Libanon: Unsere Kräfte

Ghassan Salhab

Erschienen in Lundi Matin #345  am 27. Juni 2022, übersetzt von C. für Sunzi Bingfa

“Die Menschheit ist eine physikalische Enttäuschung, die mit Naturnotwendigkeit eintritt: Denn der Liberalismus stellt sein Licht immer unter eine Glocke aus Glas in dem Glauben es werde da brennen, wo keine Luft ist. Doch jenes brennt viel besser im Sturm des Lebens. Wenn kein Sauerstoff mehr da ist, erlischt das Licht . Aber glücklicherweise befindet sich die Glocke im Wasser der hohlen Phrasen und der Pegel steigt in dem Augenblick, in dem die Kerze erlischt. Wenn man die Glocke anhebt, riecht man die wahren Begebenheiten des Liberalismus. Er stinkt nach Kohlenmonoxid” – Karl Kraus

„Libanon: Unsere Kräfte“ weiterlesen

“Revolution überall“ – Ein Gespräch zwischen Hongkonger und libanesischen Demonstranten

Ein Gespräch mit Joey Ayoub und dem Lausan Kollektiv

Der Schwung der Befreiung geht nie verloren, er nimmt nur an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich schnell zu.


Während hierzulande alles, was noch nach Leben und Aufstand schreit, eine Schattenexistenz führt, diskutieren die Protagonist*innen der weltweiten Aufstände seit Jahren miteinander. Vielleicht bleibt uns nichts anderes übrig, als zumindest durch unsere Übersetzungsarbeit den Wenigen hier Hoffnung zu machen, die noch nicht ihren Frieden mit dem System geschlossen haben. Sunzi Bingfa

„“Revolution überall“ – Ein Gespräch zwischen Hongkonger und libanesischen Demonstranten“ weiterlesen

Ein Jahr nach der Explosion in Beirut ist der Libanon zerrissener denn je

Bissan Fakih

Dieser Artikel erschien am 3. August, am Vorabend des Jahrestages der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut auf der englischsprachigen Ausgabe von Al Jumhuriya. Am nächsten Tag gedachten Hunderttausende in den Straßen von Beirut den über 200 Toten der Explosion, den etlichen Tausenden von Verwundeten, all den Zerstörungen und ausgelöschten und zerstörten Leben. Eine unendliche Trauer, aber auch eine maßlose Wut über die politische Klasse und die Cliquen und Gangs, die den Libanon seit langer Zeit beherrschen und zugrunde gerichtet haben, füllte die Straßen. Die ersten Zusammenstöße begannen am späten Nachmittag, als wütenden Demonstranten versuchten, das Parlament zu stürmen, verbreitete sich über verschiedenen Stadtviertel der Innenstadt, über Stunden waren alle Straßen in beißendes Tränengas gehüllt das der französische Staat als humanitäre Geste an das korrupte Regime gelieferte hatte, dass bis heute verhindert hat, dass nur einer der Verantwortlichen für dieses Drama sich verantworten musste. Sunzi Bingfa

„Ein Jahr nach der Explosion in Beirut ist der Libanon zerrissener denn je“ weiterlesen

In ihren Augen

Ghassan Salhab

Ein weiterer Text von Ghassan Salhab aus dem Libanon. Wir haben ihn ja bereits zweimal übersetzt (Eins | Zwei ). Nur Worte, die doch alles bedeuten. Traurig, wütend, desperat, unglaublich traurig, wütend und desperat. Und voller Sehnsucht, der einzigen Sehnsucht, die noch geblieben ist, die Sehnsucht danach, einmal, nur dieses eine Mal, die Angst in ihren Augen zu sehen. Sunzi Bingfa

„In ihren Augen“ weiterlesen

In dem Moment, als ich zu den Verlorenen gehörte

Samer Frangieh

Aus dem Libanon, diesem geschundenen Stück Erde, das so viel Krieg und Elend, Massaker und Verbrechen an der Menschlichkeit gesehen hat und in dem immer wieder “das Leben als Revolte” im Sinne von Camus begriffen werden muss (oder kann), kommen derzeit die vielleicht schönsten, klügsten, traurigsten, wütendsten und mutigsten Texte dieser Tage. Mit dieser Übersetzung eines Textes von Samer Frangieh, der auf Megaphone und Lundi Matin erschien, setzen wir unsere Reihe zur Entwicklung im Libanon fort. Die Übersetzung erfolgte aus der französischsprachigen Version von Carine Doumit, die den Text aus dem arabischen übersetzt hat. Sunzi Bingfa

„In dem Moment, als ich zu den Verlorenen gehörte“ weiterlesen

Libanon: Der Klang der Stiefel

Ghassan Salhab

So ziemlich das erste, was das libanesische Regime tat, nachdem die verheerende Explosion im Hafen von Beirut die halbe Stadt verwüstet hatte, und während noch viele Menschen unter Trümmern verschüttet vermisst wurden, war den militärischen Ausnahmezustand auszurufen. Nicht um die Rettungsarbeiten zu bündeln und zu organisieren, nein, zu durchsichtig war das Manöver. Im Wissen um die eigene Verantwortung, das Verbrechen des Nichthandelns (ein Bericht über die Situation im Hafen hatte schon Wochen dem gesamten Kabinett vorgelegen), ein weiteres Verbrechen der korrupten Elite an den Menschen der geschundenen Stadt, ging es ausschließlich um den Machterhalt. In diesem Spiel waren die folgenden Rücktrittserklärungen nur ein durchsichtiges Manöver, um diese Absicht zu verschleiern. Aber niemand glaubt ihnen mehr. Tagelange Proteste und Straßenschlachten, Ministerien wurden gestürmt und besetzt und auch wenn dieser Anlauf, so wie die Revolte im letzten Herbst, dass Regime nicht von der geschichtlichen Bühne fegen konnte, so sind doch seine Tage gezählt. So steht es geschrieben. Sūnzǐ Bīngfǎ

„Libanon: Der Klang der Stiefel“ weiterlesen

Beirut: Gerechtigkeit für die Opfer, Rache an dem Regime

Ein Aufruf aus Beirut, der in den Straßen der Stadt verteilt und per Megafon verlesen wurde, während die Menschen versuchen mit bloßen Händen die Trümmer beiseite zu räumen. Der Text wurde von libanesischen Gefährten an Lundi Matin geschickt, wir haben ihn heute kurzfristig übersetzt. S.L.

„Beirut: Gerechtigkeit für die Opfer, Rache an dem Regime“ weiterlesen

Libanon: Stand der Dinge

Ghassan Salhab

Werden die Ausgangsperre und der Waffenstillstand dem libanesischen Aufstand zum Sieg verhelfen? Wird die Allgegenwart der Sicherheit in der Lage sein, die Kluft zu überbrücken, in die die Bevölkerung jeden Tag tiefer zu versinken scheint? Das sind jedenfalls die Fragen, die Ghassan Salhab aus Beirut stellt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Lundi-Matin vom 29. Juli 2020. Eine Woche vor der verheerenden Explosion in Beirut.

„Libanon: Stand der Dinge“ weiterlesen