davon etwas gemerkt?

R/F: Zu dem Zeitpunkt noch nicht. Eine von uns hat immer versucht, Lorenz zu beruhigen. Und der hat geredet wie ein Wasserfall, was denn nun mit ihm ist, und was jetzt passiert usw. Der ist uns total auf den Zünder gegangen. Später haben die Bullen eine Luxuslimousine mit großem Kofferraum gesucht, in die Lorenz reingepasst hätte. Das war die Erfahrung nach den Banküberfällen, als die Bullen meistens große Autos angehalten haben. Aber du glaubst gar nicht, wie groß so ein Kofferraum von einem Golf ist. Dann sind wir bis zum Friedhof gefahren, in eine kleine Seitenstraße in der Hasenheide in Kreuzberg, wo wir ständigen Blickkontakt zum Haupteingang der Bullenwache in der Friesenstraße hatten.

Dort stand ein Ford-Transit. Und da ist er in die Kiste gekommen. Das war um 9.30 Uhr. Dann sind wir zum Laden in die Schenkendorfstraße gefahren. Jetzt kam der schwierigste Teil, denn er mußte in den Laden reingetragen werden. Dort standen drei alte Frauen auf der Straße und haben palavert, wie das manchmal so üblich ist. Also die Kommode war ja schon schwer genug, aber dann noch der Typ drin, ich sage dir, da soll nochmal einer sagen, revolutionäre Arbeit sei keine Schwerstarbeit. Da waren wir auch nicht alle bei, weil wir mußten ja noch den Deckungswagen in eine Garage in Neukölln fahren. Und dann ging noch die Klappe auf, weil der Lorenz war ja auch nervös da drin. Zum Glück hat er da nicht mehr gequatscht. Da hat das Zeug wohl doch langsam gewirkt. Von dem Zeitpunkt an, als er die Spritze bekommen hat, bis zum Laden war bestimmt eine Stunde vergangen.

Frage: Und was habt ihr mit den Omas gemacht?

R/F: Gar nix, da hätten wir ja ewig warten können. Wir sind an denen einfach vorbeigelaufen.

Frage: Und die Kiste habt ihr zu viert getragen?

R/F: Ja, im Laden musste er dann die Leiter runtersteigen, weil wir da einen Durchbruch gemacht hatten, um in den Keller zu kommen. Der Keller bestand aus zwei Räumen. Der eine Raum, der sehr niedrig war, war über eine Luke im Boden zugänglich. Diesen Raum haben wir von dem anderen durch eine Mauer abgetrennt. Den zweiten Raum haben wir ausgebaut, nach oben einen Durchbruch in die Küche gemacht und einen Teppich darübergelegt.

Frage: Ihr habt doch die Entführung bewaffnet durchgeführt. Was hättet ihr denn gemacht, wenn der Fahrer bewaffnet gewesen wäre und geschossen hätte?

R/F: Deshalb hat der ja gleich eins über die Rübe gekriegt, damit er gar nicht erst zur Knarre greifen kann. Und außerdem hatten wir den Fahrer auch noch abgetastet, um sicher zu gehen. Zudem war noch einer von uns mit einer Maschinenpistole vor Ort, um uns abzusichern. Die Planung war so, dass wir einen Schusswechsel auf jeden Fall vermeiden wollten. Wenn es von vornherein einen Toten gegeben hätte, wären die Chancen für einen Austausch minimal gewesen.

Frage: Und so ein Schlag mit einer Eisenstange?

R/F: Das haben wir lange diskutiert, und da kann man auch nicht genug drüber diskutieren.

Frage: Habt ihr geübt oder was? Das ist doch schwierig, so zuzuschlagen, daß der nicht bei draufgeht.

R/F: Wir hatten jemand ausgesucht, der schon ein bißchen Erfahrung hatte. Der war Boxer und wußte schon wie doll er zuschlagen kann. Er konnte sehr gut dosieren. 

Als wir im Laden waren, haben sich alle den Lorenz erstmal angeguckt. Lorenz wollte die Chefs sprechen. Den Kommandeur oder sowas. Wir haben gesagt, Chefs gibts hier nicht.

Frage: Wart ihr unkenntlich?

R/F: Wir hatten Einheitsoveralls, von oben bis unten durchgehend, diese Blaumänner mit langen Ärmeln. Dazu eine Kapuze, selbstgebastelte Dinger aus Bettlaken mit Zipfeln und Schlitzen drin. Bei der Aktion selbst waren alle verkleidet, so mit Bärten und sowas.

Aber Lorenz war ja sowieso blind, der hat ja eine Brillenstärke so wie Fritz Teufel gehabt, irgendwas um sieben. Das wussten wir da aber noch nicht, weil der ansonsten oft eine Brille aus Fensterglas trug, wegen der Werbefotos. Im Keller war eine Zelle, mit einem Maschendraht davor und einem roten Vorhang. Wenn er aufs Klo musste, haben wir natürlich dezent den Vorhang vorgeschoben. Es gab dort einen Vorraum, wo auch die Leiter nach oben ging. Dahinter war ein kleiner Raum, wo die Wache gesessen hat. Er hatte ein Feldbett, einen Eimer und ein Gymnastikprogramm an der Wand, wo drauf stand, was er morgens machen kann, Tisch und Stuhl. Das war eigentlich ein normal ausgerüstetes Gefängnis. Eine Lampe hat er auch gehabt, zwei sogar. Und was zu lesen hat er auch gekriegt, so Politliteratur.

Die Tageszeitungen hat er zensiert gekriegt. Alles was ihn betroffen hat, war ausgeschnitten. Das haben wir gemacht, damit er keine versteckten Informationen kriegen kann, die durchaus in der Zeitung hätten stehen können. Im Grunde hat er nur die Ränder gekriegt mit ein bisschen Reklame drin. Das Ding sah aus wie diese Scherenschnitte. Das war das Einzige, worüber er sich nachher beschwert hat. Das fand er nicht so gut.

Sonst hätte er aber auch mitbekommen können, wie weit die Fahndung fortgeschritten ist. Und das hätte ihm nur mehr Angst gemacht. Vom ersten Augenblick an, hat er uns gesagt, seine größte Angst ist die, dass die Bullen uns finden. Die Burschen, er hat immer nur von den Burschen geredet.

Frage: Das war seine größte Angst?

R/F: Ja, er hatte ja gar nicht mal so große Angst, dass wir ihn umlegen könnten, sondern die. Dass die Bullen, wenn die uns finden, einfach nur reinhalten und uns alle umlegen, ihn eingeschlossen.

Frage: Als Lorenz im Keller war, habt ihr ihm gesagt, wer ihr seid?

R/F: Ja, da haben wir noch dieses Foto gemacht. Da hat er sich ein bisschen gesträubt, da wollte er das Schild nicht halten. Für uns kam erschwerend hinzu, dass wir alle krank waren. Einer von uns hatte eine Grippe eingeschleppt.

Lorenz hat hinterher ausdrücklich betont, dass er von uns gut behandelt worden sei. Und abends, als ihm dann langweilig geworden ist, und weil er keine Nachrichten sehen durfte, er aber Fernsehen wollte, hat er sich, was war das noch, Ohnesorg Theater (8),  angesehen mit der Bewachung zusammen. Er hat dann zur Kenntnis genommen, dass wir auch gelacht haben. Das hat er später im Gerichtssaal erklärt.

Frage: Ansonsten habt ihr ihm auch einen Knopf wieder angenäht und so.

R/F: Wir haben dem die Hose wieder repariert.

Frage: Ihr habt sie ihm ja auch kaputt gemacht.

R/F: Außerdem hat er neue Unterwäsche gekriegt. Und Schach gespielt haben wir mit ihm.

Frage: Maskiert mit ihm Schach gespielt?

R/F: Wobei im Gericht dann gefragt wurde, ob er denn gewonnen hat, da hat er gesagt, er hätte auch mal gewonnen, aber er hätte den Eindruck gehabt, wir hätten ihn gewinnen lassen.

Frage: Aber, was habt ihr erstmal nach dem Foto gemacht?

R/F: Da haben wir die Erklärung geschrieben. Zwei waren immer oben, zwei unten und das ging dann immer rauf und runter, weil ja alle mitdiskutieren wollten.

Frage: Und dann habt ihr geschrieben:

»Heute morgen haben bewaffnete frauen und männer der bewegung 2. juni den parteivorsitzenden der berliner cdu, deren spitzenkandidaten für die abgeordnetenhauswahlen am 2. märz, Peter Lorenz gefangengenommen. die entführung mußte bewaffnet durchgeführt werden, da Lorenz sich auf einen solchen fall vorbereitet hatte: sein chauffeur und leibwächter war mit einer schusswaffe ausgerüstet. Peter Lorenz ist gefangener der BEWEGUNG 2. JUNI. als solcher wird er nicht gefoltert oder unmenschlich behandelt; im gegensatz zu den über 60 000 gefangenen in den zuchthäusern der BRD und berlin. als unser gefangener wird es ihm besser gehen als den häftlingen in den staatsknästen, allerdings wird ihm auch nicht der komfort seiner zehlendorfer villa zugute kommen. Peter Lorenz wird verhört werden. er wird über seine verbindungen zur wirtschaft, zu den bossen und zu faschistischen regierungen erzählen müssen. Lorenz ist von uns entführt worden, weil er als vertreter der reaktionäre und bonzen verantwortlich ist für akkordhetze und bespitzelung am arbeitsplatz, für den aufbau von werkschutz und antiguerillagruppen, für berufsverbote, dem neuen demonstrationsrecht, verteidigereinschränkung und für die aufrechterhaltung des diskriminierenden § 218. als cdu-chef hat er sich zum propagandisten des zionismus, der aggressiven eroberungspolitik des staates israel in palästina gemacht, und nimmt durch besuche in israel und geldspenden an der verfolgung und unterdrückung des palästinensischen volkes teil. genauso hat er blutigen anteil am militärputsch durch pinochet und konsorten in chile. seine partei ist es, die die junta durch geldspenden die repression ausführen läßt, die jede freiheitliche gesinnung erbarmungslos verfolgt und blutig niederschlägt, tausende von chilenen in kz’s foltert und ihre macht durch tägliche blutbäder aufrechterhält.

unsere forderungen:

  1. sofortige freilassung, d.h. annulierung der urteile der gefangenen, die bei demonstrationen anläßlich der ermordung des revolutionärs holger meins in berlin verhaftet und verurteilt sind. diese forderung ist innerhalb 24 stunden zu erfüllen.
  2. sofortige freilassung von

verena becker

gabriele kröcher-tiedemann

horst mahler

rolf pohle

ina siepmann

rolf heissler

die in westdeutschland gefangen gehaltenen genossen kröcher, pohle und heissler sind binnen 48 stunden nach west-berlin einzufliegen. eine boeing 707 hat in west-berlin vollgetankt und mit 4 mann besatzung bereitzustehen. die obengenannten genossen werden bis zu ihrem reiseziel von einer person des öffentlichen lebens begleitet. die person ist der pfarrer und bürgermeister a.d. heinrich albertz. außerdem sind den 6 genossen jeweils 20.000.- dm auszuhändigen. diese forderungen sind binnen 72 stunden zu erfüllen.

