Unregierbar-Werden – Zu Di Cesares Buch „Die Zeit der Revolte“

Achim Szepanski

Das minoritäre Buch der italienischen Philosophin Donatella Di Cesare „Die Zeit der Revolte“ kann durchaus als Ergänzung und Erweiterung zu Andrew Culps „Dark Deleuze“ und Joshua Clovers „Riot.Strike.Riot“ gelesen werden. Schon auf den ersten Seiten spielt die Polizei als Formation des Sicherheitsstaates für Di Cesare eine wichtige Rolle. Hatte schon Clover davon gesprochen, dass die Polizei heute von den Aufständischen an jeder Ecke gesichtet werden kann und den öffentlichen Raum in einem Maß beherrscht, dass jeder in den Straßen artikulierte politische Dissens von vornherein lediglich den Charakter des Geduldeten und zugleich des jederzeit Eliminierbaren hat, so ortet auch Di Cesare die Polizei im Kontext einer Ökonomie des öffentlichen Raumes.

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Die Abwehr (immun) Demokratie

Donatella Di Cesare

Die Debatte der deutschen Linken, auch ihrer radikalen Teile, über die Politik des Pandemie Ausnahmezustandes, ist in großen Teilen zutiefst von einer Position geprägt, die in früheren Zeiten zurecht als Metropolenchauvinismus bezeichnet wurde. In der Unterordnung unter das Virenregime, der ständigen Reproduktion der staatlichen Handlungsanweisungen, in der Orientierung auf die soziale Abfederung in den reichen Ländern fällt die Brutalität der weltweiten Verwerfungen infolge der Politik der Einschliessung nicht zufällig hinten runter, was bleibt ist reiner Humanismus, in der die Forderung nach der Aufnahme einiger exemplarischen Flüchtlinge eine Scharnierfunktion zwischen einem linken CDU Flügel und der refugees welcome Linken bildet. Die Tatsache, dass die bisherigen Maßnahmen der Einschliessung allein in Afrika mehr Tote als die Corona Pandemie selber fordern, weil Impfkampagnen wegbrechen, medizinische Versorgung jenseits von COVID 19 zusammenbricht, Abermillionen ihre bescheidenste Existenzgrundlagen verloren haben… ist einer postmodernen Linken, die selbstverliebt in ihr kleinbürgerliches “Luxus für alle” ist, nicht einmal eine Randbemerkung wert. Es bedarf also einer grundsätzlichen Kritik, der gegenwärtige Zustand der Zuspitzung liefert indem er die eigentlichen Mechanismen des Gesamten bloß legt, im Nebenstrang, der doch in Wirklichkeit der eigentliche ist, genau diese Möglichkeit. Man ergreift sie oder suhlt sich in selbstgerechten Humanismus.

Eine Übersetzung aus der Lundi Matin vom 25. Oktober, der Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch “Un Virus Souverain – L’asphyxie capitaliste” von Donatella Di Cesare, das jüngst bei “éditions La Fabrique” erschienen ist. Sunzi Bingfa

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