  1. veröffentlichung dieser mitteilung in form von anzeigen in folgenden Tageszeitungen: …
  2. während der ganzen zeit seiner gefangenschaft fordern wir absolute waffenruhe von seiten der polizei. keine präsenz auf den straßen, keine kontrollen, keine hausdurchsuchungen, keine festnahmen, keine fahndungsphotos, keine fahndungsersuchen an die bevölkerung.

bei nichterfüllung oder auch nur dem versuch der täuschung ist die unversehrtheit des gefangenen bedroht.

alle forderungen sind gleich wichtig.

wir wollen keine geheimverhandlungen. nachrichten des staatsappates an uns und ablauf der freilassung der genannten genossen samt ihrem abflug müssen über funk und fernsehen abgewickelt werden. bei präziser erfüllung aller forderungen ist die unversehrtheit und freilassung des gefangenen lorenz garantiert. andernfalls ist eine konsequenz wie im falle des obersten richters g.v. drenkmann unvermeidbar.

an die genossen im knast:

wir würden gern mehr genossen von euch herausholen, sind aber bei unserer jetzigen stärke nicht dazu in der lage.

an die bevölkerung berlins:

die organe des staates werden in den nächsten tagen eine hetzkampagne gegen uns führen, sie werden versuchen, euch in eine fahndung nach uns einzubeziehen. leistet keine unterstützung, laßt die polizei, die bonzen und die presse unter sich.

FREIHEIT FÜR ALLE GEFANGENEN

bewegung 2. juni.«

Frage: Wie habt ihr diese und eure anderen Mitteilungen überbracht?

R/F: Zum Teil haben wir über tote Briefkästen gearbeitet. Wir hatten in alten Häusern, wo es nicht auffiel, zusätzliche Briefkästen aufgehängt, die nur von uns benutzt wurden. Einer von uns ist aus der Schenkendorfstraße raus zu so einem Briefkasten, und von dort wurden unsere Mitteilungen von anderen weitergeleitet. Die erste Meldung ist an dpa gegangen, aber nicht alleine. Alle Mitteilungen wurden immer an mindestens drei Stellen geschickt oder überbracht. Anfangs immer an die Medien, nachher dann an andere Peter Lorenze, die wir aus dem Telefonbuch herausgesucht hatten. Auch an Pfaffen. Wir sind davon ausgegangen, dass du jedem sowas unter die Fußmatte legen kannst und wenn du fünf Texte in der Form verteilst, kannst du davon ausgehen, dass vier das dann auch weiterleiten. In der ersten Erklärung waren zwei Fotos beigefügt. Von Lorenz mit Brille. Da hat er darauf bestanden. Und da hat er sich auch ordentlich hingesetzt.

Frage: Wurde gefahndet?

R/F: Ja, aber zivil. Erstmal haben sie versucht, Zeit zu gewinnen, das war ja auch klar. Sie mussten ja erstmal feststellen, ob er noch lebt. Es hätte auch sein können, dass da auf dem Foto eine Leiche hingesetzt wurde.

Frage: Was ist weiter an dem Entführungsdonnerstag passiert?

R/F: Nix weiter. Abends war Lorenz wieder ziemlich klar. Da gab es dann einen Vernehmungsversuch. Wir hatten uns einen Fragenkatalog über seine Tätigkeiten in der CDU und seine Verstrickungen zur Berliner Baumafia gemacht. Wir hatten ein Tonbandgerät aufgebaut, und dann sollte er vernommen werden. Aber wir sind keine Vernehmer, das haben wir nach einer Stunde aufgesteckt. Wir wollten ja keine brutalen Methoden anwenden, um aus dem was rauszukriegen. Und er hat sich geweigert, was zu sagen. In den darauffolgenden Tagen ist er dann redseliger geworden, zumal wir kein Tonband mehr laufen ließen. Da hat er was von dem Leidensweg der Christdemokraten in Chile erzählt. Zu Palästina meinte er, daß das israelische Volk in Frieden leben müsse. Der Meinung waren wir auch, aber dies dürfe nicht auf Kosten der Palästinenser geschehen.

Was der von sich gegeben hat, war überwiegend ziemlich platt. Wir hatten den unten im Keller, alle haben sich den angeguckt und dann ging es übereinstimmend rum

Wer soll den denn umlegen, wenn der ganze Plan nicht klappt? Alle haben das gesagt. War gar kein Schwein mehr. Eher naiv.

Frage: Und am nächsten Tag?

R/F: Na, wir hatten doch noch die Aktentasche von Lorenz. Und wie hieß der Typ, Klingbeil, von dem war ein Scheck drin über 10. 000 DM. Eine Wahlspende für die CDU. Klingbeil galt bis dahin als absoluter SPD-Unterstützer, weil der von der SPD auch die ganzen Bauaufträge zugeschustert bekommen hatte. Dann haben wir noch Unterlagen über eine geplante Fahrpreiserhöhung bei der BVG gefunden, die zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Und es gab Unterlagen über geplante Entlassungen bei DeTeWe. Und schließlich noch Briefe von einer Mutter mit einem behinderten Kind, die sich an Lorenz gewandt hatte. Dazu hat er aber nix gesagt.

Einen toten Briefkasten mussten wir noch schließen, weil am Freitag Rainer Hochstein, der Kontakt zu verschiedenen Leuten von uns gehabt hatte, in Hamburg festgenommen worden ist. Der kannte nur den einen toten Briefkasten. Wir hatten es abgelehnt, mit dem was zusammen zu machen. Deswegen hat er sich später der Bundesanwaltschaft als Kronzeuge angedient. Da war der Trottel wenigstens dort, wo er hingehörte.

Frage: Was sahen eure Planungen vor, wenn die Bullen den Laden entdeckt hätten?

R/F: Hatten wir eigentlich gar keine. Wir hatten höchstens mal überlegt, daß wir dann die Forderungen vergessen können und gerade noch versuchen könnten, selber rauszukommen. Aber das wäre sehr heikel geworden.

Frage: War der Laden noch irgendwie abgesichert?

R/F: Wir haben uns total sicher gefühlt. Der Laden war mit einer Videokamera abgesichert, die den Eingangsbereich des Ladens im Bild hatte. Die, die unten Wache gehalten haben, hatten einen Bildschirm.

Unsere zweite Mitteilung haben wir am Freitag geschrieben. Sie ging an Marianne Lorenz, an die Landeszentrale der CDU, DPA, Bischof Scharff, den Senat von Berlin und verwies auf die erste Mitteilung, die mit der Post rausgegangen war und hatte eigentlich nur den Sinn, daß die Angeschriebenen auch nochmal aktiv werden. An Lorenz‘ Frau ging zusätzlich noch ein persönlicher Brief: »Die Polizei soll alles tun, damit ich hier wieder unversehrt rauskomme. In Liebe. Dein Peter.« 

»Wir fordern die oben genannten Personen und Organisationen auf, sich dafür einzusetzen, dass unsere erste Mitteilung, die an dpa, upi und senat gegangen ist, spätestens zur Abendschau und noch einmal in allen Tagesschauen verlesen wird. Gleichzeitig müssen die Fotos von der Gefangenschaft Peter Lorenz gezeigt werden. Gleichzeitig sollten Sie sich dafür einsetzen, dass die in der ersten Mitteilung aufgezählten Bedingungen umgehend erfüllt werden, wenn Sie an der unversehrten Freilassung des Gefangenen Peter Lorenz interessiert sind. Werden die Bedingungen nicht erfüllt, läuft das Ultimatum Samstag um 12.00 Uhr ab … 

bewegung 2. juni«

Von Lorenz wollten wir, dass er uns eine Person seines Vertrauens nennt, und das war witzigerweise der Pepper. Den haben wir angerufen. Wir haben nur gefragt, ob er was machen kann für den Lorenz. Und der hat einfach wieder aufgelegt. Der wollte damit nichts zu tun haben. Das werde ich mir merken!, hat der Lorenz dann gesagt.

Frage: Wie haben Polizei und Krisenstab mit euch kommuniziert?

R/F:Über die Medien. Manchmal haben sie auch angekündigt, heute Abend kommt was in der Abendschau. Am Samstag, dem 1.3. um 0.05 Uhr wurde über die Sender SFB und RIAS folgende Erklärung der Polizei ausgestrahlt: »Die Polizei wendet sich hiermit an die Entführer von Peter Lorenz.

Erstens: Die Personen, die im Zusammenhang mit der Demonstration nach dem Tode von Holger Meins festgenommen worden sind, befinden sich bis auf Ettore Canella und Günter Jagdmann bereits seit längerem in Freiheit. Die beiden Genannten werden am 1. März 1975 vor zehn Uhr aus der Haft entlassen.

Zweitens: Es ist nötig, dass Sie uns einen überzeugenden Beweis von der Tatsache liefern, dass Peter Lorenz weiterhin am Leben ist.

Drittens: Wir sind bemüht, mit unseren Maßnahmen Leben und Gesundheit von Peter Lorenz nicht zu gefährden. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist es erforderlich, Fragen zu klären. Zum Beispiel: Wie stellen Sie sich die Modalitäten der unversehrten Übergabe von Peter Lorenz vor? Was soll geschehen, wenn eine der von Ihnen namentlich genannten Personen sich weigert, an dem von Ihnen genannten Verfahren teilzunehmen?

Viertens: Geben Sie uns als Nachweis dafür, daß wir mit den Richtigen verhandeln, die Nummer des Personalausweises von Peter Lorenz.«

Frage: Woher wusstet ihr, dass das um 0.05 Uhr über den Sender geht?

R/F: Meinst du, wir hätten in der Zeit das Radio auch nur fünf Minuten ausgeschaltet? Meistens wurde das ja lange vorher angekündigt und dann auch noch wiederholt. Sie haben die Mitteilungen auch zur Fahndung benutzt, in dem sie diese immer später in der Nacht ausstrahlten. Und in der vierten Nacht waren sie so weit, dass sie die ganzen Postpeilwagen unterwegs hatten, weil sie gehofft haben, dass um 4.00 Uhr in Berlin nicht mehr so viele Fernseher an sind. Aber, die ganze Stadt hat am Fernseher gehangen. Und die einzigen, die in dieser Nacht nicht Fernsehen geguckt haben, waren wir. Da waren wir alle so übermüdet, dass selbst die Bewachung gepennt hat.

Am Samstag um 10 Uhr haben sie die beiden letzten Inhaftierten von der Holger Meins-Demo aus dem Knast entlassen. Da haben sie etwas Zeit geschunden, aber das war uns dann auch egal. Als der Jagdmann rauskam, das war offensichtlich so ein Alki, sind gleich die ganzen Reporter auf ihn zu, und er sagt: Ich habe damit gar nichts zu tun, ich weiß von gar nichts. Dann kam der Canella raus, da wollten sie sich auf den stürzen und flutsch, weg war er. Der hat gleich die Beine in die Hand genommen und ist los gesprintet. Der Jagdmann war nur so reingeraten in die Demo. Hat er auch gesagt. An dem Tag hat er zu Hause Probleme gehabt, hat was gesoffen, ist in die Demo reingeraten und hat einen Stein auf einen Bullen geworfen und das wars dann. Die Verfahren sind eingestellt worden. Die haben auch später nix mehr davon gehört.

Nachdem die Medien unsere Erklärung vollständig veröffentlicht hatten, und die beiden nun freigelassen worden waren, war uns klar, dass wir noch immer die Initiative in der Hand hatten. Am Samstagmorgen, dem 1.3. kam dann die Mitteilung Nr. 3 von uns. Die hatten wir bei verschiedenen Adressen vorbeigebracht, unter anderem beim Evangelischen Pfarramt in Zehlendorf. In der Erklärung stand: 

»Wenn ein von uns benannter Genosse die Befreiung nicht in Anspruch nehmen will, soll er dies am 1.3.1975 im Beisein seines Anwalts in der Berliner Abendschau öffentlich kundtun. Unser Ultimatum wird nicht verlängert. Es läuft Montag, 3.3., 9.00 Uhr ab, bis dahin müssen die entlassenen Genossen und Herr Pfarrer Albertz abgeflogen sein. Nach seiner Rückkehr werden wir sofort die Modalitäten der Freilassung von Peter Lorenz bekanntgeben. Seine Unversehrtheit hängt allein vom Verhalten des Staatsapparates ab. Wir haben Fürstenfeldbruck und Rammelmeier (9) nicht vergessen. Wenn der Polizeiapparat ähnliches vorbereitet, ist das der sichere Tod von Peter Lorenz. Dies ist bis zur Erfüllung unserer Forderungen die letzte Meldung.«

Frage: War das dann eure letzte?

R/F: Nö. Dann kam abends so um 20.00 Uhr die Erklärung von Pfarrer Albertz in Funk und Fernsehen

»Ich spreche zu Ihnen als ein Mann der Kirche, der bereit und verpflichtet ist, menschliches Leben zu schützen. Deshalb habe ich mich auch in dieser schwierigen Situation sofort bereit erklärt, mitzuwirken. Das kann ich aber nur tun, wenn Gefahr und Risiken nicht nur auf einer Seite lasten. Der mir bekannt gewordene Vorschlag, über den ich vom Regierenden Bürgermeister (10) unterrichtet worden bin, enthält hinsichtlich der Modalitäten der unversehrten Freilassung von Peter Lorenz unbefriedigende Aussagen. Um meinen Auftrag erfüllen zu können, muss ich eine andere als die bisherige Antwort erhalten. Ich habe mich zur Verfügung gestellt, um bei meiner ersten Begegnung mit Ihnen oder Ihren Freunden der unversehrten Freilassung von Peter Lorenz sicher zu sein. Sie umgekehrt können sich darauf verlassen, daß ich mich an keiner Unternehmung, die wie in Fürstenfeldbruck endet, beteiligen werde.«

Gleich im Anschluss kam dann die Erklärung der Polizei: »Sie haben die Erklärung von Pfarrer Albertz gehört, teilen Sie uns sofort die Modalitäten für die Freilassung von Peter Lorenz mit. Benutzen Sie als Erkennungszeichen den Namen des Ortes, an dem die im Flur des Hauses Lorenz hängende längliche Holzschnitzerei gekauft worden ist.«

Klar, das waren ja Sachen, die nur Lorenz wissen konnte. So um kurz vor 24.00 Uhr erklärte Mahler in der ARD-Tagesschau, daß er den Austausch ablehnt: Die Entführung des Volksfeindes Peter Lorenz als Mittel zur Befreiung von politischen Gefangenen ist Ausdruck einer von den Kämpfen der Arbeiterklasse losgelösten Politik, die notwendig in einer Sackgasse enden muß. Die Strategie des individuellen Terrors ist nicht die Strategie der Arbeiterklasse.

Das kam so im Fernsehen. In der Erklärung stand außerdem noch: … Anläßlich des Schauprozesses gegen Becker, Meinhof und mich im September des vergangenen Jahres, habe ich in einer öffentlichen Kritik, die zugleich eine Selbstkritik war, klargestellt, daß mein Platz an der Seite der revolutionären Arbeiterklasse ist. Ich bin der festen Überzeugung, daß sich durch den Kampf der revolutionären Massen die Gefängnistore für alle politischen Gefangenen öffnen, und daß die gegen mich gefällten Terrorurteile hinweggefegt werden weshalb ich es ablehne, mich auf diese Weise außer Landes bringen zu lassen … Vorwärts mit der KPD.

1980 wurde Mahler auf Bewährung entlassen. Da sich die Gefängnistore für Mahler nicht durch den Kampf der revolutionären Massen öffneten, sondern durch den gebückten Gang durch den Baumschen Tunnel (11), rächte sich Mahler an der Arbeiterklasse, indem er nach seiner Freilassung Manager in der Unterdrückung derselben ausbildete.

Danach kam die Erklärung von Gabriele Kröcher-Tiedemann, dass sie sich dagegen entschieden hatte, befreit zu werden. Am nächsten Tag, jedoch um 22 Uhr, hat Rolf Pohle verlangt, mit ihr telefonieren zu können, was die Bullen auch gemacht haben, woraufhin sie sich entschieden hat, doch mitzukommen. Später haben wir den Akten Genaueres zu ihrem Sinneswandel entnehmen können. Gabrieles erste ablehnende Erklärung war auf Grund einer Zusage auf Halb- oder Zweidrittelstrafe zustande gekommen. Sie hatte aber darauf bestanden, das schriftlich zu kriegen, was sie aber nicht bekam.

Frage: Kam die Idee mit dem Telefonat von euch?

R/F: Nein, das war Rolfs Idee.

Frage: Wie habt ihr darauf reagiert, dass die nicht mit wollten?

R/F:  Das war für uns schon ein ziemlicher Schock. Gleich zwei auf einmal. Du hättest mal unsere Sprüche damals hören sollen. Haben sie denen allen ins Gehirn geschissen, jetzt fangen die auch noch alle an zu spinnen, und so. Ansonsten, wenn sie halt bleiben wollen, bitte, dann sollen sie es halt aussitzen. Bei Kröcher-Tiedemann haben wir gedacht, dass sie einfach verunsichert ist.

Frage: Hat Lorenz das mitgekriegt?

R/F: Nein, der hat höchstens unser Rumgestampfe gehört.

Frage: Hattet ihr überlegt, stattdessen die Freilassung anderer Gefangener zu fordern?

R/F: Überlegt schon. Das Problem war aber, wenn wir zwei andere Namen genannt hätten, dann wäre von der Gegenseite gekommen, daß das in der Zeit nicht mehr klappen würde, und wir wollten unbedingt den Zeitplan einhalten. Dann kam am Samstag um 24.00 Uhr

Die Polizei wendet sich hiermit erneut an die Entführer von Peter Lorenz. Sie hat die Mitteilung Nr. 3 erhalten. Andere nummerierte Mitteilungen liegen ihr nicht vor.

  1. Die Polizei geht davon aus, dass Peter Lorenz am Leben ist. 2. Es ist wahrscheinlich, dass zu einem Einflug nach Berlin nur zwei Gefangene bereit sind. Wie Sie gehört haben, gibt es lediglich die Möglichkeit, Ihr Ziel über einen Flughafen des Bundesgebietes zu erreichen. Es bietet sich daher an, alle namentlich genannten Gefangenen dort zusammenzuführen. Dazu erwarten wir Ihre Äußerung.
  2. Sie haben die Erklärung von Pfarrer Albertz gehört und müssen daraus erkennen, dass es unabdingbar ist, die Modalitäten der unversehrten Freilassung von Peter Lorenz klar festzulegen.
  3. Sie können fest davon ausgehen, dass die bisherigen und künftigen Verhandlungen ausschließlich dem Ziel der Sicherung des Lebens und der Gesundheit von Peter Lorenz dienen.
  4. Ihr Weg der Verhandlungsführung gibt kaum eine Chance, ihren Forderungen zu entsprechen. Wählen Sie einen schnelleren Weg.
  5. Um erkennen zu können, daß die Polizei weiterhin mit den Richtigen verhandelt, nennen Sie als Erkennungswort den Ort, an dem die Armbanduhr von Frau Lorenz gekauft worden ist.

Das war Samstagnacht.

Frage: Was für Diskussionen liefen da unter euch?

R/F:In der Zeit gab es nicht so viele Diskussionen. Du darfst nicht vergessen, dass wir die ganzen Tage kaum gepennt haben. Die Stimmung war aber sehr gut, weil nach der ersten Erklärung der Bullen eigentlich klar war, dass es läuft. Sie sind der Forderung nach Veröffentlichung und der zweiten Forderung nach Freilassung der Demonstranten nachgekommen. Also bis dahin lief ja alles. Klar war aber auch, dass sie natürlich versuchen würden, Zeit zu gewinnen. Die Bullen sind davon ausgegangen, dass wir einen Anwalt nennen, über den dann verhandelt würde. Deswegen hatten sie von einem schnelleren Verhandlungsweg geredet. Dadurch hatten sie sich erhofft, an uns heranzukommen.

Frage: Was hielt Lorenz von dem Verlauf?

R/F: Er kannte unsere Forderungen, aber er wusste nichts über den Stand der Verhandlungen. Im Übrigen wollte er immer nur wissen, wie Biedenkopf sich zu der ganzen Angelegenheit geäußert hat. Das war damals der starke Mann in der CDU. Er war zu der Zeit Generalsekretär und Gegenspieler von Kohl. Als wir ihm sagten, dass Biedenkopf sich für einen Austausch ausgesprochen hat, reagierte Lorenz optimistisch und erleichtert. Von da ab ging er davon aus, dass der Austausch tatsächlich stattfinden würde.

Als nächstes gab es dann unsere Erklärung, dass wir die Entscheidung von Kröcher-Tiedemann und Mahler akzeptieren. Diese Nachricht haben wir zusammen mit einer Kassette in einen Briefkasten am Kudamm geworfen und gegen 3.00 morgens die Bullen angerufen und sie informiert, daß dort folgende Mitteilung von uns zu finden wäre: 

»Mitteilung Nr. 4: 

Die Entscheidungen von Kröcher und Mahler werden akzeptiert.

Die gefangenen Revolutionäre SIEPMANN, BECKER, HEISSLER und POHLE sind umgehend nach Frankfurt a.M.12 zu schaffen. Mit den Berliner Genossen muss Pfarrer Albertz fliegen. In Frankfurt müssen die Genossen Gelegenheit haben, ohne Aufsicht miteinander zu reden. Außerdem sind ihnen unsere sämtlichen Mitteilungen in dieser Sache vorzulegen. Alle 4 Genossen erhalten dann zusammen Gelegenheit, am Beginn der Wochenschau/Tagesschau So. 2.2.75 um 12.45 Uhr zu erklären, ob sie fliegen wollen oder nicht.

Herr Albertz und die Genossen, die erklärt haben, dass sie ausgeflogen werden wollen, starten bis Montag 9.00 Uhr mit einer BOEING 707 und 4 Mann Besatzung. Den Genossen sind die geforderten Gelder auszuhändigen (120 000 DM).

Zu seinen Freilassungsmodalitäten hat P. Lorenz auf der beiliegenden Kassette selbst etwas gesagt. Damit wir wissen, dass den Staatsapparat diese 4. Mitteilung erreicht hat, muss sofort nach Erhalt dieser Mitteilung der Text im SFB verlesen werden. 

bewegung 2. Juni

Armbanduhr = MADRID.«

Wir hatten 20 000 DM für jeden als Handgeld gefordert. Da aber nicht alle fliegen wollten, haben wir gesagt, trotzdem 120.000 DM. Die Bullen wollten dann jedem nur die 20.000 DM geben, woraufhin Rolf Pohle gesagt hat, wir hätten doch 120.000 DM geschrieben. Auf den Spruch hin hat er die anderen 20.000 auch noch ausgehändigt bekommen, aber auch später wegen räuberischer Erpressung nochmal dreieinhalb Jahre in Bayern. Und das nur, weil er darauf bestanden hatte, dass die Forderungen korrekt erfüllt wurden.

Dann gab’s noch die Erklärung von Lorenz auf Tonband, wo er sich bei Albertz im voraus bedankt und weiter gesagt hat: »… Sie selbst, Herr Pfarrer Albertz, wollen sichergehen, dass keine Katastrophe wie in München geschieht und wollen daher wissen, wie und wo ich persönlich befreit werden soll. Meine Bewacher sehen sich nicht in der Lage, die Modalitäten meiner Befreiung bekanntzugeben, weil sie sich damit gefährden würden. Sie erklären, dass sie einer entsprechenden Zusicherung der Polizei keinen Glauben schenken würden. Meine Bewacher haben mir jedoch ihr Ehrenwort gegeben, dass ich, wenn Sie, Herr Pfarrer Albertz, auf dem Luftwege nach Deutschland zurückgekehrt sind, unverzüglich ohne jeden Schaden an Leib und Leben, freigelassen werde. Ich vertraue meinen Bewachern, dass sie dieses, ihr Ehrenwort halten werden.

Ich bitte, meiner Frau meine herzlichsten Grüße auszurichten.«

Die Bullen bestätigten uns dann, wie von uns gefordert, den Erhalt dieser Mitteilungen.

Frage: Was passiert dann weiter am Sonntag?

R/F:Da liefen die Wahlen in Berlin. Die Stimmung war ganz eigenartig, weil einerseits wollten sie den Eindruck vermitteln, dass die Wahlen ganz normal über die Bühne gehen und sich der Staat wie immer von den Anarchisten nicht erpressen lässt. Und andererseits war die Entführung ja Stadtgespräch. In jeder Kneipe wurde darüber geredet. Ist ja auch was besonderes, wenn der Wahlsieger gerade geklaut ist. Die CDU bekam mit Lorenz die meisten Stimmen in der Stadt. Doppelt so viel Stimmenzuwachs war vorhergesagt worden, als er dann tatsächlich bekommen hat. Wir sind runter zu ihm und haben gesagt: Herr Lorenz, Herzlichen Glückwunsch, Sie sind ja wohl der nächste Bürgermeister.

Da hat er gestrahlt.

Frage: Durfte er die Wahlergebnisse sehen?

R/F: Klar, durfte er das.

Frage: Und Lorenz war die ganze Zeit ruhig?

R/F: Der war kooperativ. Er hat nicht mal über das Essen gemeckert. Wir wissen gar nicht, wer an dem Tag gekocht hat. Jedenfalls war das ein Saufraß. Schlimmer als später im Knast.

Frage: Und dann habt ihr die Nacht durchgefiebert, was am nächsten Tag wohl passieren würde?

R/F: Ja, da wuchs die Spannung etwas, denn am Sonntag um 14Uhr teilten uns die Bullen mit, daß die Gefangenen noch am selben Tag nach Frankfurt geflogen würden: »Die Polizei wendet sich an die Entführer von Peter Lorenz! Sachstand 2. März 1975, 14 Uhr:

  1. Die Gefangenen Becker und Siepmann werden Berlin am heutigen Tag nach Frankfurt/Main verlassen. Auch Pohle und Heißler werden in Frankfurt sein. …

Ihre in diesem Zusammenhang genannten Zeitvorstellungen sind nicht zu realisieren. …

  1. Es ist notwendig, daß Sie uns sofort das endgültige Flugziel angeben, damit die damit verbundenen Vorbereitungen getroffen werden können …«

Am frühen Morgen des 3. März haben wir einen weiteren Brief mit der Aufschrift »An den S E N A T!! Kennwort: GERD!!« in einen Briefkasten in der Marburger Straße eingeworfen und die Bullen wieder telefonisch darüber informiert: 

»Mitteilung Nr. 5: 

  1. Wir nennen kein Reiseziel. Der Pilot wird die Anweisungen in der Luft erhalten.
  2. Das Ultimatum wird um 1 Stunde, das heißt bis 10.00 Uhr verlängert; d.h., dass in der Tagesschau um 10.00 Uhr das Einsteigen der 5 Genossen und Heinrich ALBERTZ übertragen wird. Gleichzeitig muss ihre Erklärung vom Montag, 4.00 Uhr ausgestrahlt werden.
  3. Die BOEING 707 muß VOLL getankt und mit 4 Mann Besatzung starten.
  4. Heinrich Albertz ist keine Geisel.
  5. PETER LORENZ und wir warten auf den unverzüglichen Abflug der 5 Genossen und Heinrich ALBERTZ. 

bewegung 2. juni«

Wie wir später erfahren haben, hatten die Bundesregierung und die beteiligten Landesregierungen noch vor Erhalt dieser Nachricht entschieden, unsere Forderungen zu erfüllen: »Die beteiligten Regierungen gaben dem Druck der Entführer nunmehr endgültig nach, weil auch jetzt kurz vor Ablauf der Frist diese Entscheidung der einzige Weg zu sein schien, das Leben von Peter Lorenz zu retten.«

Die Befreiten erhielten dann noch die geforderten 120.000 DM und es wurde eine kurze Erklärung vom Frankfurter Flughafen von Ina Siepmann übers Fernsehen ausgestrahlt, in der sie bekanntgab, dass sie jetzt abfliegen würden. Gegen 9.00 Uhr bestiegen alle das bereitgestellte Flugzeug, welches dann um 9.56 Uhr Richtung Salzburg abhob. Den ganzen Tag über wurden Bilder vom Besteigen der Boeing 707 und des Starts der Maschine im Fernsehen gezeigt.

Frage: Ihr hattet doch dann keine Möglichkeit mehr zu überprüfen, ob die wirklich in die Maschine eingestiegen und gestartet waren, ob die euch nicht ein riesiges Theater vorspielten und einfach nur so taten, als ob da irgendwelche Flugzeuge rumflögen?

R/F: Na dafür hat ja praktisch Albertz garantiert. Ansonsten war das so abgesichert, dass Albertz nach der Landung von den Gefangenen ein Codewort kriegt. Es sollte von ihnen eine kurze Erklärung geschrieben werden, in der das Codewort vesteckt war. Nach Albertz‘ Rückkehr sollte er den Text im Fernsehen verlesen. Dadurch würden wir wissen, ob sie sicher gelandet sind oder nicht. Dadurch, dass wir immer die Flugroute wussten, war uns klar, dass alles ok war. Und spätestens nach einer fingierten Landung hätten sie ja das richtige Codewort nicht gehabt und dann hätten wir auch gewusst, ist nicht. Wir hatten ausdrücklich gesagt, nirgends zwischenlanden.

Frage: Aber dann mußtet ihr doch sicher sein, daß vorher ein Kassiber mit dem Codewort in den Knast gegangen war?

R/F: Von dort hatten wir ja auch eine positive Rückmeldung erhalten.

Frage: Haben die Bullen da später noch weiter nachgeforscht?

R/F: Rausgekriegt haben sie jedenfalls nicht, wer das Codewort gekriegt hatte.

Frage: Wie lautete das eigentlich?

R/F: (Beide im Chor):»So ein Tag, so wunderschön wie heute.«

Wir hatten nicht nur das Codewort reingegeben, sondern auch die Route. Wir hatten sehr detailliert Anweisungen zu den Flugetappen gegeben. Zuerst Rom, kurz vor Rom bekam der Pilot von den Befreiten die Anweisung: Nach Tripolis, dann nach Addis Abeba und schließlich nach Aden. Dadurch, daß das im Radio übertragen wurde, wußten wir auch immer, wo die sind, und daß das Ding in unserem Sinne läuft. Die Bullen sollten erstmal nicht wissen, wo es hingeht. Wir wollten sie ein wenig verwirren, so mit Grußbotschaft über Libyen etc. Im Radio sagten sie immer, die wissen nicht wohin. Erst dachten sie alle, jetzt landen sie in Libyen, und dann flogen sie aber immer weiter. Deshalb hatten wir ja auch eine Boeing 707 ausgesucht. Wir hatten vorher ausgerechnet, wie weit die fliegen kann. Die Anweisungen hat immer Rolf Pohle an den Piloten gegeben.

Frage: Es war wirklich nur diese vierköpfige Besatzung an Bord?

R/F: Ursprünglich wollten sie eine doppelte Besatzung, aber das wurde von den Freigelassenen verweigert. Die Bullen haben eine zweite Besatzung in einer zweiten Maschine hinterhergeschickt.

Frage: Also zwei Flugzeuge?

R/F: Eigentlich sogar drei. Im dritten saß der Staatssekretär im Kanzleramt und erfahrene Geheimdiplomat, Wischnewski (Ben Wisch) auf einem Koffer mit 6 Millionen DM für ein Aufbauprojekt im Süd-Jemen, um die Gefangenen wieder einzukaufen.

Frage: Aber der wusste doch nicht, dass es in den Südjemen geht?

R/F: Nein, aber 6 Millionen hatte er dabei gehabt, egal für welches Land. Sie konnten sich das ja auch denken. Es kamen im Prinzip nur Libyen, Algerien, Somalia, Südjemen oder vielleicht Irak in Frage. Jedenfalls hat die BRD den Jemeniten so ein Zementwerk versprochen gehabt, schon Jahre vorher und das hätten sie dann kriegen können, haben sie aber abgelehnt. Die BRD hat es später noch öfter versucht, die fünf zurückzukriegen.

Was den Albertz aber entsetzte, wie er später im Prozeß gesagt hatte, war die Tatsache, daß die Bundesregierung veranlaßt hatte, daß, sollte die Maschine in Addis Abeba landen, die äthiopische Armee das Ding stürmen und alle umschießen sollte, mitsamt Albertz. Das hatte ihm später ein höherer Bonner Beamter gesteckt. Darüber war er natürlich völlig entsetzt. Er war zwar immer wieder danach gefragt worden, ob er von den Gefangenen unter Druck gesetzt worden wäre, dabei ging aber die einzige Gefahr von einer ganz anderen Seite aus. Außerdem war er sowieso schon sauer auf die Bullen, weil die ihn die ganze Zeit vor dem Abflug abgehört hatten, obwohl ihm vorher zugesichert worden war, dass er unbehelligt mit den Freigelassenen reden könne.

Frage: Und was war dann im Südjemen?

R/F: Erst mal musste das Flugzeug lange kreisen, weil keine Landegenehmigung erteilt wurde. In der Zwischenzeit hat sich die südjemenitische Regierung so lange doof gestellt, bis sie ein offizielles Ersuchen der Bundesregierung für eine Landeerlaubnis und die Aufnahme der befreiten Gefangenen erhalten hatte. Jedenfalls haben sie schließlich gegen 19.00 Uhr die Landeerlaubnis gekriegt und sind gelandet.

Frage: Das mit dem Südjemen hattet ihr schon ein Jahr vorher geklärt?

R/F: Na, nicht ganz ein Jahr, im Grunde einen Monat vorher. Dort hatte sich eine Person bereit erklärt, die politische Verantwortung zu übernehmen und das dann abgeklärt. Wir alleine hätten es nicht geschafft, den Kontakt zu kriegen. Ohne vorherige Landegenehmigung hast du keine Chance.

Frage: Und der Typ, der euch das zugesichert hatte, war Palästinenser?

R/F:Ja. Der konnte das von seinem Einfluss her erreichen. Da waren wir uns sicher, einfach aus der Erfahrung raus, die wir mit diesen Leuten hatten. Gut sagen wir, das war zu 99 % sicher.

Sie konnten nach etlichen Stunden am 4. März das Flugzeug verlassen. Dort am Flughafen haben dann alle an einem Tisch gesessen, Vertreter der südjemenitischen Regierung, die Gefangenen und Albertz, und sie haben erstmal Tee getrunken, wie das dort so üblich ist. Dann wurde bequatscht, dass sie eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung bekämen. Daraufhin wollte Albertz schon losfliegen, als den Befreiten im letzten Augenblick eingefallen ist, dass es ja noch ein Codewort geben musste, so dass sie schnell noch eine Erklärung geschrieben haben.

Frage: Durften die beiden anderen deutschen Flugzeuge dort auch landen?

R/F: Nein, die mussten im Nordjemen landen. Der deutsche Botschafter in Saana im Nordjemen ist dann mit einem Jeep losgefahren. Den haben sie an der Grenze aber gar nicht erst in den Südjemen reingelassen. Albertz ist schließlich um 8.30 Uhr wieder allein mit der Erklärung zurückgeflogen. Irgendwo sind die wohl noch zwischengelandet, um die Besatzung auszutauschen. Jedenfalls ist die Maschine noch am selben Tag wieder in Frankfurt gelandet. Die Erklärung war schon vorab übermittelt worden. Abends hat Albertz sie dann noch einmal in der Abendschau vorgelesen: 

»Am Morgen des 4.3.75 verließen wir, die 5 befreiten Gefangenen, die Crew und Pfarrer Albertz die Lufthansa Maschine. In der Halle des Flughafens Aden versammelten wir uns mit dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes der südjemenitischen Regierung. Er bekräftigte nochmals den Beschluss seiner Regierung, uns in der Volksrepublik Südjemen aufzunehmen, wo wir uns unbegrenzt und völlig frei aufhalten können. Die Regierung gab ihr Wort, daß sie diese Aufenthaltsbedingungen einhalten will gegen unser Wort, daß dieser Text die Voraussetzung zur Freilassung von P. Lorenz schafft. Wir danken der Crew für ihren Einsatz, wir danken Pfarrer Albertz für all seine Bemühungen. Wir grüßen die Genossen in Deutschland; die außerhalb des Knastes sind und die, die noch im Knast sitzen. Wir werden unsere Energie darein setzen, daß für sie auch bald so ein Tag, so wunderschön wie heute, anbrechen wird.

Wir werden siegen! 

Ina Siepmann, Rolf Heißler, Gabi Kröcher-Tiedemann, Verena Becker, Rolf Pohle«

Frage: Und das hat Albertz vorgelesen?

R/F: Ja, das kam Dienstagabend im Fernsehen.

Frage: Durfte Lorenz davon irgendwas mitkriegen?

R/F: Das Aus- und Rumfliegen hat er sogar mit uns im Fernsehen gesehen. Nach dem Abflug hat er richtig Anteil genommen. Da wurde die ganze Situation auch entspannter.

Frage: Hattet ihr Sekt?

R/F: Nein, nur Wein, aber wir haben mit Lorenz kurz angestoßen. Der wusste, jetzt geht es nach Hause. Dann haben wir gemeinsam mit ihm überlegt, wie wir das machen. Er meinte, na mit der Kiste, das wäre doch so unbequem. Wir haben ihm gesagt, wir könnten natürlich auch durch den Hausflur laufen, aber dann würden uns eventuell welche sehen. Schließlich haben wir ihm die Brille zugeklebt, das heißt, die Augen zugeklebt und dann die Brille drüber. Das war zwar unangenehm, aber so konnte er laufen. Wir haben ihn zum Auto geführt. Das war so gegen 23.00 Uhr desselben Abends, nachdem Albertz die Erklärung verlesen hatte. Die Stadt war total tot.

Kein Bulle war auf der Straße zu sehen. Die hatten alles runtergezogen, was runterzuziehen war. Und dann sind wir mit ihm in den Stadtpark Wilmersdorf gefahren, an die Stelle, wo er von den Russen 1945 als Soldat schon mal festgenommen worden war, was wir aber nicht wussten. Wir haben ihm noch drei Groschen fürs Telefon in die Hand gedrückt, drei, falls einer durchfällt und uns mit Handschlag verabschiedet. Zuvor hatte er noch bedauert, dass wir uns unter diesen Umständen kennengelernt hätten. Vielleicht ergäbe sich ja mal eine Gelegenheit, sich unter anderen Bedingungen wiederzusehen. Zu dem Zeitpunkt war er noch blind. Wir hatten ihn auf die Parkbank gesetzt, und er hatte gemeint, dass er alle Menschen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt hätten, mal wieder gesehen habe. Er hoffe, auch uns mal wiederzusehen, wenn die Zeiten sich mal ändern sollten. Letztlich hat er uns dann noch zu einer seiner Gartenpartys eingeladen. Wir haben ihm gesagt, er solle bloß nicht, wenn er nach Hause käme, vorne reingehen, denn dort ständen so viele Reporter rum, woran er sich auch gehalten hat. Der wollte nur noch zurück, zurück zu seiner Frau. Der wollte mit keinem reden.

Frage: Aber dann kam er doch gleich ganz groß in der Presse?

 

R/F: Ja, am Nachmittag des 5. März hat er gleich eine internationale Pressekonferenz gegeben, da kann er nicht viel geschlafen haben.

»Lorenz: Es handelte sich zweifelsohne um einen Gewaltakt … Aber die haben sich – wenn man die allgemeinen Umstände dieser Art in Betracht zieht – mir gegenüber korrekt verhalten. Das heißt, ich hatte immer Waschgelegenheit, ich hatte immer zu essen und sie haben mich auch nicht in besonderer Weise schikaniert oder drangsaliert …

Reporter: Herr Lorenz, hatten Sie das Gefühl, dass sich die Entführer absolut sicher vor Maßnahmen der Polizei fühlten, oder waren sie unsicher?

Lorenz: Nein, die Entführer vermittelten den Eindruck, als ob sie von ihrem Standpunkt aus so gut wie möglich vorgesorgt hatten, und ich muß auch sagen, wenn ich mir mal den Ablauf der Aktion ansehe selbst wenn man in Rechnung stellt, daß die Polizei ja bewußt eine ganze Weile auf Maßnahmen verzichtet hat dann ist sie ausgezeichnet geplant gewesen und ausgezeichnet abgelaufen. Aber natürlich hatten die immer auch Furcht, daß irgendetwas von Seiten der Polizei dazwischen kommen könnte …

Reporter: Herr Lorenz, haben die Anarchisten Äußerungen zum Wahlkampf gegeben?

Lorenz: Eigentlich nur, dass möglicherweise die Entführung das Wahlergebnis so oder so beeinflussen würde …

Reporter: Herr Lorenz, zwei Ihrer Parteifreunde haben die Todesstrafe für Terroristen gefordert. Wie sieht es Ihrer Ansicht nach damit aus?

Lorenz: Ich war, bin und werde gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe eintreten …

Reporter: Herr Lorenz, würden Sie mal schildern, wie die Nahrungsaufnahme sich abgespielt hat und was Sie zu essen bekommen haben?

Lorenz: Bürgerliches Essen, Brote, Kaffee, Tee. Die Nahrungsaufnahme hat sich in der gleichen Weise wie üblich abgespielt, mit der Hand in den Mund …

Reporter: Herr Lorenz, hatten Sie den Eindruck, daß es sich um ein richtiges Volksgefängnis gehandelt hat?

Lorenz: Nein. Ich hatte den Eindruck, daß es speziell für diesen Fall hergerichtet war …

Reporter: Wie war der Umgangston? Welchen Eindruck hatten Sie von den Tätern hinsichtlich ihrer Intelligenz?

Lorenz: Ich habe sie für intelligent gehalten und ich möchte keine Einzelheiten weiter sagen, als daß ich nicht erpreßt worden bin und daß die Behandlung im Rahmen der Gesamtumstände und der Nötigung, der Gewalt, der ich ständig ausgesetzt war, korrekt gewesen ist …«

Es gab später wochenlang Versuche der Bullen, Peter Lorenz zur Vernehmung zu kriegen, der hat sich dem aber immer entzogen. Es gab dann auch ein psychologisches Gutachten der Bullen zur Solidarisierung von Geiseln mit Geiselnehmern, weil es offensichtlich war, dass Lorenz nicht zur Kooperation bereit war. Seine Sekretärin hat ihn immer verleugnet. Ihn hat das richtig geärgert, denn die haben ihn selbst dann beobachtet, wenn er spazieren gegangen war.

In dem psychologischen Gutachten zu Lorenz stand dann:

»Sympathie bildet sich unter äußerem Druck, gemeinsamer Zielsetzung und dem davon abhängigen vermehrten Binnenkontakt. Diese Faktoren liegen vor (Zielsetzung ist gemeinsam, weil beide Teile an der Freilassung interessiert sind). Den Aussagen sind dafür deutliche Hinweise zu entnehmen: Gemeinsames Fernsehen, Zunähen der Hose, Besorgung von verschiedenen Utensilien, höfliche Behandlung, evtl. gemeinsames Schachspiel, Diskussion und die Art der Gespräche ›Kinder, sagt mir bitte‹, ›Warten Sie bitte fünf Minuten‹.

Entweder sind diese Redewendungen so gebraucht worden, oder Herrn Lorenz erschienen sie so. In beiden Fällen spricht das für ein ›kameradschaftliches‹ Verhältnis. Ein solches ist nach dem Ehrenkodex, Herr L. verwendet selbst diesen Ausdruck, kommunistischer oder anarchistischer Täter durchaus möglich, da sie sich nur gegen das ›System‹, aber nicht gegen den Einzelnen ›Kapitalisten‹ wenden, dem sie Ehrenhaftigkeit durchaus zubilligen. (Gilt nicht für alle Gruppen, würde sie auch von einem Mord nicht abhalten, wenn sie ihn aus politischen Gründen für richtig halten.) Die Herausbildung einer gewissen Sympathie ermöglicht aber zugleich durch Angstreduktion eine gelassene Lagebeurteilung und bewirkt allenfalls eine wohlwollende Beurteilung der Leute und ihrer Ziele. Es ist nicht anzunehmen, dass sie die sachlichen Aussagen beeinträchtigt oder gar zu absichtlich falschen Aussagen führt, um die Täter zu schützen. Die Möglichkeit einer unbewußten Identifizierung mit den Tätern muß zwar in Betracht gezogen werden, ist aber wenig wahrscheinlich. Die Möglichkeit von Gedächtnislücken durch Schock oder Verdrängung ist ebenfalls gering einzuschätzen, da während der eigentlich bedrohlichen Zeit die Medikamentenwirkung tiefere Gemütseindrücke, Verkrampfungen, Panik u.ä. verhinderte.«

Nach der Freilassung von Lorenz ging die Fahndung erst richtig los. Die Bullen haben über 80 Hausdurchsuchungen vorgenommen, und unter anderem ein paar Jugendzentren durchsucht. Die Durchsuchungen kamen auch in den normalen Medien nicht so gut an. Da gibt es auch so ein Foto, wo die Bullen ganz übel im Weisbeckerhaus13 rumprügeln. Vorher war es eigentlich ganz friedlich abgelaufen und das sah dann nach Rache aus. Es war klar, daß Lorenz nicht im Weisbeckerhaus gewesen war. Der Hauptteil der Fahndung, dachten wir, würde in den ersten drei Tagen sein und danach würde es verdeckt weitergehen, und das war dann auch so. Wir sind erstmal abgetaucht. Den Keller haben wir so gelassen, nur einen Schrank vor den Eingang gestellt. Wir wollten den Keller später wieder in den ursprünglichen Zustand bringen.

Wir hatten extra Wohnungen, die wir vorher nie benutzt hatten. Die Wohnungen, in die wir gegangen sind, waren legale Wohnungen von Leuten, die wir kannten, die aber nicht so dicht an der Szene waren. Von uns ist die ersten drei Tage niemand auf die Straße gegangen. Namentlich haben die Bullen nach Inge Viett, Ralf Reinders, Fritz Teufel, Norbert »Knofo« Kröcher, Till Meyer, Andreas Vogel, Werner Sauber und Angela Luther gefahndet. Insgesamt acht Leute, die Hälfte davon waren aber die falschen.

Angela Luther haben sie gejagt, weil sie so groß war. Der Fahrer von Lorenz wollte sie wiedererkannt haben. Der Schlag auf den Kopf war wohl doch doller, als wir gedacht haben. Da sind die Bullen hier in Berlin immer großen Frauen hinterher gerannt. In den ersten Tagen ging es uns so dermaßen gut, weil wir gemerkt haben, dass die überhaupt nicht an uns rankamen.

Nachdem Lorenz frei war, haben wir noch einen Brief an Albertz geschrieben und da das ganze Zeug zugetan, das wir bei Lorenz in der Aktentasche gefunden hatten. Unter anderem waren da die Briefe von einer Frau Busch, die eine behinderte Tochter hatte und mehrfach Lorenz um Hilfe gebeten hatte. Das las sich dann so: »Lieber Herr Peter Lorenz! Ich bin seit 25 Jahren Mitglied der CDU. Ich habe ein mongoloides Mädchen, welches am 24.12.60 geboren wurde. Seitdem habe ich viel Schweres durchgemacht mit meinem Kinde in der Öffentlichkeit. So häßlich können nur Menschen ohne innere Werte sein. Aber weh tat es, daß auch Senat und Kirche uns fallen ließen, wie eine heiße Pellkartoffel und uns fühlen ließen, daß wir Menschen 2. Klasse sind …«

Die Frau war schon von Hinz zu Kunz gelaufen und Lorenz hatte ihre Briefe offensichtlich gesammelt, geholfen worden war der Frau aber immer noch nicht. Darum haben wir an Albertz einen Brief geschrieben mit der Bitte, der Frau zu helfen. Die Kohle, die Lorenz bei hatte, 700.- DM oder so, die haben wir der Familie nämlich zusammen mit einem erläuternden Brief durchgesteckt. Wir haben viel geschrieben zu dieser Zeit.

Frage: Hat die Frau das Geld behalten?

R/F: Nein, aber das hat sie später bedauert.

Frage: Hat Albertz sich für die Frau Busch eingesetzt?

R/F: Wissen wir nicht.

Frage: Und hat sich Albertz später für euch eingesetzt?

R/F: Ja, für die Freilassung von Gerald Klöpper und Gabriele Kröcher-Tiedemann.

Frage:Und hinterher gab es noch eine Erklärung?

R/F: Die Entführung aus unserer Sicht. Das wurde so etwa 20 Tage danach verteilt. Drei Tage nach Lorenz‘ Haftentlassung haben wir uns alle wieder getroffen und »Die Entführung aus unserer Sicht« diskutiert und zusammengeschrieben: 

»wer sind wir?

wir wollen uns mit dieser zeitung nach den ganz dramatischen ereignissen noch einmal so direkt wie möglich und so umfassend, wie wir es können, an die berliner bevölkerung wenden.

     wir tun dies hauptsächlich aus drei gründen:

  1. wir wollen, so weit das geht, sagen, was für leute wir sind.
  2. wir wollen einen teil der ganzen lügenmärchen von presse und politikern aufdecken.
  3. wir wollen sagen, warum wir cdu-lorenz entführt haben.

wir sind nicht ein haufen von leuten, die nach dem motto „je schlimmer, desto besser“ wahllos draufschlagen, wo immer wir für „uns“ eine gelegenheit dazu sehen. wir wissen, daß „wir“ den staat nicht aus den angeln heben, nicht kaputt machen, nicht stürzen können. wir sind keine ausgeflippten kleinbürger. jeder von uns weiß, was fabrikarbeit ist, einige haben nicht einmal hauptschulabschluß, geschweige denn studiert.

     unsere feinde ziehen ein gesabber ab, daß es nicht mehr auszuhalten ist, „wir sitzen alle im gleichen boot“, „wann holen die sich den gemüsehändler um die ecke?“ und „keiner kann sich mehr auf die straße trauen“. jetzt plötzlich sind alle gleich. jetzt plötzlich wohnt nicht mehr der eine in der schlechten, aber teuren mietwohnung in kreuzberg, wedding oder sonstwo und der andere in der zehlendorfer villa. jetzt plötzlich verdient der eine nicht mehr 1000 mark im monat und der andere gibt sie an einem tag aus. die gleichheit, die im gesetz aufgeschrieben ist, ist plötzlich da, obwohl es immer noch nur 10% arbeiterkinder an den universitäten gibt (und nicht weil wir blöder sind), obwohl reiche mit ihrer kohle und ihren beziehungen weiter im ausland abtreiben und sich ein schönes leben machen, und die cdu, die weiter gegen die abtreibung ist, und die unternehmer stützt und der kleine mann weiter der angeschissene ist. wer sich wehrt, ist kriminell, terroristisch. es sind nicht etwa die schweinischen polizisten, die jugendheime zerstören, unternehmer, die, wenn’s ihnen paßt, hunderte von arbeitern auf einen schlag auf die straße setzen, richter und polizisten, die kreiselbauer schonen und automatenknacker erschießen. 

wir sind der meinung, daß worte und verbale forderungen nichts nützen, um das, was in diesem land falsch läuft zu verändern. zuviel ist schon darüber geschrieben worden, zu viele menschen erleben es täglich am eigenen leibe. in dieser gesellschaft geht es nur einzelnen gut, die mehrzahl wird fertiggemacht.

     was bedeutet es denn, wenn man den ganzen tag ackert und abends so kaputt nach hause kommt, daß man sich nur noch vor den fernseher hocken kann?

woher kommen die kindesmisshandlungen, die schlägereien, die selbstmorde? weshalb passiert das nicht in den villen in zehlendorf und dahlem, sondern in moabit, wedding und kreuzberg? weil in zehlendorf und dahlem „feinere, bessere, anständigere“ leute wohnen? es kommt doch nicht von ungefähr, daß man den meisten arbeiterfrauen ihr alter genau ansieht, während frau kressmann-zchach als flotte unternehmerin gepflegt und jugendlich ihren krummen geschäften nachgehen kann.

wie hat sich frau busch angestrengt, um gehör für ihre miserable Lage zu finden! in ihren briefen zeigt sich ganz deutlich, daß spd und cdu e i n und d e r s e l b e verein ist. das volk darf wählen zwischen pest und cholera. das ist die vielbeschworene freiheitlich demokratische grundordnung! „unser einkommen ist zum verhungern zu viel, aber zum sattwerden zu wenig, bei diesen preisen, die zur zeit sind. ist es vielleicht in ihrem sinn, daß der arbeiter nur noch arbeiten, essen und trinken darf und seine miete bezahlt?“ fragt frau busch die parteien. -allerdings-, so sieht das aus, denn je mehr sorgen der arbeiter hat, desto weniger kommt er auf „dumme“ gedanken, daß kann allen Parteien nur recht sein. davor haben die herrschenden nämlich die meiste angst: daß das volk sich wehrt, daß es für seine rechte kämpft. wer das geld hat, hat die macht und wer die macht hat, hat das recht und wird sich hüten, das alles freiwillig abzugeben. sie können nur dazu gezwungen werden. 

ansätze dazu gibt es schon: wilde streiks, bürgerinitiativen, der kampf gegen den bau des atomkraftwerkes in wyhl, aber auch formen des widerstandes, die nicht so eindeutig sind: wie krankfeiern im betrieb oder ganz „listig“, wie sich bewohner eines hauses in tempelhof gewehrt haben: sie haben polizisten, die bei ihnen herum schnüffelten, kochendes wasser über den kopf gegossen. der „schuldige“ konnte nicht gefunden werden.

     wir begreifen unseren kampf als teil des allgemeinen widerstandes. stadtguerilla bedeutet phantasie und tatkraft; fähigkeiten ,die das volk besitzt. auch wir sind listig, das heißt, wir schlagen nicht wild um uns, sondern schätzen unsere möglichkeiten realistisch ein, um dann zu handeln. wir lernen aus der praxis. nur deshalb ist die lorenzentführung eine „perfekte“ aktion gewesen. wir sind keine phantome und auch nicht „krankhaft genial“, wie parteien, presse und polizei sich und der bevölkerung einreden wollen, um ihre eigene erbärmlichkeit zu bemänteln.

     wir haben erkannt, daß man zusammenhalten, sich organisieren muß, wenn man was erreichen will. zuerst ist man allein, und daher kann man auch nicht viel machen, aber das heißt nicht resignieren, sondern sich umschauen nach leuten, die auch so denken und was verändern wollen. davon gibt es zigtausende. und dann zusammen beginnen, aus eigenen fehlern lernen, sich aber nicht entmutigen lassen, auch wenn es zunächst und oft aussichtslos erscheint.

     der staat und die polizei sind nicht allmächtig, auch wenn berlin die größte polizeidichte der welt hat …«

Produziert haben wir das auf einer Rotaprint in Steglitz, in einer Auflage von 30.000. In der Erklärung haben wir geschrieben, dass es 50 000 Exemplare waren, aber das haben wir aus zeitlichen Gründen nicht geschafft.

Immerhin haben wir die 30.000 Dinger in nur einer halben Stunde verteilt. Das war am 26. März 75. Wir hatten einen Plan gemacht: Mehrere Packen á 250 Stück mit jeweils einem Straßenzug drauf. Das betraf das ganze Stadtgebiet. Die Packen wurden dann an Gruppen verteilt, die sie dann zum Teil weitergegeben haben. Die Auflage war, nur in der angegebenen Straße zwischen halb acht und acht zu verteilen, weil um acht wurden in Berlin meist die Haustüren abgeschlossen. Die Zeit haben wir auf eine halbe Stunde begrenzt, um eine unnötige Gefährdung auszuschließen. Wenn einer die Erklärung gleich gefunden und die Bullen alarmiert hätte, wären die so 20 Minuten später da gewesen. Insgesamt waren fast 120 Leute unterwegs.

Frage: Und den 120 Leuten habt ihr vorher gesagt, dass sowas anrollt und das hat niemand verraten?

R/F: Ja. Letztens hat mir noch einer erzählt, daß sie noch ein paar Dinger über hatten und die gerade noch verbrennen konnten, bevor die Bullen wieder mal ins Rauchhaus (14) eingerückt sind. Das mit dem Verteilen war im Prinzip eine alte Geschichte, ein sogenanntes Schneeballsystem. Du sprichst fünf, sechs Leute deines Vertrauens an, die dann wiederum jeder einige weitere ansprechen. Nach der Drenkmann-Geschichte gab es schon einmal eine Flugblatt Verteilaktion.

Da war es eigentlich härter für die Leute, und es gab vorher und hinterher auch härtere Diskussionen. Da hatten einige nicht mit verteilt, weil sie mit der Aktion nicht einverstanden waren und auch weil die Angst größer war. Die Verteilaktion nach der Lorenzentführung hat die Bullen fast noch mehr geschockt als die Entführung selbst. Die haben uns wohl auch die 50.000 geglaubt. Die konnten sich natürlich ausrechnen, wenn in einem sehr kurzen Zeitraum soviele Dinger in der ganzen Stadt auftauchen, daß da mehr als sechs Leute beteiligt gewesen sein mußten.

Frage: Wieviele Seiten hatte “Die Entführung aus unserer Sicht”?

R/F: Zehn Seiten.

Frage:  Was habt ihr während der Verteilung der Erklärung gemacht?

R/F: Na, wir haben mitgemacht. Wir waren zum Beispiel im Wedding, um die Putte15 rum, weil die Bullen damals dort verstärkt Streife gefahren sind. Verteilt haben wir in Briefkästen, Telefonzellen und U-Bahnstationen. Damals gab es noch keine Kameras in den U-Bahnstationen. Als wir abgerückt sind, kamen dann auch die ersten Streifenwagen.

Frage: Hat das in der Presse nochmal reingehauen.

R/F: Ja, wegen der Art der Verteilung und wegen des Inhalts, wegen den Massenentlassungen bei DeTeWe und Löwe-Opta und der geplanten Fahrpreiserhöhung. Na und dann noch, daß Klingbeil mit einem Mal auch die andere Seite, also die CDU sponsort. Wir hatten damit gerechnet, daß sie versuchen werden es totzuschweigen, war aber nicht so. Es gab einen ziemlichen Wirbel, so daß viele das dann auch selber lesen wollten. Die Erklärung ist dann auch nachgedruckt worden. Die Fahrpreiserhöhungen wurden um ein halbes Jahr verschoben und die Massenentlassungen wurden dementiert. Politisch war das in der Stadt mit der größte Erfolg, weil das nochmal auf Begeisterung gestoßen ist, zumal die Bullen immer noch ihren Fahndungsapparat auf der Straße hatten. Darüber haben sich auch einige Zeitungen ziemlich lustig gemacht.

Auf jeden Fall ging das alles gut und wir räumten auch noch den Keller auf. Wir haben alles abgerissen, in blaue Müllsäcke gestopft und in der ganzen Stadt verteilt.

Frage: Und was war da drin?

R/F: Hauptsächlich Styropor, etwas Steinwolle und Maschendraht. Auf jeden Fall war es mit einem Mal schwieriger die Scheiße loszuwerden, als wir gedacht hatten. Irgendwo haben wir das Zeug in eine Mülltonne gestopft, mit einem Mal brüllt da eine Frau aus einem Haus: »Eh, nicht unsere Mülltonnen vollmachen!«

Den Rest haben wir noch etwas verteilt, noch in andere Mülltonnen, zum Teil auf freien Plätzen. Laut »Spiegel« entluden junge Männer 21 blaue Plastiksäcke in einer Hochhaussiedlung in Marienfelde: »ockergelbe Rauhfasertapete, braunes Klebeband, Maschendraht und roten Vorhangstoff«. Und das wurde ein Paukenschlag, weil in der Gegend wohnte nämlich der CDU-Politiker Rubin (16), der sich Anfang der 70er Jahre selbst entführt hatte. Und dann hatten natürlich alle ihre Munition. Einige Linke, die sowieso der Meinung waren, die Aktion wäre nur dazu da gewesen, der CDU zum Wahlsieg zu verhelfen, waren der Meinung, aha, das haben sie doch selbst gemacht. Die Rechten waren der Meinung, wir hätten so gut durchgeblickt, dass wir dem das Zeug absichtlich vor die Haustür gepackt hätten, um die Spur in seine Richtung zu legen. Die Bullen hatten damit unheimlich viel Arbeit. Die mussten jedes Stück Klebeband und alles auf Fingerabdrücke hin untersuchen. Dann mussten sie das alles wiegen. Die hatten den Inhalt der blauen Müllsäcke in fünf Garagen verteilt, in der Hoffnung, das überdimensionale Puzzle zusammensetzen zu können.

Nach ein paar Wochen haben sie aufgegeben. Daraufhin haben sie versucht auszurechnen, wie groß der Raum gewesen sein muss. Lorenz konnte ja sagen, soundsoviel Meter konnte er laufen, dann haben sie kombiniert soundso dick war die Isolation der Wände. Die Bullen waren damals noch blau uniformiert und sind dauernd besoffen rumgefahren. Da gab es einen Witz in der BZ, wo du so einen besoffenen Bullen auf der Straße liegen siehst, zwei Bürger daneben, die meinen: Guck mal, da liegen schon wieder lauter blaue Säcke rum.

In der Zeit hatten sie angefangen, hunderte von Kellern nochmal zu durchsuchen und waren dann tatsächlich auch in unserem Vorkeller drin, haben aber nichts gefunden. Nach zwei Wochen haben sie den LKW gefunden, mit dem wir den Müll rumgefahren hatten. Eigentlich hätten wir das Styropor auch da reinpacken können. Jedenfalls hatten sie im Grunde nicht viel Erfolg, weil es ist ja auch klar, wenn da der ganze Apparat wochenlang sucht, wird er irgendwann blind. Die kriegen so viele dämliche Hinweise, eigentlich hätten wir da auch noch anrufen müssen, um noch mehr Spuren zu legen.

Frage: Wie war denn die Stimmung in der Bevölkerung?

R/F: Können wir so genau nicht sagen, weil wir das ja nur erzählt gekriegt haben, aber überwiegend positiv. Irgendwie, wie nach einer großen Sportveranstaltung, wo alles gut gegangen ist.

Eine Woche später sind wir dann nach Beirut abgereist. Geld hatten wir genug, weil ein Teil von uns 10 Tage vor Lorenz noch eine Bank gemacht hatte. Wir hatten verschiedene Routen ausgemacht, um nach Beirut zu gelangen. Zwei machten sich auf den Trip nach Italien und Griechenland, der Rest sollte die Route über Dänemark fahren, allerdings zu verschiedenen Zeiten. Wir sind richtigerweise davon ausgegangen, daß wir auf diesem Weg nicht genauer kontrolliert würden.

Über Westdeutschland war das für uns mit falschen Papieren zu dem Zeitpunkt zu riskant. Wir sind also von Leuten zur U-Bahn Friedrichstraße gebracht worden, haben denen die Waffen gegeben und sind rauf zum Übergang nach Ostberlin. Von den Ostlern gabs problemlos den Visastempel und dann gings mit der Bahn nach Saßnitz. In der Zeitabsprache untereinander hatten wir aber einen Berechnungsfehler gemacht, so dass wir uns alle auf einer Fähre nach Kopenhagen wiedergetroffen haben. Bei den Dänen gab es auch keine größere Kontrolle an der Grenze. Irgendwie haben die Bullen mit dem Weg wohl nicht gerechnet. Von dort sind wir in verschiedene Richtungen abgeflogen.

Als Treffpunkt hatten wir vorher den Strand in Beirut vereinbart. Die Palästinenser hatten uns geraten, uns nicht in einem der vielen Cafés an der Küstenstraße zu verabreden, sondern lieber am Strand, da die Straßencafés ein beliebter Treffpunkt der Geheimdienste waren. Wer dort länger als eine Stunde sitzt, ist entweder Journalist oder Geheimdienstler, was meistens das gleiche war.

Frage: Wolltet ihr die Befreiten nicht irgendwie wieder treffen?

R/F: Ja, klar. Deswegen sind wir ja in den Libanon hinuntergefahren. Erstmal hatten wir dort dann als Programm eine kleine Ausbildung, was vorher abgesprochen war. Das Treffen mit den Befreiten wollten wir langsam angehen, nicht wegen der westlichen Geheimdienste, sondern wegen dem israelischen. Die waren nämlich die einzigen bei der Entführung gewesen, die richtig vorhergesagt hatten, wo die Maschine landen würde

Das mit dem Treffen hat aber leider nicht geklappt. Unsere palästinensischen Kontaktleute erklärten, dass wir uns zu dem Zeitpunkt nicht treffen könnten, da so viele verschiedene Leute, Journalisten, Geheimdienstler, Verwandte etc. in den Südjemen unterwegs waren, um die Befreiten zu treffen. Darüber waren die Jemeniten ziemlich sauer, weil die ihre Ruhe wollten. Als dann einige Zeit später ein Treffen stattfinden sollte, haben uns unsere palästinensischen Kontaktleute sehr höflich gesagt, wir müssten den Libanon schnellstens wegen des beginnenden Bürgerkriegs verlassen, da sie nicht mehr für unsere Sicherheit garantieren könnten. Da es für uns nun unklar war, wie sich das alles weiterentwickeln würde, ist die Hälfte der Leute zurück in die BRD, der Rest ist weiter nach Damaskus, Syrien gefahren und erst später hierher zurückgekehrt.

Frage: Was ist aus den fünf von der Entführung eigentlich geworden?

R/F: Alle die, die befreit wurden, haben auch nach ihrer Befreiung weitergekämpft, wenn auch in unterschiedlichen Zusammenhängen.

Rolf Heißler ist 1979 in Frankfurt-Sachsenhausen festgenommen worden. Er erhielt bei seiner Festnahme einen Kopfschuß. Überlebt hat er das nur, weil er vorher gemerkt hatte, daß irgendwas nicht stimmen würde, so daß er sich gerade noch eine Aktentasche mit Tageszeitungen vor den Kopf halten konnte. Die Kugel ist dadurch abgelenkt worden. Vorher fielen schon Elisabeth van Dyck und Willi Peter Stoll der Todesschußfahndung zum Opfer. Zu der Zeit war Rolf bei der RAF, zu denen ist er ja im Prinzip schon vor der Befreiung gegangen. Er sitzt nun wieder, zu lebenslänglich verurteilt, in Bayern im Knast. Rolf Pohle ist am 21. Juli 1976 in Athen verhaftet worden. Es gab ein ziemliches Gezerre um seine Auslieferung an die BRD. In Griechenland gab es eine große Unterstützungskampagne mit Massendemonstrationen. Sein griechischer Verteidiger während des Auslieferungsverfahrens wurde später Justizminister. Der Richter, der in der 1. Instanz eine Auslieferung abgelehnt hatte, ist griechischer Staatspräsident geworden. Es ist der gleiche Richter, auf den sich der Film Z von Costa-Gavras bezieht. Die BRD übte aber einen immer größeren Druck auf die griechische Regierung aus, so daß später doch eine höhere Instanz der Auslieferung zustimmte. Rolf wurde nochmal entgegen den griechischen Auslieferungsbedingungen zu weiteren dreieinhalb Jahren verurteilt. Zu Beginn der 80er Jahre kam er wieder raus und lebt jetzt in Athen.

Ina Siepmann ist zunächst wieder in die BRD zurückgekommen und gegen Ende 1977 in den Libanon gegangen. Für sie wurde die Situation, einerseits als verlängerter Arm der Befreiungsbewegungen der sogenannten 3. Welt hier zu kämpfen, andererseits aber keine Perspektive für Veränderungen in der BRD zu sehen, immer schizophrener, so daß sie sich entschloß, direkt vor Ort am Kampf der Palästinenser teilzunehmen. Soweit wir wissen, hat sie in einer palästinensischen Frauenbrigade gekämpft und ist bei der israelischen Invasion 1982 ums Leben gekommen. Die Israelis hatten nach ihrem Einmarsch 1982 alle Gräber geöffnet und die Leiche einer blonden Frau gefunden. Sie hatten darauf erklärt, zu 95 Prozent sicher zu sein, dass diese Frau Ina gewesen wäre.

Verena Becker ist im Frühjahr 1977 während der Hochphase der RAF-Fahndung zusammen mit Günter Sonnenberg verhaftet worden. Beide wurden bei ihrer Festnahme angeschossen und später zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Verena wurde begnadigt, ist 1989 rausgekommen und wohnt jetzt in Berlin.

Gabriele Kröcher-Tiedemann wurde gemeinsam mit Christian Möller nach einer Schießerei im Dezember 1976 an der Schweizer Grenze verhaftet. Sie war 13 Jahre für Mordversuch in der Schweiz im Knast. Gleichzeitig gab es langwierige Auslieferungsverfahren, weil sie in der BRD noch eine Reststrafe offen hatte und weil es noch das Verfahren wegen des Angriffs auf die OPEC-Konferenz 1975 in Wien gab. 1989 wurde sie dann an die BRD ausgeliefert. Im Prozess wegen der OPEC-Geschichte hat sie sich explizit vom bewaffneten Kampf distanziert und gesagt, dass alles falsch gewesen wäre. Daraufhin ist sie freigekommen. Sie lebt jetzt schwer krank in der BRD.

Frage: Das heißt, ihr habt keinen von denen, die ihr befreit habt, in den 20 Jahren danach wiedergesehen?

R/F: Nur Verena Becker hier in Berlin.

 

Fußnoten:

1 Holger Meins-Demo: siehe Chronologie unter 9. November 1974

2 Die Bewegung 2. Juni hat normalerweise mit einem Schloßausdreher gearbeitet, sozusagen als Markenzeichen, so daß den Bullen gleich klar war, daß es sich um eine politische Aktion handelt.

3 Wilfried Bony Böse, 1949-1976, im Juni 1975 in Paris mit falschen Papieren festgenommen, Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ), beteiligt an der Entführung einer Passagiermaschine nach Entebbe 1976, wo er bei der Erstürmung durch ein israelisches Kommando erschossen wurde; siehe Chronologie unter 27. Juni 1976. (Näheres in der Broschüre Texte zu Gerd Albartus, erhältlich in jedem guten Infoladen, sowie Die Früchte des Zorns, RZ-Schriften in zwei Bänden, Edition ID-Archiv, 1993.)

4 Sigurd Debus wurde 1974 festgenommen und zu 12 Jahren Haft wegen versuchtem Banküberfall und Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Er starb 1981 im Hungerstreik der Gefangenen aus RAF und Widerstand. Durch die Behandlung während der Zwangsernährung hatte er eine tödliche Hirnblutung erlitten.

5 Wir die Tupamaros, einst im Verlag Roter Stern erschienen, siehe Chronologie.

6 Werner Sauber, Säuberli, war Mitglied in der Bewegung 2. Juni. Er ging Anfang 1974 nach Köln, um den Widerstand in den Betrieben zu organisieren und arbeitete unter falschem Namen bei Klöckner-Humboldt-Deutz an der Stanze. Er wird am 9.05.75 auf einem Parkplatz in Köln von der Polizei erschossen siehe Chronologie 9. Mai 1975.

7 Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

8 Hamburger Klamauk Theater mit Heidi Kabel.

9 Fürstenfeldbruck; siehe Chronologie 5. September 1972. Rammelmeier war ein Gangster, der mit einem Partner in München 1971 eine Bank überfiel und Geiseln nahm. Beim Fluchtversuch wurde er und eine Geisel von der Polizei erschossen.

10 Klaus Schütz, SPD, Regierender Bürgermeister von West-Berlin von 1967 bis 1979.

11 Benannt nach dem damaligen Innenminister Gerhardt Baum, FDP, der das Abschwören vom bewaffneten Kampf zur Voraussetzung für die Freilassung einführte.

12 Die ursprüngliche Forderung, die freizulassenden Gefangenen nach West-Berlin einzufliegen, wurde fallengelassen, weil die Lufthansa durch alliierte Vorbehalte keine Landeerlaubnis in West-Berlin hatte. Um Verzögerungen im Ablauf der Aktion zu vermeiden, wurde auf Frankfurt umdisponiert.

13 Weisbecker Haus, Wilhelmstraße 9 in Berlin-Kreuzberg. Benannt nach Thomas Weisbecker; siehe Chronologie Juli 1971, 2. März 1972.

14 Rauchhaus, Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg. Benannt nach Georg von Rauch, Umherschweifende Haschrebellen; siehe Chronologie Juli 1971, 4. Dezember 1971

15 Putte: besetztes Jugendzentrum in der Puttkamerstraße, Berlin-Wedding; siehe Chronologie 1972

16 Berthold Rubin, geb. 1912, suspendierter Byzantinistik Professor und im CSU Freundeskreis aktiv. Täuschte 1971 vier Tage lang sein eigenes Kidnapping durch die Baader-Meinhof-Terroristen vor, um seinen christdemokratischen Freunden zum Wahlsieg zu verhelfen. Das Manöver flog auf.